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03.02.2010 | 08:23 | Water-Footprint 

DLG-Workshop "Wasser und Wassereffizienz in der Lebensmittelindustrie"

Frankfurt/Main - Die Ressource Wasser wird nicht zuletzt angesichts des fortschreitenden Klimawandels auch in den westlichen Industrieländern immer schneller an Bedeutung zulegen.

DLG-Workshop Wasser und Wassereffizienz in der Lebensmittelindustrie
Deshalb werde der „Water-Footprint“ (H2O-Footprint) in Zukunft neben dem „CO2-Footprint“ auch in der Lebensmittelproduktion als Kriterium für ein nachhaltiges Wirtschaften herangezogen werden. Darüber waren sich alle Experten des DLG-Workshops "Wasser und Wassereffizienz in der Lebensmittelindustrie" einig. Angesichts dieser Tatsache sei die Lebensmittelwirtschaft gefordert, effiziente Einsparpotenziale zu identifizieren und Strategien für ein neues Wassermanagement zu entwickeln. In dem DLG-Workshop, der Ende Januar in Frankfurt stattfand, diskutierten Fachleute aus verschiedenen Lebensmittelbranchen sowie verschiedenen Wissenschaftsdisziplinen über aktuelle Entwicklungen und technologische Lösungen.
 
In industriellen Herstellungs- und Verarbeitungsprozessen sind Einsparpotenziale beim Energie- und Wasserverbrauch nicht nur wegen der Verbesserung der Wirtschaftlichkeit von Interesse. Vielmehr kommt der Schonung von Ressourcen und damit sowohl der CO2- als auch der Wasser-Bilanz in Zukunft eine entscheidende Bedeutung bei der Optimierung bestehender sowie bei der Entwicklung neuer industrieller Prozesse zu. Deshalb sei in der industriellen Wasserwirtschaft ein integriertes Energie- und Stoffmanagement von Nöten, so das Fazit von Prof. Dr.-Ing. Karl-Heinz Rosenwinkel vom Institut für Siedlungswasserwirtschaft und Abfalltechnik an der Leibniz Universität in Hannover. Durch die Kopplung der Stoffströme im industriellen Verarbeitungsprozess wird die darin enthaltene Energie möglichst weitgehend genutzt und das zur Produktion notwendige Wasser reduziert. So lassen sich ökologische Aspekte mit wirtschaftlichen Verbesserungen verbinden. Um wirksame Konzepte zur Reduzierung des Wasser- und Energiebedarfs entwickeln zu können, sei aber eine umfassende Bestandsaufnahme der aktuellen Stoff- und Energieströme erforderlich.

 
Nachhaltigkeit zentrales Kriterium für Innovationen
 
Damit rücken Aspekte der Nachhaltigkeit bei der Entwicklung von Innovationen zunehmend ins Zentrum des Interesses, wobei allerdings umweltrelevante und ökonomische Gesichtspunkte infolge ihres Zusammenhanges gemeinsam optimiert werden müssen. Dabei ist die Klimarelevanz, d.h. die klimatischen Folgen eines Prozesses, in den letzten Jahren als neues Kriterium der Bewertung technologischer Innovationsprozesse hinzugekommen, unterstrich Prof. Dr. Norbert Räbiger von der Technischen Universität Bremen. Vor diesem Hintergrund gewännen die Entwicklung und Umsetzung von Verfahren und Maßnahmen zur Erzielung nachhaltiger Prozesse und Produkte zunehmend eine Bedeutung, deren Reichweite insgesamt bisher noch gar nicht abzuschätzen sei.
 
