Der Zustand des Waldes sei so schlecht wie seit dem Beginn der Erhebung im Jahr 1984 nicht mehr, sagte Umweltministerin Priska Hinz (Grüne) am Freitag bei der Präsentation des
Waldzustandsberichts in Wiesbaden. Vor allem bei den Beständen der Fichte seien die Schäden verheerend.
Bei den Buchen habe die Kronenverlichtung, die ein wichtiger Indikator für den Gesundheitszustand der Bäume ist, in abgeschwächter Form ebenfalls in diesem Jahr noch einmal zugenommen, erklärte Johannes Eichhorn von der Nordwestdeutschen Forstlichen Versuchsanstalt. Auch die Absterberate und der Anteil starker Schäden wiesen gerade wegen der Entwicklung bei der Fichte die höchsten Werte seit Beginn der Zeitreihe auf.
Der Zustand bei den Hauptbaumarten Buche und Eiche sei noch vergleichsweise stabil, sagte der Experte. Die Entwicklung bei der Fichte, die etwa 20 Prozent des Baumbestands in Hessens Wäldern ausmacht, sei jedoch alarmierend. Als Grund für die Einschätzung nannte Eichhorn, dass es auch bereits bei jüngeren Bäumen eine zunehmende Kronenverlichtung gebe. Gerade in der Rhein-Main-Ebene habe es in diesem Jahr eine weitere Verschlechterung des Waldzustandes gegeben.
Der Wald sei ein Opfer des
Klimawandels, erklärte die Umweltministerin. Deshalb müsse alles dafür getan werden, diesen zu begrenzen und den Wald weiter zu stärken. Im vergangenen Jahr habe das Land bereits einen Zwölf-Punkte-Plan für den Wald der Zukunft auf den Weg gebracht. «Nun gehen wir noch einen Schritt weiter und werden mit einem umfangreichen Maßnahmenpaket den Waldschutz noch weiter intensivieren.»
Da die Beseitigung von Waldschäden, Wiederbewaldung und
Waldumbau viel Geld kosteten und die Corona-Pandemie zu einem Zusammenbruch der Auslandsnachfrage auf dem Holzmarkt geführt habe, verschärfe sich die prekäre Situation der Waldbesitzer weiter, sagte Hinz.
Die Landesregierung werde deshalb aus dem Corona-Sondervermögen sowie den Mitteln des Zwölf-Punkte-Plans bis 2023 über 250 Millionen Euro für die Wälder zur Verfügung stellen. Beim Landesbetrieb Hessen-Forst werde es zudem mehr Personal geben: Bis 2025 sollen 220 Stellen mehr zur Verfügung stehen, als ursprünglich geplant waren. Dann soll Hessen-Forst rund 1.900 Mitarbeiter zählen.
Der Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND) in Hessen mahnte wegen der Entwicklung deutlich mehr Tempo bei der Energiewende und Schutzmaßnahmen für alte Wälder an. Die Klimaerhitzung sei die Ursache der viel zu geringen Niederschläge in der Vegetationsperiode und deshalb auch die Ursache des großflächigen
Waldsterbens in Hessen, erklärte der BUND-Landesvorsitzende Jörg Nitsch.
Die wichtigste Maßnahme zum Schutz der Wälder sei deshalb eine deutliche Tempobeschleunigung bei der Energiewende, innovative Ideen für die Verkehrswende und die Erhaltung alter, geschlossener Wälder.
Die Forstexpertin der FDP-Fraktion, Wiebke Knell, appelliert an die Umweltministerin, bei der Wiederaufforstung des Waldes auch an Baumarten wie Stieleiche, Douglasie und Weißtanne zu denken. «Der Schlüssel zu einem klimastabilen Wald sind auch Forschung und Innovationen», betonte Knell.
Der hessische Waldbesitzerverband begrüßte zwar grundsätzlich die finanzielle Unterstützung des Landes für die Forstwirtschaft und die Mittel für Hessen-Forst. Es sei jedoch vollkommen unverständlich und ohne jede sachliche Begründung, dass alle waldbesitzenden Kommunen und privaten Waldeigentümer, die ihren Wald selbst bewirtschaften oder andere Dienstleister damit beauftragt haben, dabei leer ausgingen.