Vorsprung durch Wissen
schließen x
Suchbegriff
Rubrik
 Suchen
Das Informationszentrum für die Landwirtschaft
05.07.2023 | 04:02 | Neues Jagdgesetz 

Neues Jagdgesetz in Rheinland-Pfalz soll kommen - Klimaschutz rückt in Fokus

Mainz - Mit einem an vielen Stellen erneuerten Landesjagdgesetz will die rheinland-pfälzische Landesregierung auf den Klimawandel reagieren, den Tierschutz stärken und gleichzeitig Grundbesitzern und Landwirten mehr Freiheiten einräumen. 

Landesjagdgesetz Rheinland-Pfalz
Neue Abschussregeln, Verbote bestimmter Jagdpraktiken, weniger Bürokratie, mehr Fokus auf den Klimawandel - das Landesjagdgesetz für Rheinland-Pfalz soll grundlegend erneuert werden. Ein Großprojekt. (c) Bergringfoto - fotolia.com
Ein zentraler Bestandteil des Gesetzentwurfs, der am Dienstag vom Kabinett in Mainz gebilligt wurde, ist nach Angaben von Umweltstaatssekretär Erwin Manz (Grüne) eine stärkere Ausrichtung der Jagd auf die in Folge des Klimawandels nötige Walderneuerung. In Kraft treten dürfte das neue Regelwerk aber erst im Jahr 2025.

Umweltministerin Katrin Eder (Grüne) sagte, mit dem Regierungsentwurf mache sich Rheinland-Pfalz auf den Weg, eines der modernsten Jagdrechte in Deutschland zu bekommen. Auch die «gravierenden Folgen des Klimawandels» machten gesetzliche Anpassungen nötig. Eine umfassende Novellierung der jagdrechtlichen Vorschriften ist auch Teil des Koalitionsvertrages der Ampel in Mainz.

Vorgesehen sind aus Tierschutzgründen Verbote einiger Jagdpraktiken. Nicht mehr geduldet werden soll die Ausbildung von Jagdhunden an flugunfähig gemachten lebenden Enten oder die laut Ministerium für Hunde gefährliche Jagd in Dachs- und Fuchsbauten. Fanggeräte, die sofort töten, wie für Baum- und Steinmarder gebaute Totschlagfallen, sollen gänzlich untersagt werden. Nach einer Übergangsfrist von fünf Jahren soll ein Verbot von bleihaltiger Munition gelten, damit dieses Schwermetall nicht weiter in die Ökosysteme gelangt.

Die Novelle soll auch das Thema Wildtiere in Siedlungsräumen aufgreifen und sieht hierfür eine Ausbildung von Jägerinnen und Jägern zu sogenannten urbanen Wildberatern vor. Sie sollen dann Kommunen oder auch Bürger beraten, wenn etwa Wildschweine in Orte vordringen oder Waschbären sich in Siedlungen stark vermehren. Wildtiere in Siedlungen seien zwar kein neues Phänomen, doch auch in Rheinland-Pfalz mehrten sich die Probleme, erklärte das Ministerium.

Eine Hegeverpflichtung soll künftig Inhabern von Jagdrevieren auferlegen, die Rettung von Jungwild, etwa Rehkitzen vor der Wiesenmahd, zu unterstützen. In der neuen Fassung des Gesetzes sollen in der Wildtier-Liste nur noch Arten aufgeführt werden, die regelmäßig vorkommen und entweder bejagt werden müssen - zum Beispiel zur Vermeidung von Wildschäden - oder deren Vorkommen gesichert oder gestärkt werden sollen. Invasive Arten sollen in eine separate «Liste der ökosystemfremden Arten» kommen. Letztere können laut Ministerium dann unbürokratischer bejagt werden und müssten nicht vorher als Art in die Liste der Wildarten neu aufgenommen werden.

Eine Ausnahme sei die Nilgans, die zwar als invasive Art eingestuft werde, aber nennenswerte Schäden in der Landwirtschaft verursache und daher weiter in der Liste der Wildarten geführt werde. Der Wolf findet sich demnach ebenfalls nicht in der Liste der dem Jagdrecht unterliegenden Tierarten. Er genieße durch das Bundesnaturschutzgesetz den höchsten Schutzstatus, derzeit schieden wegen der vergleichsweise geringen Zahl an Wölfen in Rheinland-Pfalz Eingriffe in die Wolfspopulation durch Jagd aus.

