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23.04.2010 | 15:16 | Klimapolitik 

Kopenhagen-Vereinbarung verfehlt 2°C-Klimaziel

Potsdam - Die zur Kopenhagen-Vereinbarung eingereichten Selbstverpflichtungen der Länder, ihre Treibhausgasemissionen zu reduzieren, werden die globale Erwärmung nicht auf zwei Grad Celsius begrenzen.

Kopenhagen-Vereinbarung verfehlt 2°C-Klimaziel
Tatsächlich bedeuten sie einen Anstieg der globalen Mitteltemperatur um mehr als drei Grad Celsius in diesem Jahrhundert. Das berichtet ein Forscherteam um Joeri Rogelj und Malte Meinshausen vom Potsdam-Institut für Klimafolgenforschung (PIK) in der aktuellen Ausgabe des Journals „Nature“.

„Es ist erstaunlich wie wenig ambitioniert die Selbstverpflichtungen sind“, schreiben die Autoren in ihrem Meinungsbeitrag. Die Kopenhagen-Vereinbarung („Copenhagen Accord“) enthält das Ziel, die globale Erwärmung auf weniger als zwei Grad Celsius zu begrenzen. Nach den bislang erfolgten Absichtserklärungen der Länder, ihren Treibhausgasausstoß zu senken, werden die jährlichen globalen Emissionen jedoch bis zum Jahr 2020 um zehn bis zwanzig Prozent zunehmen. Sie erreichen dann Werte, die in ihrer Wirkung 47,9 bis 53,6 Gigatonnen Kohlendioxid entsprechen (Gigatonnen CO2-Äquivalente, GtCO2-eq). Das ergibt eine mehr als fünfzigprozentige Wahrscheinlichkeit, dass sich das Erdklima im 21. Jahrhundert um mehr als drei Grad Celsius erwärmt, berechneten die Autoren nun. Um das Zwei-Grad-Limit einhalten zu können, sollten im Jahr 2020 nicht mehr als 40 bis 44 GtCO2-eq emittiert werden.

Viele Länder haben zudem angekündigt, ihre maximalen Reduktionsziele nur im Rahmen eines globalen Abkommens umsetzen zu wollen, das bislang nicht existiert. Es sei daher wahrscheinlich, dass die angegebenen Minimalziele das wahre Ergebnis der Kopenhagen-Vereinbarung sind, stellen die Autoren fest. „Im schlimmsten Fall werden Zertifikate für mehr Emissionen ausgegeben, als wir bei einer Entwicklung ohne Klimaschutz zu erwarten hätten“, sagt Joeri Rogelj.

In ihrer Analyse haben die Forscher auch vorhandene Schlupflöcher berücksichtigt, vor allem Überschüsse von Emissionszertifikaten. Wenn ein Land seine Emissionen stärker reduziert als es sich im Rahmen des Kioto-Protokolls zum Ziel gesetzt hat, kann es die überschüssigen Zertifikate später verwenden. „Das Kioto-Protokoll enthält so niedrig angesetzte Ziele einiger Länder, dass zwischen 2008 und 2012 große Überschüsse von Emissionszertifikaten anfallen, sogar ohne jegliche Klimaschutzmaßnahmen“, berichten die Autoren. Sie schätzen die Überschüsse auf insgesamt elf GtCO2-eq. „Weil alles, was profitabel ist, auch ausgenutzt werden dürfte“, nehmen die Autoren an, dass die Länder bis zum Jahr 2020 zunehmend von diesen Überschüssen zehren werden.

Die Abschätzungen der nationalen Emissionen haben die Forscher aus den Selbstverpflichtungen der Kopenhagen-Vereinbarung oder früheren Erklärungen übernommen. Bei Ländern, die bislang keinerlei Reduktionsziele bekannt gegeben haben, gingen sie von einer „Business-as-usual“-Entwicklung weiterhin zunehmender Emissionen aus. Mit diesen Daten fütterten sie ein gekoppeltes Kohlenstoffkreislauf-Klima-Modell. Die Projektionen zeigen, dass die Temperaturzunahme bis zum Jahr 2100 über drei Grad Celsius liegt. „48 Gigatonnen CO2-Emissionen sind mit dem Zwei-Grad-Ziel nicht vereinbar. Es ist vielmehr so, als rase man auf einen Abgrund zu und hoffe, kurz davor stoppen zu können“, sagt Malte Meinshausen. Der Forscher hatte kürzlich in „Nature“ über das globale Emissionsbudget berichtet, das noch zur Verfügung steht, um das Zwei-Grad-Limit einzuhalten.

Bis zum 13. April hatten 76 Länder ihre Reduktionsziele zur Kopenhagen-Vereinbarung eingereicht. Diese Länder verursachen rund 80 Prozent der weltweiten Emissionen. Japan und Norwegen sind die einzigen Industrieländer, deren Selbstverpflichtungen mit dem Zwei-Grad-Limit vereinbar sind, berichten die Autoren (siehe www.climateactiontracker.org). Die USA haben angegeben, ihre Emissionen bis 2020 um 17 Prozent gegenüber dem Stand von 2005 zu reduzieren, was nur drei Prozent gegenüber dem Stand von 1990 entspricht. Insgesamt müssten sämtliche Industrieländer zusammen ihre Emissionen bis 2020 jedoch um 25 bis 40 Prozent verringern. Das Minimalziel Chinas, seine CO2-Emissionen relativ zum Bruttosozialprodukt um 40 Prozent gegenüber 2005 zu verringern, entspricht ungefähr einer Entwicklung ohne Klimaschutzmaßnahmen. Die Europäische Union hat Reduzierungen von 20 bis 30 Prozent angeboten. Die Emissionen um 20 Prozent zu senken, würde von heute bis 2020 zu geringeren jährlichen Reduzierungen führen, als bereits im Durchschnitt der letzten 30 Jahre erreicht wurden.

Die Analyse entstand in Zusammenarbeit von Forschern des PIK sowie des Unternehmens Ecofys (www.ecofys.de) und der Organisation Climate Analytics (www.climateanalytics.org). (pik)
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