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02.04.2020 | 04:54 | Fertiggerichte 

Wohin führt der Streit um Zucker- und Fettgehalte?

Berlin - Muss der Eistee wirklich so süß sein? Und der Quark für Kinder auch? Für eine gesündere Ernährung sollen Fertigprodukte mit weniger Zucker, Fett und Salz auskommen. Doch wie erreicht man das?

Fertigprodukt
Weniger Salz in Tiefkühlpizzen, weniger Zucker im Kinder-Müsli: Um bei «Dickmachern» gegenzusteuern, will die Bundesregierung Hersteller zu freiwilligen Umstellungen bewegen. Hat sich da schon was getan? (c) proplanta
Bundesernährungsministerin Julia Klöckner (CDU) hat mehrere Branchen für Selbstverpflichtungen gewonnen - und diese freiwilligen Zusagen zeigen Wirkung, machte sie am Mittwoch nach ersten Daten deutlich.

Allerdings gebe es weiter Handlungsbedarf, vor allem bei Produkten speziell für Kinder. Verbraucherschützern und Medizinern reichen die Reduzierungen und die ganze Vorgehensweise nicht aus.

Klöckner betonte: «Es geht in die richtige Richtung.» Positiv sei, dass vielfach auch die Gesamtkalorienzahl der Produkte sinke, wenn Zucker reduziert werde. Hintergrund ist eine vom Kabinett Ende 2018 beschlossene «Reduktionsstrategie». Sie sieht vor, dass Hersteller sich zu schrittweisen Zutaten-Änderungen bis 2025 verpflichten.

Meist geht es um weniger Zucker. So soll in Frühstückscerealien für Kinder ein Minus von mindestens 20 Prozent erreicht werden, in gesüßten Kinder-Milchprodukten und in Erfrischungsgetränken von 15 Prozent. Dabei sollen Rezepturen nach und nach umgestellt werden, um beim gewohnten Geschmack für die Kunden abrupte Änderungen zu vermeiden.

Anlass zum Gegensteuern besteht: In Deutschland gelten 47 Prozent der Frauen, 62 Prozent der Männer und 15 Prozent der Kinder als übergewichtig. Zu viel Zucker, Fett und Salz erhöhen auch das Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen und Diabetes. Um die Branchenzusagen zu überprüfen, hat das bundeseigene Max-Rubner-Institut (MRI) eine erste Vergleichsuntersuchung gemacht. Die Ergebnisse liegen nun vor.

So ging der Zuckergehalt bei speziell für Kinder beworbenen Joghurtzubereitungen seit 2016 um 7,4 Prozent zurück. Er ist aber weiter höher als in Produkten, die nicht für Kinder angepriesen werden. «Da muss die Wirtschaft nachsteuern», sagte Klöckner. Bei Quarkzubereitungen «mit Kinderoptik» gab es demnach ein Zuckerminus von knapp 18 Prozent.

Bei Erfrischungsgetränken ermittelte das Institut eine Zuckerreduktion von 35 Prozent bei Produkten ausdrücklich für Kinder im Vergleich zu 2018. Bei regulären Limos und Colas fiel das Minus mit 0,2 Gramm pro 100 Milliliter aber nur «sehr gering» aus.

Bei Tiefkühlpizzen, wo vor allem Salz im Blickpunkt steht, ist die Spannweite generell groß - in einer «Pizza Salami» steckt deutlich mehr als in einer «Margherita». Insgesamt sei aber «keine statistisch signifikante Verringerung des Salzgehaltes zwischen 2016 und 2019 festgestellt worden».

Klöckners Zwischenbilanz stieß auf Kritik. «Eine Zuckerreduktion von «sehr viel zu viel» auf «viel zu viel» ist kein Erfolg, sondern eine Bankrotterklärung», monierte die Verbraucherorganisation Foodwatch.

Grünen-Fachpolitikerin Renate Künast sagte, freiwillige Selbstverpflichtungen der Konzerne seien nicht ausreichend im Kampf gegen viel zu süße, salzige und fettige Fertiglebensmittel.

Der Experte des AOK-Bundesverbands, Kai Kolpatzik, forderte wirksamere und vor allem verpflichtende Reduktionsziele, die nicht erst in fünf Jahren umgesetzt sind. Laut einer Untersuchung für die AOK überschreiten 73 Prozent der gekauften Menge an Müslis oder Cornflakes die Empfehlung der Weltgesundheitsorganisation (WHO) von 15 Gramm Zucker pro 100 Gramm. Bei speziell an Kinder gerichteten Cerealien lägen 99 Prozent der gekauften Produkte darüber.
dpa
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