Einen Eindruck davon, wie viel Wasser für die Herstellung eines Lebensmittels benötigt wird, gab Maximilian Freund vom Fachgebiet Kellerwirtschaft an der Forschungsanstalt in Geisenheim. Seinen Ausführungen zufolge werden in Weinbaubetrieben und Weinkellereien je nach Größe, Ausstattung und Produktportfolio zwischen 2 und 10 Liter Wasser pro Liter produziertem Wein benötigt. Wird das gesamte Umfeld des Weinbereitungsprozesses mit beispielsweise dem Wasserbedarf für die Dünger- und Pflanzenschutzmittelproduktion, die Herstellung von Flaschen und Verpackungsmaterialien sowie den gesamten weinbaulichen und kellerwirtschaftlichen Maschinenpark einbezogen, so müssen rund 960 Liter Wasser für die Herstellung von einem Liter Wein eingesetzt werden - davon entfallen alleine etwa 650 Liter auf die Produktion von einem Kilogramm Trauben.

 
Wassermanagement in verschiedenen Bereichen der Lebensmittelherstellung
 
Als ein wertvolles Instrument zur Optimierung der Wasser- und Abwassersituation in Brauereien sieht Dr. Alfons Ahrens, VLB Berlin, die Einrichtung eines umfassenden prozessintegrierten Wassermanagementsystems. Grundlage dieses Systems ist die Erfassung und Darstellung aller Wasserverbrauchs- und Abwasseranfallstellen und deren Zuordnung zu den Abteilungen der Brauerei sowie zu den zugehörigen Verfahrensschritten. Auf der Basis einer Wasserbilanz, so Dr. Ahrens, ließen sich sowohl brauereitypische als auch individuelle, von der jeweiligen betriebsspezifischen Prozesstechnik und den jeweiligen Rahmenbedingungen zur Wasserver- und Abwasserentsorgung abhängigen Einsparpotenziale erkennen. Eng damit verknüpft seien zudem häufig Möglichkeiten zur Energieeinsparung.
 
Beim Wassermanagement der Molkereien, so Lars Dammann, Nordmilch AG Bremen, können normalerweise verschiedene innerbetriebliche Einsparpotenziale identifiziert werden. Bedeutende Ansatzpunkte bilden dabei die Reinigungsverfahren, die Kreislaufnutzung von Brüden- und Permeatwasser sowie Kondensatsysteme oder Wärmeschaukeln. Allerdings seien die Modelle zur Reduzierung des Wasserverbrauchs stark von der Art der Produktionsstätte abhängig. So gäbe es sehr große Unterschiede im Trinkwasserverbrauch zwischen Käsereien, Frischproduktenbetrieben und reinen Trocknungsbetrieben.
 
Auch in der Obst und Gemüse verarbeitenden Industrie gewinnen die integrale Betrachtung der verschiedenen Stoffströme (Wasser, Wärme, Kälte) sowie die stoffliche oder energetische Verwertung von Reststoffen aus der Produktion zunehmend an Bedeutung. Neben der üblichen Reinigung von Maschinen und Anlagen sind in dieser Branche vor allem die Reinigung der eingehenden Rohstoffe sowie der oftmals notwendige Blanchierschritt wasserintensive Prozesse, die mit Hilfe von Bilanzmodellen optimiert werden könnten, so Prof. Rosenwinkel in seinem Vortrag.
 
Wenngleich auf den Gebieten der Entwicklung von Bilanzierungsmodellen, der mengenmäßigen Erfassung von Stoff- und Energieströmen, der chemisch und mikrobiologisch analytischen Beurteilung von Wässern sowie der Wasser- und Abwasseraufbereitung in den letzten Jahren erhebliche Fortschritte erzielt wurden, so zeigten die Diskussionen, dass noch erhebliche Forschungs- und Entwicklungsaufgaben vor uns stehen. Im Grunde stehen die verschiedenen Branchen der Lebensmittelherstellung vor der Aufgabe eines Reengineerings aller mit Wasser in Berührung kommenden Prozesse und Prozessschritte, wobei immer wieder die gleichen Fragen zu beantworten sind: Muss hier mit Wasser gearbeitet werden, kommt man hierbei nicht mit weniger Wasser aus und welche Qualität muss das Wasser für den jeweiligen Prozess haben. (dlg)
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