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09.09.2018 | 11:32 | Seuchenbekämpfung 

Afrikanische Schweinepest wird zur großen Herausforderung für die EU

Brüssel - Die Afrikanische Schweinepest (ASP) stellt die Europäische Union nach Einschätzung von Gesundheitskommissar Vytenis Andriukaitis im Vergleich zu anderen Tierseuchen gegenwärtig vor die größten Probleme.

Afrikanische Schweinepest
Seit Jahresbeginn fast 1.000 ASP-Ausbrüche bei Hausschweinen und 4.000 infizierte Wildschweine. (c) proplanta
Wie der Litauer am vergangenen Donnerstag (6.9.) auf einer Konferenz über grenzüberschreitende Tierseuchen in Europa in Brüssel erklärte, sind in der EU seit Jahresbeginn annähernd 1.000 ASP-Ausbrüche bei Hausschweinen und fast 4.000 infizierte Wildschweine identifiziert worden. Erstmals wurde kürzlich ein ASP-Fall in einem Schweinebestand in Bulgarien bestätigt; die stärksten Zunahmen bei Neuinfektionen gibt es derzeit in Rumänien. Aber es gebe Hoffnungsschimmer, so etwa die schnelle und effektive Eindämmung des diesjährigen Ausbruchs in den Wildschweinebeständen Tschechiens, erklärte Andriukaitis.

Am wichtigsten für ein effektives ASP-Seuchenmanagement sei zuallererst eine konsequente und grenzüberschreitende Überwachung sowohl in betroffenen als auch in nicht betroffenen Gebieten. Zudem sei die Anwendung anerkannter Quarantänemaßnahmen sowie die Überwachung des Handels potentiell betroffener Produkte besonders wichtig.

Des Weiteren hält der Gesundheitskommissar die Umsetzung der EU-Strategie zur Verhütung - und schließlich Beseitigung - der ASP für unverzichtbar. Diese Strategie beinhalte verschiedene Elemente, die von der Jagd bis zur Biosicherheit, vomWildschweinmanagement bis zum Kampf gegen den „schlimmsten Feind“, dem sogenannten „menschlichen Faktor“, reiche. Gerade die Übertragung durch menschliches Fehlverhalten sei für unvorhersehbare „Sprünge“ der Krankheit verantwortlich, erläuterte Andriukaitis.

In der Wachsamkeit nicht nachlassen

Der Kommissar warnte davor, dass bei einer unkontrollierten Ausbreitung des Virus die Auswirkungen auf die Schweinehaltung Europas sowie global dramatisch wären. Wie der aktuelle Fall in Bulgarien zeige, dürften die Verantwortlichen in ihrer Wachsamkeit nicht nachlassen. Nach Angaben der staatlichen Agentur für Lebensmittelsicherheit in Bulgarien hat sich am vorvergangenen Freitag (31.8.) erstmals ein ASP-Ausbruch in einem Nutzschweinebestand bestätigt. Betroffen war eine Hinterhofhaltung mit sieben Schweinen im Dorf Tutrakntsi in der Provinz Varna, knapp 100 km südlich der Grenze zu Rumänien.

Dem Landwirtschaftsministerium in Sofia zufolge wurden in dem Ort zur Seuchenprävention 65 Schweine gekeult und Sicherheitszonen mit Transportbeschränkungen eingerichtet sowie umfangreiche Desinfektionsmaßnahmen durchgeführt. Landwirtschaftsminister Roumen Porozhanov versicherte, dass alle Maßnahmen ergriffen würden, um eine weitere Ausbreitung der Seuche zu verhindern. „Wir versuchen unser Bestes, um herauszufinden, woher die Infektion in Bulgarien kommt“, erklärte Porozhanov. Es gebe viele Wege der Einschleppung, doch bestehe der begründete Verdacht, dass der Eintrag in Tutrakantsi über Futter geschehen sein könnte, das über die rumänische Hafenstadt Constanza bezogen worden sei, erläuterte der Minister.

Ende Juli hatte Bulgarien damit begonnen, einen etwa 133 km langen Schutzzaun an der Grenze zu Rumänien zu errichten, um sich vor einer Einschleppung der ASP durch Wildschweine zu schützen. Fast 160.000 Schweine in Rumänien gekeult In Rumänien gab es laut Mitteilung der nationalen Veterinärbehörde (ANSVSA) vom vergangenen Donnerstag (6.9.) im bisherigen Jahresverlauf bereits 826 Ausbrüche der Afrikanischen Schweinepest in Nutzschweinebeständen und 46 bei Wildschweinen. Insgesamt mussten deshalb fast 160.000 Schweine im Zuge der Seuchenbekämpfung gekeult werden.

