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24.10.2022 | 07:35 | EU-Gentechnikrecht 

EU-Kommission will 2023 Gentechnikrecht und Tierschutz angehen

Brüssel - Die EU-Kommission hat sich für das Jahr 2023 mit Blick auf das Agrar- und Umweltrecht einiges vorgenommen.

EU-Gentechnikrecht
Rechtsvorschriften für neue genomische Techniken im zweiten Quartal erwartet - Im dritten Quartal soll Neuregelung des EU-Tierschutzrechts präsentiert werden. (c) Remar - fotolia.com
Wie die Brüsseler Behörde dazu am Dienstag (18.10.) mitteilte, ist unter anderem zum europäischen Gentechnikrecht und zum Tierschutz die Vorlage neuer Gesetzesvorschläge geplant. Ferner sollen ein Entwurf zur Reduzierung der Lebensmittel- und Textilverschwendung sowie eine Gesetzesinitiative zu gesunden Böden präsentiert werden.

Im Einzelnen ist laut Kommission geplant, dass im zweiten Quartal Rechtsvorschriften für die neuen genomischen Techniken wie gezielte Mutagenese oder Cisgenese vorgelegt werden. Hier ist nach Auffassung vieler Akteure, insbesondere der Pflanzenzüchter, eine Anpassung dringend notwendig. Im Jahr 2018 hatte der Europäische Gerichtshof (EuGH) geurteilt, dass Organismen, die durch Mutagenese gewonnenen werden, als gentechnisch veränderte Organismen (GVO) einzustufen seien und deshalb „grundsätzlich“ den Verpflichtungen aus der EU-Richtlinie unterliegen würden.

Diese stammt noch aus dem Jahr 1990 und wurde 2001 in Teilen novelliert. Im Zeitraum Juli bis September 2023 ist der Brüsseler Behörde zufolge mit Vorschlägen zur Neuregelung des Tierschutzrechts zu rechnen. Bisher kontrovers diskutiert wurde hier unter anderem die seit 2005 geltende Tiertransportverordnung.

Dabei drängt das Europaparlament auf kürzere Transportzeiten, mehr Kontrollen und ein grundsätzliches Transportverbot für sehr junge Tiere. Zuletzt hatte die zuständige EU-Gesundheitskommissarin Stella Kyriakides angekündigt, auch die Problematik des Tötens männlicher Hühnerküken aus Legehennenlinien im Rahmen der „Tötungs-Verordnung“ angehen zu wollen.

Regelung zum Bodenschutz in der Pipeline

Im Weiteren will die EU-Kommission im zweiten Quartal 2023 eine Überarbeitung der Lebensmittelabfall- und Textilvorschriften in der EU-Abfallrahmenrichtlinie vorstellen. Zudem wurde für die Monate danach ein gesetzlicher Rahmen für sogenannte „nachhaltige Lebensmittelsysteme“ angekündigt. Außerdem soll es nach vielen gescheiterten Anläufen in den beiden vergangenen Jahrzehnten einen Gesetzesvorschlag inklusive einer Folgenabschätzung „zum Schutz, zur nachhaltigen Bewirtschaftung und zur Wiederherstellung der Böden in der EU“ geben.

Schließlich will die Brüsseler Behörde die Überarbeitung der Verordnung zur Bewertung und Zulassung von Chemikalien (REACH) im vierten Quartal vorlegen. Diese umfasst als Teil der Chemikalienstrategie Regeln zum Umgang mit Chemikalien, darunter auch Pflanzenschutzmittel. Ursprünglich hatte die Kommission den Rechtstext hierzu bereits für Ende dieses Jahres angekündigt.

Zunehmender Zeitdruck

Darüber hinaus will die EU-Kommission verschiedene Gesetzesvorhaben im nächsten Jahr idealerweise abschließen. Dazu zählt unter anderem die auf erbitterten Widerstand in der Landwirtschaft gestoßene Pflanzenschutzanwendungsverordnung. Der Vorschlag dazu sieht bekanntlich eine Halbierung des Wirkstoffeinsatzes bis 2030 und ein komplettes Anwendungsverbot für Pflanzenschutzmittel in sensiblen Schutzgebieten vor.

Zum Abschluss gebracht werden soll zudem die EU-Industrieemissionsrichtlinie, mit der die Kommission auch die Regeln für die Tierhaltung verschärfen will. Nach 2023 bleibt der EU-Behörde kaum mehr Zeit dafür, da im Frühjahr 2024 das Europaparlament neu gewählt wird. Die Amtszeit der jetzigen Kommission endet offiziell am 31. Oktober 2024.

Was ist mit der Saatgutverordnung?

Der agrarpolitsche Sprecher der Grünen im Europäischen Parlament, Martin Häusling, kritisiert die Verzögerungen bei der Vorlage zur REACH-Novellierung. Damit werde die Kommission unter ihrer Präsidentin Dr. Ursula von der Leyen nicht für einen besseren Schutz von Mensch und Umwelt vor schädlichen Chemikalien sorgen. Völlig unerwähnt bleibe auch die Saatgutverordnung, deren Vorlage ursprünglich bereits im vierten Quartal dieses Jahres erfolgen sollte.

Ferner kritisiert der Europapolitiker, dass der Arbeitsplan der Kommission keinen Vorschlag zum Exportverbot von Pflanzenschutzmitteln in Drittstaaten vorsehe. „Das wäre aber überfällig, denn Pestizide, die bei uns verboten sind, schaden auch andernorts Gesundheit und Biodiversität und kommen zudem mit Lebens- und Futtermitteln zu uns zurück.“

Die Leiterin der Tierschutzorganisation Compassion in World Farming EU, Olga Kikou, warnte unterdessen mit Blick auf die Pläne zur Überarbeitung des EU-Tierschutzrechts davor, dass es nach der Vorlage der Entwürfe „viele Jahre“ dauern könne, bis EU-Gesetze verabschiedet werden. Angesichts der bevorstehenden Wahlen zum Europaparlament und der Ernennung der neuen EU-Kommissare im Jahr 2024 werde die Zeit für das versprochene Ende der Käfighaltung in der Tierhaltung immer knapper.
AgE
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