Erste Kritik kam von den Freien Wählern. Deren Fraktionsvorsitzender Joachim Streit monierte einen fehlenden Dialog mit der Jägerschaft. «Uns ist es wichtig, dass die bisherige Trennung von Jagd, Natur und Forst erhalten bleibt», sagte Streit. Das Umweltministerium betonte, schon vor der Formulierung des Referentenentwurfs Stellungnahmen eingeholt zu haben. Einige Anregungen seien übernommen worden. «Viele der Neuregelungen stellen einen Kompromiss von zum Teil sehr divergenten Positionen der einzelnen Akteure dar.»

Der jagdpolitische Sprecher der CDU-Fraktion, Horst Gies, sagte, eine Novellierung sei durchaus sinnvoll, dürfe aber nicht zu einem «pauschalen Vertrauensverlust» gegenüber der Jägerschaft führen. «Mit dem vorliegenden Entwurf möchte das grün geführte Ministerium unseren Jägerinnen und Jägern im Land jegliche Kompetenz abschreiben.» Der Waldbau werde über den Artenschutz und die Hege gestellt. «Mit diesem Gesetz droht die Gefahr, dass ein Keil zwischen Behörden, Waldbesitzer sowie Jägerinnen und Jäger und Naturschützer getrieben wird.» Für die CDU-Fraktion gehört auch der Wolf ins Jagdrecht.

Vorgesehen ist in dem Entwurf auch, dass das bislang nur in bestimmten Gebieten geduldete heimische Rotwild fast im ganzen Land leben kann. Durch die bisherige «Verinselung» sei es zu einer genetischen Verarmung gekommen, erklärte das Ministerium. Anders beim nicht heimischen Dam- und Muffelwild: Für diese Tiere soll es auch in Zukunft begrenzte Duldungsgebiete geben. Ihrer weiteren Ausbreitung solle entgegengewirkt werden - wegen des «hohen Wildschadenspotenzials».

Als Beispiel für zusätzlichen Spielraum für Waldbesitzer nennt das Ministerium, dass diese in Zukunft unter bestimmten Bedingungen in dem Gebiet mitjagen können, so sie das wollen, auch wenn die Jagd verpachtet ist. Das könne Kosten für Schutzzäune senken, die sonst nötig seien, um junge Bäume vor Wildverbiss zu schützen.

Die Jagd invasiver, also nicht heimischer Arten wie dem Nutria oder ostasiatischen Hirscharten, wird erleichtert. Die Jagdverwaltung soll digitaler werden. Landwirte sollen künftig leichter Wildschäden melden können. Helfen sollen etwa längere Fristen für Meldungen oder die Möglichkeit einer gebündelten Meldung von Schäden. Bürokratie soll auch dadurch abgebaut werden, dass etwa für den Abschuss von Reh-, Dam- und Muffelwild sowie von Schwarzwild nicht mehr zwingend Abschussvereinbarungen bei den Behörden vorgelegt werden müssen.

In die Pflicht nehmen soll die Novelle die Verantwortlichen eines Jagdbezirks beim Wildmonitoring. Sie sollen demnach die Entwicklung der Wildarten der jeweils zuständigen Behörde melden - und zwar bei landesweiten, turnusmäßigen Abfragen in einem Portal. Nach der Billigung des Entwurfs durch den Ministerrat stehen nun noch weitere Anhörungen von Verbänden und Institutionen an, Mitte 2024 kommt der Entwurf voraussichtlich in den Landtag. In Kraft treten könnte ein grundlegend erneuertes Jagdgesetz laut Ministerium im April 2025. Bis dahin sollen auch damit zusammenhängende Verordnungen angepasst werden.
dpa/lrs
Kommentieren
weitere Artikel

Status:
Name / Pseudonym:
Kommentar:
Bitte Sicherheitsabfrage lösen:


  Weitere Artikel zum Thema

 Deutschland und Frankreich führend bei klimafreundlicher Technik

 Hessen will Weidetierhaltern besser gegen Wölfe helfen

 Verweste Schweine - Behörde prüft Entzug von Schlachtzulassung

 EU-Parlament billigt stärkere Förderung von klimaneutraler Technologie

 33 Rinder verendet - Zwei Jahre Bewährung für Landwirt

  Kommentierte Artikel

 Söder setzt sich gegen Verbrenner-Aus ab 2035 ein

 2023 war Jahr der Wetterextreme in Europa

 Wind- und Freiflächen-Solaranlagen: Niedersachsen führt Abgabe ein

 Keine Reduzierung beim Fleischkonsum durch Aufklärung

 Größter Solarpark von Rheinland-Pfalz eröffnet

 Gipfelerklärung der EU setzt auf Lockerungen für Landwirte

 Grundwasser in Bayern wird weniger

 Lindnerbräu - Hoch die Krüge!

 Mutmaßlicher Wolfsangriff - mehrere Schafe in Aurich getötet

 Weniger Schadholz - Holzeinschlag deutlich gesunken