Es ist eine Hoffnung für die grüne Energiewende, denn im Gegensatz zu Sonnen- und Windstrom liefert Biogas kontinuierlich Strom. Mit Mais und
Gülle wird in kleinen Kraftwerken Gas erzeugt, das wiederum zum Stromerzeugen über Turbinen genutzt wird. In manchen Gegenden können kleine Bauernhöfe aber dadurch kaum noch mithalten. Investoren kaufen im großen Stil Ackerflächen, um Mais anzubauen.
Pachtpreise steigen so massiv und Landstriche werden in Mais-Monokulturen verwandelt. Und die Investoren freuen sich über Renditen von bis zu 20 Prozent.
In einer Studie schlägt die Umweltstiftung
WWF nun Alarm: Das Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) belohne Strom aus Biogas mit umgerechnet jährlich rund 3.000 Euro pro Hektar Mais. «Das ist fast das Zehnfache dessen, was Bauern sonst pro Hektar durchschnittlich an EU-Förderungen erhalten», so der WWF. Durch die Solarkürzung um bis zu 15 Prozent im Juli kann es passieren, dass bestimmte Biogasformen, wo neben Mais auch noch Gülle verwendet wird, mit rund 20 Cent pro Kilowattstunde mehr Förderung bekommen als große Photovoltaikparks.
Andrea Horbelt vom Fachverband Biogas betont, auch Landwirte müssten gewinnorientiert arbeiten und würden daher auf die Dinge setzen, die für sie besonders lukrativ sind. Das Problem, dass Investoren von dem Boom angelockt werden, sei aber erkannt. Es gehe darum, kleine Landwirte zu schützen, die die Biogas-Pioniere sind.
Die Maismonokulturen entstehen vor allem dort, wo es viel Geflügel- und Viehzucht gibt, also etwa in Niedersachsen, wo es bereits mehr als 950 Anlagen gibt. Denn die anfallende Gülle wird zusammen mit Mais zur Biogasproduktion genutzt - denn dafür gibt es neben dem Nachwachsende-Rohstoffe-Bonus für Mais zusätzlich einen Güllebonus. «Das Erneuerbare Energien-Gesetz muss in dieser Hinsicht schnell und umfassend geändert werden», sagt WWF-Agrarreferentin Tanja Dräger de Teran. Der Energiemais vernichte die
Artenvielfalt und belaste die Gewässer. Deutschland drohe daher zur «Mais-Wüste» zu verkommen.
Ganz so dramatisch sieht man es in der Regierung nicht, aber das Problem ist erkannt. In manchen Regionen steuere die Landwirtschaft auf Probleme zu, weil es eine wachsende Konkurrenz zwischen Nahrungsmittel- und Energierohstoffproduktion gibt, sagt Landwirtschaftsministerin Ilse Aigner. Zusammen mit Umweltminister Norbert Röttgen (
CDU) will sie noch in diesem Jahr die Förderung kappen - auch zum Schutz kleiner Landwirte. Besonders im Fokus steht der Mais-Bonus, der Investoren gerade elektrisiert und Bauern wegen unbezahlbarer Pacht von ihren angestammten Flächen vertreibt.
2010 wurden in Deutschland nach Angaben des Agrarministeriums bereits rund 530.000 Hektar Mais zur Energiegewinnung angebaut. Der Anteil von Energie-Mais erhöhte sich zwischen 2009 und 2010 um 40 Prozent. 2011 könnte der Stromanteil durch Biogas auf drei Prozent steigen und 4,9 Millionen Haushalte mit dem daraus produzierten Strom versorgt werden, schätzt der Biogasverband.
Unbestritten ist, dass
Biomasse im grünen Energiemix unverzichtbar ist. In einer Studie der Agentur für Erneuerbare Energien wird darauf verwiesen, dass eine Ausweitung der Rohstoffpallette sinnvoll ist, um Maismonokulturen zu verhindern. Eine Biogasanlage könne schließlich vieles verdauen: Sowohl Mais und Getreide, Ernterückstände wie Rübenblätter oder eben Gülle, Mist, Kartoffelschalen und Klärschlamm.
Die Energiepolitikerin der Grünen-Fraktion, Sylvia Kotting-Uhl, betont, das Boni-System müsse überarbeitet werden, denn der Gülle-Bonus in Verbindung mit der Mais-Vergütung fördere letztlich auch die Massentierhaltung. «Die Entwicklung in Niedersachsen ist ein echtes Problem», sagt sie. «Die Idee einer Marktprämie für die gesteuerte Nutzung von Biomasse ist überlegenswert.» Statt kontuierlich Strom zu produzieren, könnten die Biogasanlagen in der grünen Energiezukunft als «Schattenkraftwerke» immmer dann Strom liefern, wenn gerade kein Wind wehr oder die Sonne nicht scheint, also anderweitig Strom gebraucht wird, sagt Kotting-Uhl. (dpa)