Vorsprung durch Wissen
schließen x
Suchbegriff
Rubrik
 Suchen
Das Informationszentrum für die Landwirtschaft
04.09.2015 | 08:42 | Allergieforschung 

Staub vom Bauernhof kann vor Allergien schützen

München - Auf Bauernhöfen lebende Kinder bekommen seltener Asthma und Allergien. Den Gründen dafür sind Forscher nun ein Stück näher gekommen.

Allergieforschung
Stadtkinder leiden häufiger unter Allergien als Kinder vom Bauernhof. Ihr gut trainiertes Immunsystem neigt weniger zur Überreaktion, vermuten Experten. Ein neu entdecktes Enzym im Körper spielt dabei eine entscheidende Rolle, berichten Forscher nun. (c) DoraZett - fotolia.com
Demnach aktivieren Endotoxine, Bestandteile von Bakterien, das Enzym A20, das sich in der Schleimhaut der Atemwege befindet. Das berichtet das internationale Wissenschaftler-Team, zu dem auch Münchner Forscher gehören, im Fachmagazin «Science».

«Man wusste immer, dass der Schutz vor Allergien mit dem Stallaufenthalt zu tun hat, aber man wusste nicht, warum», sagte Erika von Mutius, Leiterin der Asthma- und Allergieambulanz am Dr. von Haunerschen Kinderspital in München, der Deutschen Presse-Agentur. «A20 ist ein ganz neu entdecktes Enzym, das offenbar eine unterdrückende Funktion hat.»

Versuche mit Mäusen hätten gezeigt, dass diese bei täglicher Aufnahme von Stallstaub weniger stark auf allergieauslösende Faktoren reagieren und daher vor allergischen Asthma geschützt sind. Vermittelt werde der schützende Effekt über das Enzym A20, das Entzündungsreaktionen im Körper beeinflusst. «Das Enzym selber muss aktiviert werden - und das tut auf irgendeine noch unbekannte Weise der Stallstaub», sagte von Mutius.

«Die Untersuchungen haben gezeigt, dass diese ganze Entzündungskaskade, die zu allergischem Asthma führt, nicht mehr abrollen kann, wenn A20 aktiviert ist.» Bei Asthmatikern komme das Enzym in geringerem Maße in der Schleimhaut vor. «Das Enzym wird von einem Gen produziert und wenn dieses Gen nicht ganz in Ordnung ist, dann gibt es ein Risiko für Asthma.»

Kinder auf Bauernhöfen oder mit Haustieren in der Wohnung atmen über den Staub mehr Pilz- und Bakterienpartikel ein. Vor allem bestimmte bei Kühen vorkommende Mikroben gelten als allergiemindernd. Neben vielen anderen Partikeln enthält der Staub in der Luft auch verschiedene Endotoxine, stabile Bestandteile der äußeren Zellmembran von Bakterien.

Die Forscher um Martijn Schuijs von der Universität Gent in Belgien hatten nun Mäusen zwei Wochen lang täglich Endotoxine in niedrigen Dosen verabreicht. Zum Vergleich gab es eine unbehandelte Kontrollgruppe. Anschließend wurden die Tiere beider Gruppen Staubmilben ausgesetzt, die auch beim Menschen allergische Reaktionen wie Asthma auslösen können. Die mit Endotoxinen behandelten Tiere hätten keine allergischen Symptome entwickelt, wohl aber die Kontrollgruppe, berichten die Forscher. Ähnliche Ergebnisse gab es, wenn den Tieren auf deutschen Bauernhöfen gesammelter Staub verabreicht wurde.

In weiteren Versuchen prüften die Wissenschaftler die Abläufe in menschlichem Gewebe. Sie analysierten mit Zellkulturen von Lungengewebe gesunder Probanden und Asthma-Patienten, wie die Zellen auf Endotoxine reagieren. Bei den Gesunden hätten sich weniger der für Allergien typischen Entzündungsmoleküle gebildet, heißt es in der Studie.

Für A20 zeigte sich bei diesen Probanden, dass es in größeren Mengen in den gesunden Zellen vorhanden war als bei Asthmatikern. Für die schützende Rolle einer Bauernhof- oder Tierhaltungsumgebung sei dieses Enzym demnach ein wichtiger Faktor, schließen die Wissenschaftler. Die nächste Frage für die Forscher sei nun, wie das Enzym sonst noch aktiviert werden kann, sagte von Mutius.

Ein ausgeglichenes Immunsystem ignoriert Allergene wie Hausstaub oder Pollen. Bei Allergikern aber wird der vermeintliche Feind mit aller Macht bekämpft: Die Atemmuskulatur verkrampft, die Schleimhaut der Bronchien schwillt. Studien haben gezeigt, dass Kinder, die auf dem Bauernhof groß werden seltener an Asthma und Allergien erkranken. Studien zufolge steigt die Zahl der Asthmatiker weltweit. (dpa)
Kommentieren
weitere Artikel

Status:
Name / Pseudonym:
Kommentar:
Bitte Sicherheitsabfrage lösen:


  Weitere Artikel zum Thema

 Forscher wollen KI zur Vorhersage von Pollen einsetzen

 Pollenallergiker müssen sich auf höhere Belastung einstellen

 Pollensaison 2024 startet intensiv

 Künftig sollen strengere Grenzwerte für Schadstoffe in der EU gelten

 Schadstoffe am Arbeitsplatz: EU-Parlament stimmt neuen Grenzwerten zu

  Kommentierte Artikel

 Erleichterungen bei GAP-Anträgen und Hanfanbau

 In der Corona-Pandemie wurden zu oft Antibiotika verschrieben

 Jäger sehen dringenden Handlungsbedarf bei Umgang mit Wölfen

 Söder setzt sich gegen Verbrenner-Aus ab 2035 ein

 2023 war Jahr der Wetterextreme in Europa

 Wind- und Freiflächen-Solaranlagen: Niedersachsen führt Abgabe ein

 Keine Reduzierung beim Fleischkonsum durch Aufklärung

 Größter Solarpark von Rheinland-Pfalz eröffnet

 Gipfelerklärung der EU setzt auf Lockerungen für Landwirte

 Grundwasser in Bayern wird weniger