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12.09.2009 | 05:12 | Umweltpolitik  

Europa streitet um neue Klima-Milliarden

Brüssel - Europa legt die Karten auf den Tisch. In den festgefahrenen Verhandlungen um den Weltklimavertrag nennt die Europäische Kommission erstmals Zahlen: 

Klima-Milliarden
(c) proplanta
Bis zu 15 Milliarden Euro im Jahr, meint Umweltkommissar Stavros Dimas, könnte Europa der Dritten Welt für Klimaschutzmaßnahmen zahlen. Damit will der Grieche ein Signal vor allem an die aufstrebenden Schwellenländer China und Indien senden: Wir bewegen uns, machen Euch ein Angebot - nun sagt Ihr uns, wieviel Treibhausgas Ihr dafür einzusparen bereit seid.

Selbst wenn Umweltschützer von «verwässerten» Vorschlägen sprechen und offen ist, ob die EU-Staaten grünes Licht geben werden: Der Grieche hat Pflöcke eingerammt und die Marschrichtung vorgegeben. Umweltschützer geben sich erleichtert: «Endlich» seien zumindest einmal Zahlen im Umlauf, heißt es bei Greenpeace, WWF und Grünen.

Der globale Verhandlungsmarathon sollte nun wieder an Fahrt gewinnen. Und es wird höchste Zeit. Weniger als drei Monate bleiben bis zum Weltklimagipfel in Kopenhagen, wenn sich 192 Länder in der dänischen Hauptstadt zur Unterzeichnung des historischen Vertragswerks treffen. Gut Dreiviertel davon waren beim Vorgänger- Abkommen - dem 2012 auslaufenden Kyoto-Protokoll -, noch nicht an Bord, werden sich also erstmals überhaupt auf verblindliche Klimaziele festlegen. Gelingt das nicht, warnen die Auguren vor noch mehr Dürren, Fluten, Artensterben und Klima-Flüchtlingen.

Und als Entwicklungs- oder Schwellenländer wird es sich die Gruppe teuer bezahlen lassen, auf ihrem Weg zur Industrialisierung auf kohlenstoffarmes Wachstum zu setzen. Zu recht, betont Mark Breddy von Greenpeace: Die armen Länder litten am meisten unter der Erderwärmung, ohne sie verursacht zu haben. Auf gut 100 Milliarden Euro, rechnet Dimas vor, wird sich ihr Finanzbedarf belaufen. Gut die Hälfte davon sollen die Steuerzahler der reichen Länder bezahlen.

Seit 1995 verhandelt die internationale Staatengemeinschaft unter dem Dach der Vereinten Nationen nun schon. Doch die Verhandlungen stocken. China und Indien etwa fordern, der reiche Norden solle erstmal beziffern, was er zu zahlen bereit ist, bevor sich die
Entwicklungs- und Schwellenländer in die Karten schauen lassen.

Zwar geriert sich Europa mit dem Strategiepapier der Kommission wieder einmal als Umwelt-Musterschüler. Doch die Augen der Welt sind weniger auf das Staatenbündnis gerichtet, als vielmehr auf die Gespräche zwischen Peking und Washington. «Wenn China sich nicht auf Klimaziele festlegt, wird es egal sein, auf was sich der Rest der Welt festlegt», warnt Steffen Smidt, Botschafter von Gastgeberland Dänemark. «Ohne China werden sich die USA nicht festlegen.»

Beobachter warnen: Auf die USA zu warten wäre ein Fehler. Der Kampf um die Gesundheitsreform hat Präsident Barack Obama zugesetzt, auch widersetzen sich Senatoren aus dem kohleintensiven mittleren Westen den Klimaauflagen an die Industrie. «Wir können nicht auf die USA warten», betont Smidt. Beim Oktober-Gipfel der EU-Staats- und Regierungschefs müsse es eine Entscheidung über die Zahlen geben. Doch trotz aller Lippenbekenntnisse: Bislang zieren sich zahlreiche Regierungen, darunter Berlin und London. Man dürfe nicht zu früh die Katze aus dem Sack lassen, heißt es in den Hauptstädten.
Schließlich solle nur für zusätzlichen Klimaschutz bezahlt werden und die Milliarden-Angebote nicht einfach eingepreist werden.

So steht Europas Unterhändlern - hauptsächlich den Schweden als amtierender EU-Ratspräsidentschaft - ein heißer Herbst bevor. Nicht nur global, vor allem EU-intern steht ein harter Kampf um Milliarden an und den Zeitpunkt für ein konkretes Angebot an den Süden. Schon beim Oktober-Gipfel - oder bis Kopenhagen warten? Jetzt, fordert Schwedens Premierminister Fredrik Reinfeldt. «Es ist wichtig, dass wir die Diskussion um die Finanzierung beginnen und Summen nennen.» In Berlin gab man sich zuletzt gelassen. Alle Zahlen, die jetzt schon genannt würden, seien ohnehin «verbrannt», heißt es. Die Verhandlungsprofis sitzen eben auf allen Seiten. Bleibt zu hoffen, dass sie nicht über das Ziel hinausschießen. (dpa)
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