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21.07.2012 | 18:02 | Club des Chefs des Chefs 

Diplomatie geht durch den Magen: Wie Chefköche Politik machen

Berlin - Der dänische Prinzgemahl brachte seinen Köchen eine Kiste Schnecken aus dem Garten mit, zur Zubereitung.

Gericht
(c) proplanta
Barack Obama mag eigentlich alles, Lady Di ließ sich gerne Pilz-Risotto servieren. Und im Kanzleramt kommen Schwarzwurzel, gefüllter Kohlrabi und Eintöpfe auf den Tisch. Das erzählt man sich im «Club des Chefs des Chefs», der sich diese Woche in Berlin trifft. Der exklusive Zirkel versammelt Köche von Königen, Staats- und Regierungschefs.

«Wir sind wie der G20 der Gastronomie», sagt Gründer Gilles Bragard, dessen Name auf den Jacken der Küchenchefs prangt. Für ihn geht Diplomatie durch den Magen. Bragard zitiert Napoleon: «Gebt mir gute Köche, dann mache ich gute Verträge.» Mit internationaler «Fusion», Mischmasch in der Küche, darf man den Chefs nicht kommen. Sie verstehen sich als Aushängeschild ihres Landes. «Die beste Küche der Welt ist die deiner Mutter.»

Gegründet wurde der heute 40 Mitglieder zählende Club 1977 in Frankreich im Restaurant von Paul Bocuse. Diesmal sind 18 Küchenchefs nach Berlin gereist. Ihre weißen Mützen ragen aus dem Touristentrubel am Brandenburger Tor hervor. Stolz posieren die Köche mit ihren Nationalflaggen.

Eine der wenigen Frauen im Metier ist Cristeta Comerford. Sie hat mit US-Präsident Obama einen Hausherren, der sowohl offen für Lokales als auch für Speisen rund um den Globus ist. Comerford liebt es, wenn er in der Küche vorbeischaut. «Das ist so nett, wie eine Brise frischer Wind.» Gemüse kommt aus dem Garten des Weißen Hauses.

Ulrich Kerz ist seit zwölf Jahren Chefkoch im Kanzleramt. «Für mich ist es die Erfüllung meines Berufs», sagt der 51-Jährige. Bei Angela Merkel geht es regional zu, mit Schwarzwurzeln, Kohlrabi oder Spargel. Die Kanzlerin mag Eintöpfe, Gemüse und Salate. Ihre Leibspeise verrät Kerz lieber nicht, weil sie diese sonst überall auf der Welt bekäme. Was die Chefin nicht essen will, streicht sie auf seiner Karte durch.

Wie kocht Merkel selbst? «Ich glaube, das kann sie sehr gut.» Fährt die Regierungschefin ins Ausland, hat er frei. Mit Kerz arbeiten sechs Kellner. Für große Essen kommt ein Cateringunternehmen dazu, bei jüdischen Gästen mit koscheren Wünschen auch mal ein Rabbi. Bernard Vaussion, der seit 40 Jahren für die französischen Präsidenten kocht, dirigiert 20 Mitarbeiter.

François Hollande kredenzte er neulich bei einem Staatsbesuch Langusten mit Tomaten-Ingwersauce und gegrillten Steinbutt.

Bei Jesper Vollmer wechselt das Menü - je nachdem, wo sich die dänische Königin Margrethe gerade aufhält. Im Schloss nahe der deutschen Grenze wird zum Beispiel rote Grütze verspeist. «Wir reden viel über das Essen», erzählt Vollmer. Im britischen Königshaus gilt laut Anton Mosimann: «Wenn's ums Essen geht, ist gute Stimmung.» Was bei der Hochzeit von William und Kate auf dem Menü stand, gibt der Schweizer, der schon Margaret Thatcher und der Königinmutter diente, nicht preis. Das soll ein Geheimnis bleiben. Er verteidigt die britische Küche: «Ich finde, wir essen sehr gut in England.»

Bei ihren jährlichen Treffen müssen die «Chefs des Chefs» einmal nicht an den Töpfen wirbeln, sondern werden hofiert. Im Kanzleramt warten ein französisches Gemüsebüfett, Kasseler, Nürnberger Bratwurst und Sauerkraut - im Zeichen der deutsch-französischen Freundschaft.

Nach Berlin reist der Club nach Paris. Gibt es eigentlich noch Vorkoster? «Wir leben nicht mehr im Mittelalter, meine Damen und Herren», sagt Chefkoch Kerz lachend.
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