Der Anfang ist gemacht - jetzt muss Siemens-Chef Kaeser den Elektrokonzern weiter auf Trab bringen. Viel Rückenwind von den Märkten ist derzeit nicht in Sicht. Vor allem der niedrige Ölpreis dürfte die Aktionäre auf der Hauptversammlung umtreiben. (c) siemens
Wie der Start gelaufen ist und wie Kaesers Strategie bei den Aktionären ankommt, wird sich bei der Hauptversammlung am kommenden Dienstag (26. Januar) in München zeigen.
Sorgen bereitet den Anlegern vor allem der drastische Ölpreisverfall, den Siemens im wichtigen Öl- und Gasgeschäft zu spüren bekommt. Falls eine Erholung ausbleibt, könnten Abschreibungen beim Ölindustrie-Zulieferer Dresser-Rand drohen, fürchten Investoren.
Schon auf dem vergangenen Aktionärstreffen musste Kaeser die Milliarden-Anschaffung in den USA rechtfertigen, mit der Siemens ursprünglich vom Fracking profitieren wollte. Doch seither hat sich die Lage für die Branche verdüstert: Nach dem Wegfall der Sanktionen gegen Iran tritt ein neuer großer Lieferant auf den Markt, das könnte die Ölpreise weiter drücken. Hinzu kommt die rückläufige Nachfrage aus wichtigen Schwellenländern wie China. In einem Interview mit dem Sender Bloomberg TV deutete Kaeser bereits auf sinkende Bestellungen aus der Branche hin. Grund zur Sorge sei das aber nicht.
Für Diskussionsstoff dürfte auch die geplante vorzeitige Wiederwahl von drei Aufsichtsratsmitgliedern sorgen. Neben der Chefin des Maschinenbauers Trumpf, Nicola Leibinger-Kammüller und dem früheren SAP-Co-Chef Jim Hagemann Snabe soll auch der ehemalige Bayer-Chef Werner Wenning im Amt bestätigt werden. Widerstand gegen den Schritt kommt von den Siemens-Belegschaftsaktionären, die laut Gegenantrag keine Notwendigkeit für «das Herausheben von drei Personen» sehen.
Siemens hatte die vorgezogene Wahl mit Kontinuität bei der Umsetzung von Kaesers Unternehmensprogramm «Vision 2020» begründet. Nach einem Bericht der Zeitung «Die Welt» könnten aber auch personelle Weichenstellungen Hintergrund für die Pläne sein.
Unter Investoren werde über einen «geheimen Masterplan» spekuliert, wonach Kaeser, dessen Vorstandsvertrag noch bis 2018 läuft, nach der Abkühlphase Siemens-Chefaufseher werden könnte. Zunächst würde demnach Wenning die Nachfolge von Gerhard Cromme antreten, der noch bis 2018 an der Aufsichtsratsspitze bleiben will. Nach zwei Jahren könnte Wenning dann Platz machen für Kaeser, falls dieser den Aufsichtsratsvorsitz anstrebe, hieß es in dem Bericht.
Siemens wollte sich dazu auf Nachfrage nicht äußern. Fondsmanager Ingo Speich von Union Investment hält das Szenario aber für wenig realistisch. «Dass Herr Kaeser als Vorstandschef bereits 2018 abtritt, um nach zweijähriger Abkühlphase 2020 als Aufsichtsratschef zurückzukehren, halten wir für unwahrscheinlich. Er müsste erst die Vision 2020 erfolgreich zu Ende bringen, um dann zu einem späteren Zeitpunkt für das Amt in Frage zu kommen.»
Für den radikalen Konzernumbau stellte der Fondsmanager Kaeser ein positives Zwischenzeugnis aus: Er habe die richtigen Weichenstellungen vorgenommen, um den Konzern profitabler, schlagkräftiger und schneller zu machen. Im ersten Quartal des Geschäftsjahres 2015/16 (30. September) dürfte es derweil nach Analystenschätzungen vergleichsweise ordentlich gelaufen sein für Siemens. Mehr Umsatz auch dank der Euro-Schwäche und höhere Auftragseingänge bei etwas weniger Gewinn prognostizieren die Experten.