Der Boden sei die Grundlage der Landwirtschaft und der Produktion von 95 % der weltweit konsumierten
Nahrungsmittel, unterstrich FAO-Generaldirektor Dr. Qu Dongyu anlässlich des Weltbodentags am vergangenen Sonntag (5.12.).
Nach Angaben der
FAO sind derzeit weltweit auf mehr als 833 Mio ha die Auswirkungen von Versalzung zu spüren. Nach Schätzungen seien mehr als 10 % des Ackerlands betroffen; das stelle ein bedeutendes Risiko für die Ernährungssicherheit dar. Zu den Regionen mit den größten Versalzungsproblemen gehören laut FAO Zentralasien, der Mittlere Osten, Südamerika, Nordafrika und der pazifische Raum.
Verschärfend kommt der Organisation zufolge hinzu, dass viele Staaten nicht über die Ressourcen verfügten, um ihre Böden überhaupt zu überwachen. Auch in Deutschland erhielten die Böden und ihre Nutzung zum Weltbodentag mehr Aufmerksamkeit als üblich. Der niedersächsische
Umweltminister Olaf Lies hob die Verbindung zum
Klimaschutz hervor.
Die Böden bildeten ein wichtiges Bindeglied zwischen Klima und Wasserhaushalt. Daher sei es wichtig, dass Klimaschutz die Belange des Bodenschutzes frühzeitig und umfassend einbeziehe. Auch die CDU/CSU-Bundestagsfraktion unterstrich die umfassende Bedeutung der Böden.
„Sie nehmen
CO2 auf, speichern Wasser und Nährstoffe, bieten im wahrsten Sinne die Grundlage für unsere
Nahrungsmittelversorgung sowie eine Heimat für viele Tier-, Pflanzen und Pilzarten“, erklärte die stellvertretende Fraktionsvorsitzende Gitta Connemann. Sie betonte, dass die Landwirte „höchstes Interesse“ an einer nachhaltigen Bewirtschaftung hätten. In dieselbe Kerbe schlug auch die CSU-Europaabgeordnete Marlene Mortler. Die Land- und Forstwirte wüssten am besten um die Bedeutung gesunder und fruchtbarer Böden.
„Größter Feind des Bodenschutzes“
Die Landwirte kritisierten unterdessen den anhaltenden Flächenverbrauch. Die ungebrochene Inanspruchnahme landwirtschaftlicher Flächen stelle eine echte Gefährdung für die Landwirtschaft dar, erklärte der Rheinische Landwirtschafts-Verband (RLV). In Nordrhein-Westfalen würden der Landwirtschaft im Durchschnitt der letzten vier Jahre täglich rund 19 ha Fläche entzogen. Hier gebe es seit Jahren ein Handlungsdefizit seitens der Politik.
Auch der Präsident des Bauern- und Winzerverbands Rheinland-Nassau (BWV), Michael Horper, sieht Gefahren für den
Bodenschutz vor allem im „viel zu hohen
Flächenverbrauch für Bau-, Gewerbe- und Verkehrsflächen“. In Rheinland-Pfalz sei in den letzten 20 Jahren eine Fläche von mehr als 400 km2 versiegelt worden. Diese Entwicklung sei „der größte Feind des Bodenschutzes“, so Horper.
Verbindliche Höchstgrenze gefordert
Auch auf Seiten der Umweltschutzorganisationen wird der Flächenverbrauch als großes Problem gesehen. In Bayern und Baden-Württemberg forderten der Bund
Naturschutz in Bayern (BN), der Landesverband vom Naturschutzbund Deutschland (
NABU) und der Landesnaturschutzverband (LNV) mehr Engagement von ihren Landesregierungen.
Im Freistaat wurden 2020 nach Angaben des BN täglich 11,6 ha „zugebaut, einbetoniert oder überteert“. Damit sei der aktuelle Verbrauch mehr als doppelt so hoch wie die angestrebten 5 ha pro Tag. „Offenbar schaffen es CSU und Freie Wähler nicht, das Problem des viel zu hohen Flächenverbrauchs in Bayern in den Griff zu bekommen“, erklärte die stellvertretende BN-Landesvorsitzende Doris Tropper. Die vereinbarte Richtgröße von 5 ha müsse als verbindliche Höchstgrenze im Landesentwicklungsprogramm festgeschrieben werden.
In Baden-Württemberg wurden laut dem NABU-Landesvorsitzenden Johannes Enssle zuletzt innerhalb eines Jahres unbebaute Böden im Umfang von 2.490 Fußballfeldern für Straßen, Gebäude und unbebaute Siedlungsflächen verbraucht. „Enttäuschend und nicht akzeptabel“ sei, dass sich sogar eine weitere Steigerung abzeichne.
Die Landesregierung habe in ihrem aktuellen Koalitionsvertrag zugesichert, bis 2035 das Netto-Null-Ziel beim Flächenverbrauch zu erreichen - „wie das ohne konkrete Maßnahmen und Vorgaben gelingen soll, ist uns ein Rätsel“, so Enssle.
Ländlicher Raum als Treiber
Auch nach Einschätzung des LNV wird in Baden-Württemberg zu wenig getan. Stattdessen würden sich viele Gemeinden mit immer weiteren Flächenwünschen überbieten. „Den Vogel abgeschossen“ habe dabei der Regionalverband Bodensee-Oberschwaben, der für die nächsten 15 Jahre 3.000 ha zusätzliche Baugebiete vorsehe.
