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24.02.2014 | 15:07 | Attila Hildmann 

Veganer Koch auf Erfolgskurs

Berlin - Im Flur hängt ein Bild von Arnold Schwarzenegger. Attila Hildmann (32) macht in einem Kapuzenpulli die Tür zu seiner Berliner Wohnung auf.

Veganes Essen
(c) proplanta
Am Herd trägt der Koch dann ein T-Shirt, das für sein neues Buch wirbt. Der Physikstudent ist der Shooting-Star der Kochszene und ein Fitnessguru. In Zahlen: Er hatte 70 Fernsehauftritte in zwei Jahren und schafft aktuell 30 Klimmzüge.

Seine Rezepte sind nicht nur vegetarisch, sondern vegan. Das heißt, sie kommen ganz ohne tierische Produkte wie Milch, Käse und Eier aus, so wie sein Rote-Beete-Carpaccio, die vegane Pizza oder Spaghetti aus Kohlrabi.

Hildmann hat die vegane Küche aus der Ecke der faden Ökokost herausgeholt und eine Marktlücke besetzt. Nach einer Schätzung des Vegetarierbundes gibt es in Deutschland 800.000 Veganer - Tendenz steigend.

Hildmann, der türkische Wurzeln hat und in Berlin aufwuchs, ist mit seinen Büchern zum Bestsellerautor geworden. Dazu sieht er aus wie ein Rasierwassermodel und hat einen Waschbrettbauch, den er gern fürs Marketing benutzt. Hildmann ruft seine Leser auf, sich in «Challenges» (Herausforderungen) eine Zeit lang vegan zu ernähren, zu meditieren und Sport zu machen. Veganismus als Lifestyle.

Hildmann ist dabei nicht streng. «Ich begrüße jeden, der sagt: Ich esse einmal in der Woche vegan oder einmal am Tag. Ich persönlich lebe vegan, weil es für mich Sinn macht und es mir gesundheitlich bessergeht, ich habe dadurch 35 Kilo abgenommen.» Das kann man auf Vorher-Nachher-Bildern sehen. Im Jahr 2000 war er noch moppelig und sah älter aus als heute.

Ein Schock war für Hildmann damals, dass sein Vater nach einem Herzinfarkt starb. Das brachte ihn dazu, sich mit Cholesterin und gesunder Ernährung zu beschäftigten. Als Student und Autodidakt entwickelte er Rezepte für die Gemüseküche und war damit lange nur Insidern ein Begriff. Mit dem Boom von Bio und vegetarischer Kost kam seine Stunde.

Beim Interview tischt er Zucchini-Röllchen mit Kürbisfüllung und Eis aus Cashew-Nüssen auf, danach einen Matcha-Shake aus Grünteepulver und Reissirup. Hildmann ist Profi und weiß, wie fotogen Zucchini in die Schüssel regnen.

Sein freundlich-lockerer Stil erinnert an den britischen Starkoch Jamie Oliver. Den findet er sympathisch. Aber: «Ich bin kein Abklatsch von Jamie Oliver, nur in vegan.» Er legt Wert auf seinen wissenschaftlichen Background. So geht es in seinem neuen Buch unter anderem um Technik gegen das Altern.

Hildmann polarisiert die Leute auch: Nicht nur mit dem Vorzeigen seiner Muskeln, sondern auch mit seinem Porsche, von dem er ein Bild im Internet bei Facebook veröffentlichte, was eine Kommentarflut auslöste. Das war eine Provokation für die strengen Ökos. «Natürlich habe ich Spaß daran», sagt Hildmann. «Vom Unterhaltungswert ist meine Facebookseite besser als das Dschungelcamp.»

Veganer reagieren unterschiedlich auf den Vorzeigesportler: «Einige mag ärgern, dass Hildmann nicht die Tiere, sondern Fitness und Gesundheit in den Vordergrund stellt und er ausgerechnet damit zum Medienliebling wurde», hat der Szenekenner und Buchautor Andreas Grabolle («Kein Fleisch macht glücklich») beobachtet.

Grabolle findet ihn «nützlich» für die Bewegung. «Gerade weil Hildmann vegane Ernährung auf seine Weise verkauft, kommt er bei Menschen an, die sonst zunächst keinen Zugang zu dem Thema hätten. Die meisten seiner Bücher kaufen ja Gemischtköstler.»

Hildmann predigt den Mittelweg. «Wenn du bewusst tierische Produkte konsumierst, tust du schon so viel mehr als der Mainstream. Der steht morgens auf, macht den Wurstsalat aufs Brot, isst mittags in der Kantine Schnitzel und abends gibt es Leberwurst. Und das jeden Tag.» Ein Verzicht bedeutet veganes Essen für ihn nicht. Und dem Tier sei es egal, aus welchem Grund es nicht gegessen werde.

Hildmann plant eine eigene Fernsehshow und ein neues Buch. Und bald will er in den USA seine Bücher verkaufen und seine Geschichte erzählen. Im März hat Hildmann dort 50 Radio-Interviews, im Mai kommen die Fernsehtermine, wie er erzählt. Und der Koch hat noch eine persönliche «Challenge»: In zwei Monaten ist Abgabe für seine Physik-Diplomarbeit.
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