Worum es geht und was dahinter steckt:
Forderungen: Der
Gesetzesentwurf, den die Stuttgarter Berufsimker David Gerstmeier und Tobias Miltenberger angestoßen haben, stellt weitreichende Forderungen. Allgemein geht es um einen stärkeren Schutz der
Artenvielfalt aller Tiere und Pflanzen.
Der Anteil der Flächen, auf denen Pestizide genutzt werden, soll deshalb bis 2025 halbiert werden. In Naturschutzgebieten sollen sie verboten werden. Die ökologische Landwirtschaft soll zudem bis 2035 auf 50 Prozent ausgebaut werden. Streuobstflächen sollen besser geschützt werden.
Ablauf: Von Dienstag an dürfen dafür Unterschriften gesammelt werden. Die Initiatoren kündigten gleich zu Beginn organisierte Aktionen in rund 15 Städten an. Wahlberechtigt sind deutsche Staatsbürger, die mindestens 18 Jahre alt sind und seit mindestens drei Monaten in einer baden-württembergischen Kommune mit Erstwohnsitz gemeldet sind.
Wahlberechtigte können die Formblätter auch im Internet herunterladen und an das Wahlamt ihrer Gemeinde schicken. Vom 18. Oktober bis 17. Januar können sich Bürger auch in den Rathäusern in Listen eintragen.
Jeder zehnte Wahlberechtigte in Baden-Württemberg - etwa 770.000 Menschen - muss unterschreiben, damit der
Gesetzentwurf dem Landtag zur Abstimmung vorgelegt wird.
Volksabstimmung: Wenn die Abgeordneten dem Entwurf nicht unverändert zustimmen, gibt es eine Volksabstimmung. Der Landtag könnte den Forderungen der Naturschützer dann auch einen eigenen Entwurf entgegenstellen. Bei der Volksabstimmung müssten mindestens 20 Prozent der Wahlberechtigten zustimmen.
Unterstützer: Mittlerweile hat sich ein Trägerkreis aus 13 Organisationen gebildet - dazu gehören der Naturschutzbund Nabu oder der Bio-Anbauverband Demeter. Mehr als 120 Organisationen unterstützen das Volksbegehren den Initiatoren zufolge. Die Träger des Volksbegehrens sind optimistisch, hoffen auf mehr als eine Million Unterschriften.
Kritiker: Allerdings gibt es auch Kritik aus verschiedensten Ecken. Der
Landesbauernverband kritisierte unter anderem die Forderungen nach mehr
Ökolandbau, weil das den Markt zerstöre. Der Badische Weinbauverband warnte vor dem Niedergang des Weinbaus. Auch der Öko-Anbauverband
Bioland lehnt das Begehren ab. Auch die Regierungsparteien Grüne und
CDU betrachten es teils mit Skepsis.
Auch die Regierungsparteien Grüne und CDU betrachten es teils mit Skepsis. Wie die «Schwäbische Zeitung» berichtete, distanzieren sich in einer aktuellen Erklärung etwa fünf oberschwäbische CDU-Landtagsabgeordnete von dem Volksbegehren, darunter Manuel
Hagel, Abgeordneter für den Alb-Donau-Kreis und Generalsekretär des CDU-Landesverbands. Die Forderungen bedeuteten demnach «kein Obst-, Gemüse- und Weinbau mehr am
Bodensee, kein Hopfen mehr aus Tettnang, keine
Biokartoffeln mehr aus dem Iller- und Rottal und zudem verheerende Folgen für die Vermarktungschancen baden-württembergischer Biobauern».
Streitpunkt Pestizide: Umstritten ist besonders die Neugestaltung des Paragrafs 34 des Naturschutzgesetzes. Weil Pflanzenschutzmittel auch in Schutzgebieten verboten werden sollen, fürchten
Bauern um ihre Existenz.
Die Grünen hatten sich erst am Wochenende auf ihrem Landesparteitag in Sindelfingen von dem geforderten Pestizid-Verbot distanziert.
Man sehe «Probleme, Klärungs- und Handlungsbedarf», heißt es in einem Antrag des Landesvorstands. «Ich bin enttäuscht», kommentierte Volksbegehrens-Initiator Miltenberger, selbst Grünen-Parteimitglied, den Beschluss. Nabu-Landeschef Johannes Enssle verwies am Montag auf mögliche Ausnahmeregelungen für Pflanzenschutzmittel, die die Artenvielfalt nicht gefährdeten.
Kampagne? Die Sprecher des Volksbegehrens wehrten sich gegen die Kritik. «Die Gegner ökologischer Landwirtschaft haben es geschafft, Ängste zu schüren», kritisierte etwa Tanja Holzschuh von der Arbeitsgemeinschaft bäuerliche Landwirtschaft. Sie sprach von einer «Angstkampagne».
«Wir dürfen nicht jedes Mal zurückschrecken, sobald einzelne Interessensgruppen ihre kurzfristigen wirtschaftlichen Vorteile gegen die ökologischen Anforderungen unserer Zeit ausspielen wollen», teilte Bund-Landeschefin Brigitte Dahlbender mit. Sie forderte Standfestigkeit. «Die Natur macht nämlich keine Kompromisse - sie verschwindet einfach, wenn wir nichts unternehmen. Und den Preis dafür zahlen wir alle.»