Wie die Brüsseler Behörde in ihrer am vergangenen Donnerstag (17.9.) vorgestellten Mitteilung zur Anpassung des EU-Klimagesetzes erklärt, lässt sich das neue Ziel der Verringerung der
Treibhausgasemissionen um mindestens 55 % bis zum Jahr 2030 im Vergleich zu 1990 nur durch einen „signifikanten“ Beitrag der Land- und Forstwirtschaft realisieren.
Aber gerade in den vergangenen Jahren habe die Bedeutung des Sektors für
Landnutzung, Landnutzungsänderung und Forstwirtschaft (LULUCF) als Kohlenstoffnettosenke abgenommen. Während sich die Senke in den zwei Jahrzehnten von 1990 bis 2010 netto von rund 250 Mio. t CO2-Äquivalenten (CO2eq) auf mehr als 300 Mio. t CO2eq ausgeweitet habe, sei in den vergangenen fünf Jahren ein „erheblicher“ Rückgang zu verzeichnen gewesen, stellt die Kommission fest.
So habe es 2018 eine Reduzierung der Senke auf 263 Mio. t CO2eq gegeben. Dies unterstreicht nach Ansicht der EU-Behörde die Bedeutung und den Umfang des LULUCFSektors für die Erreichung der Klimaneutralität bis 2050.
Unveränderte Landnutzungspraktiken der Land- und der Forstwirtschaft könnten nach Einschätzung der Kommissionsbeamten dazu führen, dass die Senke bis 2030 möglicherweise auf 225 Mio. t CO2eq abnimmt. Darüber hinaus bestünden zusätzliche erhebliche Risiken für eine weitere Reduzierung der Kohlenstoffsenken. Genannt wird das durch den
Klimawandel zunehmende Risiko von Waldbränden und von Schädlingsbefällen. Auch eine steigende wirtschaftliche Nachfrage nach Holz könne die Bedeutung des Waldes als Kohlenstoffsenke mindern.
Aktuellen Trend umkehrenUm den aktuellen Trend umzukehren, sind der Kommission zufolge aufgrund der langen Vorlaufzeiten insbesondere in der Forstwirtschaft kurzfristige Maßnahmen erforderlich. Vorgeschlagen werden ein verbesserter beziehungsweise erzwungener Waldschutz sowie eine nachhaltigere
Waldbewirtschaftung in Verbindung mit einer stärkeren Aufforstung.
Auch eine verbesserte Bodenbewirtschaftung einschließlich der Wiederherstellung von Feuchtgebieten, Mooren und degradierten Flächen im Einklang mit der EU-Biodiversitätsstrategie sei ein wichtiger Beitrag zur Erreichung der Klimaziele.
Zudem könnte nach Ansicht der
EU-Kommission eine Verlagerung hin zu einem nachhaltigen Anbau von Holzbiomasse auf bisherigem
Ackerland für fortschrittliches Biogas und
Biokraftstoffe die Situation verbessern. Die Brüsseler Behörde geht dabei davon aus, dass eine rasche Umsetzung dieser Maßnahmen in den kommenden Jahren den aktuellen Trend einer abnehmenden Kohlenstoffsenke der Land- und Forstwirtschaft bis 2030 umkehren und diese wieder auf mehr 300 Mio. t CO2eq ansteigen lassen könnte.
Neue Ziele sind „Fata Morgana“Auf scharfe Kritik stießen die Pläne der Europäischen Kommission unterdessen beim Verband der Deutschen
Biokraftstoffindustrie (VDB). „Die Kommission verkennt vollständig die Realitäten im Verkehrssektor und will die Emissionen mit Instrumenten senken, die erst in einigen Jahren überhaupt in messbarem Umfang verfügbar sind: E-Mobilität, Wasserstoff und strombasierte Kraftstoffe”, kommentierte VDB-Geschäftsführer Elmar Baumann die Ankündigung der Kommissionspräsidentin.
Gleichzeitig solle nachhaltig produzierter Biokraftstoff aus Anbaubiomasse durch neuartige Biokraftstoffe ersetzt anstatt ergänzt werden. Baumann sprach von „fachlich unseriösen“ Plänen und warf der EU-Kommission vor,
Klimaschutz mit einer „Fata Morgana“ erreichen zu wollen. Sollte die Brüsseler Behörde diesen „abstrusen Plan“ umsetzen, würden die Emissionen im Verkehr nicht sinken, sondern steigen.