Laut LNV-Bodenschutzreferent Prof. Willfried Nobel ist auffällig, dass die meisten Flächen nicht etwa in Ballungsräumen in Anspruch genommen würden, wo vielerorts tatsächlich Wohnungsnot herrsche, sondern im ländlichen Raum. Dort sei das Einfamilienhaus auch im Neubau noch der Standard, und die Bodenpreise seien so gering, dass man sich auf Gewerbeflächen einstöckige Gebäude und großflächige ebenerdige Parkplätze leiste. Das müsse sich dringend ändern, appellierte Nobel.
Waldschadensgebiete zügig aufforsten
Die Stuttgarter Landesregierung stellte derweil den Waldboden in den Mittelpunkt des Weltbodentags. „Die vergangenen heißen und trockenen Jahre verdeutlichen die große Bedeutung unserer Waldböden“, erklärte
Landwirtschaftsminister Peter Hauk. Diese seien nicht nur als Wasserspeicher für die Gesundheit der Waldbäume elementar, sondern auch als Lebensraum für die verschiedensten Lebewesen für das
Ökosystem Wald unerlässlich.
Der Bund Deutscher Forstleute (BDF) richtete den Blick auf den Erhalt des Bodens in den Waldschadensgebieten und forderte die rasche Wiederbewaldung mit einer Baumartenvielfalt, die die Humusbildung der Waldböden besonders fördert. Der Waldboden mit seiner Humusauflage und den Holzresten müsse zügig wieder von Bäumen beschattet werden, um den im Boden gebundenen
Kohlenstoff zu halten.
Aus den hessischen Wäldern kam unterdessen eine positive Nachricht. Wie der Landesbetrieb HessenForst berichtete, hat der relativ niederschlagreiche Sommer 2021 dazu beigetragen, dass sich die Grundwasserstände leicht erholen konnten. Daten des Helmholtz-Zentrums zufolge habe sich der Dürrezustand in tieferen Bodenschichten, der maßgeblich zu den aktuellen Waldschäden geführt habe, leicht abgemildert. Ein niederschlagsreicher Winter wäre für den Wald und den Wasserspeicher Boden aber weiterhin wichtig.
Leitfaden zum Bodenschutz beim Bauen
In Kiel stellte das Landesamt für Landwirtschaft, Umwelt und ländliche Räume (LLUR) zum Weltbodentag einen neuen Leitfaden zum Bodenschutz beim Bauen vor, der praktische Informationen zum Bodenschutz vermitteln soll. Wichtigste Maßnahme ist nach Angaben des Landwirtschaftsministeriums neben einer Reduzierung der
Versiegelung der fachgerechte Einbau von Boden. Damit würden eine uneingeschränkte Gartennutzung, Staunässe auf dem Grundstück sowie mögliche Gebäudeschäden verhindert.
Der Boden nicht überbauter Flächen in Baugebieten lasse nur dann viele Möglichkeiten der Nutzung offen, wenn er seine natürlichen Funktionen vor allem als Pflanzenstandort und Wasserspeicher erfüllen könne. Diese müssten in der Bauphase geschont beziehungsweise nach der Fertigstellung wiederhergestellt werden.
AbL fordert Vorrang für Landwirtschaft
Die Arbeitsgemeinschaft bäuerliche Landwirtschaft (AbL) forderte unterdessen Solidarität mit dem vom Braunkohletagebau bedrohten Hof des letzten
Bauern in Lützerath, Eckardt Heukamp. „Es ist widersinnig, jetzt noch Böden für Kohle abzubaggern“, erklärte der nordrhein-westfälische AbL-Landesvorsitzende Bernd Schmitz. Es sei längst klar, dass die Zeit der Kohle vorbei sei.
Laut Schmitz dominiert in Lützerath mit Löss ein besonders wertvoller Ackerboden, der eine hervorragende landwirtschaftliche Grundlage bilde und mit
Dürre als eine Folge der Klimakrise besonders gut umgehen könne. Die AbL fordert, dass das Bergrecht geändert und die landwirtschaftliche Produktion vor dem Braunkohleabbau erhält. „Denn es sind wir Bäuerinnen und Bauern, die durch unsere Arbeit mit dem Boden für die Gesellschaft Wichtiges leisten, nicht die kohlebaggernden Konzerne“, so Schmitz.
Tonboden ist Boden des Jahres 2022
Auch im deutschsprachigen Ausland wurde zum Weltbodentag auf die Bedeutung der Böden hingewiesen. In Österreich erinnerte der Obmann des Vereins „Boden.Leben“, Lorenz Mayr, an den diesjährigen
Witterungsverlauf mit ergiebigen Niederschlägen gefolgt von längeren Trockenperioden mit hohen Temperaturen. „Um derart kritische Phasen überbrücken zu können, sind intakte Bodenstrukturen wichtig, die unsere Böden gesunderhalten und vor allem auch Wasser speichern können“, so Mayr.
Die Bodenkundliche Gesellschaft der Schweiz (BGS) kürte derweil zum Weltbodentag den Tonboden zum „Boden des Jahres 2022“. Die Gesellschaft lud zudem dazu ein, einen „vertieften Blick unter die Oberfläche zu verwerfen“. Nur was man kenne, könne man auch wertschätzen und schützen; Boden sei auch in der Schweiz eine gefragte und belastete Ressource.