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11.03.2011 | 10:43 | Wasserpreise 

Wasserpreise: Koalition streitet um Schuldfrage

Berlin - Im Streit um die hohen Wasserpreise in Berlin geben sich die Koalitionspartner SPD und Linke gegenseitig die Schuld.

Wasserversorgung
Der Regierende Bürgermeister Klaus Wowereit (SPD) sieht die Linke und besonders Senator Harald Wolf in der Mitverantwortung. «Ich wundere mich ein bisschen über den Wirtschaftssenator, der so tut, als habe er damit nichts zu tun. Er hätte die Aufgabe gehabt, als Aufsichtsratsvorsitzender dies in Frage zu stellen», sagte Wowereit am Donnerstag dem Radiosender 105'5 Spreeradio.

Wowereit meinte, grundsätzlich sei die kritische Einschätzung des Bundeskartellamtes zu den Wasserpreisen ernst zu nehmen. «Wir müssen sehen, dass die Wasserpreise sich nicht abheben vom bundesweiten Niveau. Das ist auch Aufgabe des Aufsichtsrates.»

Wolf widersprach umgehend und wies die Vorwürfe zurück. Im Gegensatz zu Wowereit habe er den Verträgen zur Privatisierung der Wasserbetriebe im Jahr 1999 nicht zugestimmt, so der Wirtschaftssenator laut einem Sprecher. Damals war Wolf in der Opposition und Wowereit gehörte zur Regierungskoalition. Diese Verträge hätten den Konzernen Veolia und RWE umfassende Gewinngarantien gegeben, die nun den Aufsichtsrat gravierend einengen würden. Alle Versuche, trotzdem Preissenkungen durchzusetzen, seien von den privaten Teilhabern und von SPD-Finanzsenatoren blockiert worden, so Wolf weiter: «Wer im Glashaus sitzt, sollte nicht mit Steinen werfen.»

Das Bundeskartellamt hatte den Berliner Wasserbetrieben am 1. März in einem Brief vorgeworfen, dass die Preise für einen Kubikmeter (1.000 Liter) Wasser um 50 Cent oder etwa 25 Prozent zu hoch seien. Die Wasserbetriebe wiesen diese vorläufige Einschätzung zurück Und machten indirekt das Land und die privaten Inhaber dafür verantwortlich.

Der Vorstandsvorsitzende der Wasserbetriebe, Jörg Simon, sagte, das Unternehmen hätte durchaus «weiteren Spielraum, die Preise zu senken», wenn nicht gesetzliche Vorgaben das verhindern würden. Zum einen würden die Wasserbetriebe sehr hohe Gebühren für das Grundwasser an das Land zahlen. Tatsächlich erhielt Berlin im Jahr 2009 mehr als 50 Millionen Euro sogenanntes Grundwasserentnahmeentgelt.

Simon verwies zudem auf die hohen Gewinne, die die Wasserbetriebe an das Land und die Konzerne Veolia und RWE als Teilhaber abführen müssten. 2009 nahmen die beiden Teilhaber zusammen 137 Millionen Euro aus den Gewinnen der Wasserbetriebe ein, und auch das Land profitierte in vergleichbarer Höhe.

Simon betonte: «Wir wollen uns überhaupt nicht gegen Preissenkungen wehren.» Man sitze aber zwischen allen Stühlen. Niedrigere Preise seien nicht möglich, weil das Land auf seine Einnahmen nicht verzichten wolle. Das Vorstandsmitglied Norbert Schmidt sagte: «Dass sich die Gesellschafter nicht darüber freuen, über Gewinnverzicht zu diskutieren, kann sich jeder vorstellen.»

Die Wasserbetriebe warfen dem Bundeskartellamt außerdem vor, die besondere Situation Berlins im Vergleich mit Hamburg, München und Köln nicht zu berücksichtigen. In Berlin habe sich der Wasserverbrauch in den vergangenen 20 Jahren seit der Wiedervereinigung halbiert, zudem müsste das Rohrnetz für viel Geld saniert werden.

Die CDU sieht beim Senat «Abzockermentalität». «Es zeigt sich erneut, wie unverhältnismäßig den Verbrauchern in Berlin in die Taschen gelangt wird», kritisierte der CDU-Landes- und Fraktionsvorsitzende Frank Henkel. Zudem solle Wowereit nicht so tun, «als hätte er von den vielen Versäumnissen seiner Senatoren nichts gewusst». Wowereit sei nicht bereit, Verantwortung für seine eigene Regierung zu übernehmen. «Es ist unübersehbar, dass Rot-Rot nur noch ein Scherbenhaufen ist.»

Der Grünen-Fraktionsvorsitzende Volker Ratzmann sagte: «Es ist eine politische Bankrotterklärung, insbesondere für den Wirtschaftsenator.» Wolf habe für die nötigen gesetzlichen Grundlagen für die Gewinne der Wasserbetriebe gesorgt, sagte Ratzmann dem Radiosender 104.6 RTL. Die FDP kritisierte, der Senat drehe an der Preisschraube mit.

Ein Kubikmeter Trinkwasser kostet in der Hauptstadt derzeit 2,17 Euro. Bezahlt werden muss aber auch die Abwasserentsorgung (2,46 Euro) und ein monatlicher Grundpreis. Durchschnittlich verbraucht ein Mensch in Berlin rund 40 Kubikmeter (40.000 Liter) im Jahr. Die Jahresausgaben pro Kopf sind - abhängig von der Größe des Haushaltes und Hauses - sehr unterschiedlich, liegen aber im Durchschnitt bei etwa 220 Euro. Die vom Bundeskartellamt bemängelten zu hohen Kosten von 50 Cent pro Kubikmeter Trinkwasser machen knapp 20 Euro im Jahr aus. (dpa)
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