Knapp zwei Jahre nach dem Start zog die Deutsche Umwelthilfe am Mittwoch eine vernichtende Bilanz und sprach von Informationsverhinderung zugunsten der Wirtschaft. Die Verbraucherschützer von
Foodwatch forderten eine Kennzeichnung von Gaststätten mit sogenannten Smileys wie in Dänemark. Auch die FDP will Korrekturen. Das Verbraucherministerium weist die Kritik zurück.
Der frühere Verbraucherminister Horst
Seehofer (CSU) nannte das Gesetz damals einen Meilenstein. Die Deutsche Umwelthilfe sieht das anders. Sie kritisierte am Mittwoch, dass Behörden die Auskunftsfristen nicht einhielten, verantwortliche Firmen verschwiegen und teils abschreckend hohe Gebühren nähmen. «Schnelle Informationen gibt's im Prinzip gar nicht, "Ross und Reiter" werden allenfalls in Ausnahmefällen genannt», sagte DUH-Expertin Cornelia Ziehm in Berlin.
Die DUH wollte im März 2009 vom Bundesverbraucherministerium über das VIG mehr über den Stoff Isopropylthioxanthon (ITX) in Getränke- und Lebensmittelverpackungen erfahren. Negative Wirkungen dieser Chemikalie für die Gesundheit werden nicht ausgeschlossen. Die DUH kritisiert, dass genaue Antworten ausgeblieben seien, weil Unternehmen eingeschaltet wurden, die später Widerspruch einlegten.
Eine bestimmte Information auf Nachfrage habe 225 Euro gekostet, es habe aber auch Gebühren für fehlende Infos geben sollen.
Die zuständigen Behörden sollen mit dem Gesetz Anfragen über Gammelfleisch-Skandale, Pestizide in Tomaten oder Gefahren einer Hautcreme beantworten. Unternehmen können sich aber auf Geschäftsgeheimnisse berufen. Wenn Gesundheitsgefahren drohen oder eine Firma verdorbene Lebensmittel verkauft, müssen Behörden jedoch von sich aus warnen.
Der Chef des Bundestags-Verbraucherausschusses, Hans-Michael Goldmann (FDP), fordert Nachbesserungen. «Die Informationsabfrage dauert viel zu lange oder Anfragen werden gar nicht erst beantwortet und es ist für viele Verbraucher schlichtweg zu teuer.» SPD- Fraktionsvize Ulrich Kelber will eine Klarstellung, dass die Behörden bei Verstößen «schwarze Schafe» nennen müssen. Das Gesetz sei ein Fortschritt gewesen, müsse aber auch auf andere Bereiche ausgedehnt werden. Grünen-Fraktionsvize Bärbel Höhn hält das Gesetz für löchrig wie einen Schweizer Käse, sagte sie der «Saarbrücker Zeitung».
Verbraucherministerin Ilse
Aigner (CSU) hatte eine positive Zwischenbilanz für das erste Jahr gezogen. Vier Fünftel der fast 500 Anfragen seien kostenlos, bei 70 Prozent seien die Fristen eingehalten worden. Das Ministerium will Mitte Mai Bilanz ziehen.
Die Verbraucherorganisation Foodwatch fordert ein Smiley-System mit Gesichter-Signets für Gaststätten und Lebensmittelfirmen.
«Amtsgeheimnis und Unternehmensinteressen dürfen nicht länger höher bewertet werden als der Schutz der Öffentlichkeit vor Gesundheitsgefahren und Täuschung», sagte Vize-Geschäftsführer Matthias Wolfschmidt.
Mit 93 Prozent sprach sich eine große Mehrheit der Bundesbürger für Smileys auch in Deutschland aus. Das ergab eine Emnid-Umfrage unter 1.003 Bundesbürgern für Foodwatch. Die Gesichter klären in Dänemark über Hygienemängel auf. Der Berliner Bezirk Pankow hatte
2009 eine Liste über Hygienemängel von Betrieben und Gaststätten im Internet veröffentlicht und war damit auf großes Interesse gestoßen. (dpa)