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09.03.2022 | 04:39 | FSME-Gefahr 

Zecken erobern neue Gebiete

Stuttgart - Zecken machen sich in Deutschland in immer mehr Regionen breit - und mit ihnen auch die Gefahr von Erkrankungen wie der Hirnhautentzündung FSME.

Zecke
Sie lauern im Gras, saugen Blut und können dabei gefährliche Erreger übertragen: Zecken dringen in Deutschland in ganz neue Regionen vor. Der Klimawandel kommt den braunen Krabbeltieren dabei entgegen. (c) Carola Schubbel - fotolia.com
Zecken-Experten stellten am Dienstag bei einer Pressekonferenz der Universität Hohenheim in Stuttgart neue Forschungsergebnisse vor. Demnach werden etwa in Höhenlagen von 500 bis 700 Metern zunehmend FSME-Fälle registriert.

Die Forscher gehen davon aus, dass es den Zecken in den tiefer gelegenen Gebieten zunehmend zu warm ist. «In Tälern wird es Zecken zu ungemütlich», sagte Biologe Rainer Oehme vom Landesgesundheitsamt Baden-Württemberg.

Die Zahl der bundesweit registrierten FSME-Erkrankungen ging im vergangenen Jahr deutlich zurück - laut aktuellen Daten des Robert Koch-Instituts von 712 auf 417. Das sei aber immer noch ein vergleichsweise hoher Wert, betonte Gerhard Dobler, Leiter des Nationalen Konsiliarlabors FSME am Institut für Mikrobiologie der Bundeswehr in München. Die Zahl schwankt von Jahr zu Jahr unter anderem je nach Witterung und Freizeitverhalten deutlich. Im Rekordjahr 2020 trieb das Coronavirus die Menschen ins Grüne. Die Tierchen seien bereits jetzt schon wieder sehr aktiv, warnte die Parasitologin Ute Mackenstedt von der Uni Hohenheim.

Typische Lebensräume für Zecken sind unter anderem lichte Wälder und Waldränder sowie Flächen mit hohem Gras oder Büschen. Das Infektionsrisiko ist besonders in Bayern, Baden-Württemberg, Südhessen und dem Südosten Thüringens hoch. Auch wenn dort nach wie vor die meisten Menschen an FSME erkranken, sank die Zahl der FSME-Fälle vor allem in Bayern und Baden-Württemberg im Jahr 2021.

In weiter nördlich gelegenen Bundesländern wie Sachsen und Niedersachsen wurde hingegen kein Rückgang verzeichnet. FSME breite sich in Norddeutschland zunehmend aus, sagte Dobler. Es brauche deshalb mehr Forschung und eine Anpassung der Impfstrategie.

Das Robert Koch-Institut weist immer mehr FSME-Risikogebiete aus - zuletzt etwa Kreise in Brandenburg, Sachsen und Nordrhein-Westfalen. 175 solcher Risikogebiete gibt es bereits in Deutschland - bundesweit sind mehr als 40 Prozent aller Kreise betroffen.

Immer mehr Zeckenarten breiten sich in heimischen Gefilden aus. Die Parasitologin Mackenstedt untersuchte 8.000 eingesendete Zeckenfunde. Ergebnis: Die sogenannte Auwaldzecke, die ebenfalls FSME übertragen kann, macht sich nun bundesweit breit. Sie sucht im Gegensatz zu ihren seit Jahren etablierten Verwandten schon bei Temperaturen um die vier Grad aktiv nach Wirten, die sie stechen könnte.

Auch Tropenzecken der Gattung Hyalomma tauchen immer wieder auf - sie werden durch Zugvögel in Deutschland eingetragen. Mit zunehmend trockenen, warmen Sommern kann diese Zecke nach Angaben der Forscher zu einem Stammgast hierzulande werden. Tropenzecken können gefährliche Krankheitserreger wie das Zecken-Fleckfieber übertragen.

FSME steht für Frühsommer-Meningoenzephalitis. Eine Infektion verläuft oftmals mild. In der ersten Phase gibt es häufig grippeähnliche Symptome:  Man hat Fieber, ist abgeschlagen, Kopf und Glieder tun weh. Später kann eine Entzündung des Gehirns, der Hirnhäute oder des Rückenmarks folgen - es gibt also ein Risiko für schwere Verläufe. Ist die Krankheit erst einmal ausgebrochen, können nur die Symptome therapiert werden. Für rund ein Prozent der Patienten endet die Krankheit tödlich. In Risikogebieten liegt die Wahrscheinlichkeit einer Infektion nach einem Zeckenstich bei 1 zu 50 bis 1 zu 100.

Gegen FSME gibt es eine Impfung, nicht jedoch gegen die ebenfalls von Zecken übertragene und bundesweit vorkommende Borreliose. Dobler rief am Dienstag zur FSME-Impfung auf. Immer wieder sehe man schwere Fälle auch bei Kindern. In besonders betroffenen Regionen wie in Ravensburg müsse man Kampagnen durchführen, um die Impfbereitschaft zu erhöhen.
dpa
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