Betroffen waren neben vielen kleineren Hinterhofhaltungen auch kommerzielle Schweinefarmen, darunter mit Tebu Consult Invest der größte Schweinebe trieb Rumäniens und der Schweinefleischhersteller Carniprod mit eigenen Mastanlagen. Laut ANSVSA ist die Tierseuche bisher in 190 Gemeinden, die in elf Landkreisen liegen, aufgetreten. Die Infektionsgebiete befinden sich im Nordwesten und im Südosten des Landes.

Presseberichten zufolge sollen kleine Hauswirtschaften verendete Schweine in der Donau entsorgt haben, so dass eine Virusverbreitung über das Wasser nicht mehr ausgeschlossen wird. Der Verband der professionellen Schweineproduzenten in Rumänien (APCPR) beklagte indes unzureichende Bekämpfungsmaßnahmen. Man müsse „hilflos zusehen, wie sich die Seuche explosionsartig ausbreitet“, monierte der Verband. Die Übertragung von Zuständigkeiten von der zentralen auf die lokale Ebene habe zu einem Versagen bei der Seuchenbekämpfung geführt. Gefahr gehe vor allem von den nicht registrierten Kleinsthaltungen aus, die kaum der Überwachung unterlägen.

Landwirte und Jäger alarmiert

Alarmiert von der Zunahme der ASP-Fälle zeigte sich der Bauernverband Mecklenburg-Vorpommern. „Für uns Schweinehalter sind das katastrophale Neuigkeiten. Die Biosicherheit scheint nicht überall gleich groß geschrieben zuwerden“,monierte der Vorsitzende des Fachausschusses Vieh und Fleisch im Landesbauernverband, Stefan Wille-Niebur. Die Vermutung, dass sich das Virus auch über die Donau verbreiten könnte, sei zwar noch nicht verifiziert, aber es würde das Problem verschärfen. „Vor diesem Hintergrund wollen wir alle Landwirte dafür sensibilisieren, die Herkunft ihres Futters genau zu prüfen“, betonte Wille-Niebur.Generell seien alle Landwirte gut beraten, sich vor dem Futterkauf vom Verkäufer zusichern zu lassen, dass es nicht aus Gebieten komme, in denen die ASP bereits aufgetaucht sei.

Der Deutsche Jagdverband (DJV) rief angesichts der Vorfälle erneut alle Jagdreisenden in osteuropäische Länder zu besonderer Vorsicht auf. Jäger sollten nach dem Aufenthalt ihre Ausrüstung wie Messer, Bekleidung und Stiefel noch im Gastland sorgfältig reinigen und desinfizieren. Jäger, die mit dem eigenen Auto angereist seien, sollten dieses möglichst nicht für Revierfahrten nutzen und noch vor Antritt der Rückreise desinfizieren. Auch Schwarzwild- Trophäen müssten desinfiziert werden. Der DJV wies auch darauf hin, unbedingt auf den Import von Wurst, Fleischwaren oder Hundefutter aus Restriktionszonen zu verzichten.

Mehr ASP-Fälle in China

In China hat sich die ASP in der vergangenen Woche mit fünf neuen Fällen ebenfallsweiter verbreitet. Seit dem ersten Ausbruch Anfang August in der nordöstlichen Provinz Liaonling hat sich die Zahl der infizierten Nutzschweinebestände auf zehn erhöht. Insgesamt wurden bisher nach Angaben des Pekinger Landwirtschaftsministeriums fast 40.000 Schweine im Rahmen der ASP-Bekämpfung vorsorglich getötet.

Betroffen sind sechs Provinzen, wobei zwischen den entferntesten Ausbruchsbetrieben mehr als 2.000 km liegen. „Die wahrscheinlichste Erklärung und der Grund für die großen Entfernungen, die das Virus zurückgelegt hat, sind verarbeitete oder rohe Schweinefleischprodukte und weniger die Bewegung lebender Tiere", erläuterte der Chefveterinär der Ernährungs- und Landwirtschaftsorganisation der Vereinten Nationen (FAO), Dr. Juan Lubroth, am vergangenen Donnerstag bei einer regionalen Krisensitzung in Bangkok. Nach Einschätzung des Experten war die bisherige Entwicklung in China „erst die Spitze des Eisbergs“.

Aufgrund der großen Bedeutung und des Handels mit Schweinefleisch in Asien sei dort eine Verbreitung auch in andere Länder „ziemlich wahrscheinlich“. Es gehe nicht mehr um die Frage „ob, sondern wann“ sich das Virus ausbreite und wie Schäden minimiert werden könnten. Der Leiter des FAO-Notfallzentrums für grenzübergreifende Tierkrankheiten in Asien (ECTAD), Wantanee Kalpravidh, bescheinigte indes den chinesischen Behörden, „den Ausbruch sehr ernst genommen und proaktiv Informationen und Erfahrungen mit der FAO und den Nachbarländern über die Ausbreitung des Virus und die bisherigen Aktivitäten geteilt zu haben“.
AgE
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