Die von EU-Agrarkommissarin Mariann Fischer Boel vorgelegten Vorschläge reichten nicht, um die Milchkrise zu überwinden, erklärten die Minister am Freitag zum Abschluss ihrer Herbstkonferenz in Eisleben in Sachsen-Anhalt. Sie warnten vor nationalen Alleingängen gegen die Milchpreiskrise. Es gebe kaum wirksame Möglichkeiten, den
Milchmarkt durch staatliche Eingriffe kurzfristig zu stabilisieren.
Die Tagung wurde begleitet von wütenden Protesten von Milchbauern, die tausende Liter Milch vor den Konferenzort kippten und den Eingang stundenlang blockierten. Die Milchbauern bekommen in Deutschland nach Angaben des Bauernverbands derzeit zwischen 20 und 27 Cent pro Liter Milch. Die
Milchviehhalter fordern etwa das Doppelte, um kostendeckend zu arbeiten. Die Agrarminister warnten, einseitige nationale Maßnahmen seien keine Garantie dafür, dass die
Milchpreise steigen. Es müssten aber alle Möglichkeiten genutzt werden, um wettbewerbsfähige Betriebe am Markt zu halten. «Wir wollen den Milchbauern nach unseren Möglichkeiten helfen», sagte Sachsens Agrarminister Frank Kupfer (CDU). Bundesagrarministerin Ilse
Aigner (CSU) kündigte an, in der kommenden Woche nach Brüssel zu fahren, um mit der
EU-Kommission weiterzuberaten.
Die EU-Agrarkommissarin hatte am Donnerstag Vorschläge für weitere Hilfen gemacht. Die EU-Mitgliedsländer sollen Milchmengen aufkaufen können, um das Angebot besser zu verringern. Fischer Boel will die Regeln für den Aufkauf von Milchquoten - der Obergrenze der
Milchproduktion - durch die Mitgliedstaaten ändern. Als Folge könnten Strafen eher fällig werden, wenn die Staaten ihre Quote überziehen. In Preisverhandlungen mit der Industrie sollen Milchbauern gestärkt werden. Die EU-Agrarminister müssen den Vorschlägen noch zustimmen. «Wir dürfen (...) nicht dem Irrtum erliegen, dass eine Quotenverknappung durch Maßnahmen auf nationaler Ebene die Milchpreissituation nachhaltig beeinflussen könnte», sagte Kupfer.
Aigner räumte ein: «Wir werden eine Quotenreduzierung auf europäischer Ebene nicht bekommen, 21 Länder sind dagegen». Die Länderminister verlangten von der Bundesregierung eine stärkere
Absatzförderung und die Neuauflage eines Programms zur Förderung von Langzeitkrediten aus Bundesmitteln. Der Bundesverband Deutscher Milchviehhalter, in dem rund ein Drittel der Milchbauern organisiert ist, zeigte sich enttäuscht vom Treffen der Länderminister. Sie trügen mit ihrer «Blockadehaltung» die volle Verantwortung für die Milchmarktkrise, erklärte der Verbandsvorsitzende, Romuald Schaber.
Der Agrarexperte im SPD-Wahlkampfteam, Vize-Bauernpräsident Udo Folgart, warnte vor negativen Folgen für Milchbauern, weil die EU- Kommission den Ball an Aigner zurückgespielt habe. Grünen- Fraktionsvize Bärbel Höhn warf den Ländern Scheinheiligkeit vor, wenn sie neue EU-Hilfen forderten, ohne nationale Möglichkeiten zur Senkung der Milchmenge zu ergreifen. (dpa)