Wenn im Frühjahr die Felder bestellt werden, gilt in Rheinland-Pfalz eine neue Düngeverordnung. In Gebieten mit besonders hoch belastetem
Grundwasser wird das Düngen begrenzt. Die Ausweisung dieser Gebiete sorgt in landwirtschaftlichen Betrieben für Verunsicherung.
Das
Landwirtschaftsministerium in Mainz habe sich bei der Umsetzung der Bundesverordnung zum Düngen durchaus Mühe gegeben, sagt der Präsident der
Landwirtschaftskammer, Norbert Schindler. «Das muss man anerkennen.» Bei der neuen Bestimmung «roter Gebiete» mit überhöhten Nitratwerten im Grundwasser gebe es aber zahlreiche nicht nachvollziehbare Abgrenzungen. «Deswegen bleibt viel Unverständnis.»
So gebe es trotz gleicher Bewirtschaftung in einer Region unterschiedlich ausgewiesene Gebiete, etwa in Rheinhessen. Ein Erdbeerbetrieb in der nördlichen Pfalz habe Flächen, die bis zur Gemarkungsgrenze als rot ausgewiesen seien - «dort hört es auf».
Zum Teil führten die Abgrenzungen quer durch eine Gewannflur. «Das kann ein Praktiker unmöglich nachvollziehen», sagt Schindler. Wenn ein
Betrieb mit 100 Hektar fünf oder zehn Hektar in einer roten Enklave habe, müsse er für diese eine eigene Düngemittelbilanz dokumentieren und auflisten, an welchem Tag dort Dünger ausgebracht worden sei.
Im Fachausschuss des Landtags sagte
Landwirtschaftsminister Volker Wissing (FDP), das neue wissenschaftliche Wasserhaushaltsmodell berücksichtige eine Vielzahl von Daten, darunter Niederschläge, Verdunstung an der Oberfläche, Wasserabfluss und Versickerung. Dies erkläre auch «von Landwirten als Fehler betrachtete Ausweisungen einzelner oder mehrerer Flurstücke, besonders in Randbereichen zusammenhängender Gebiete».
Die Umstellung hat zur Folge, dass in Rheinland-Pfalz jetzt rund 23 Prozent der landwirtschaftlichen Nutzfläche als nitratbelastet ausgewiesen werden - statt bisher 50 Prozent.
Schindler sieht jedoch dringenden Korrekturbedarf und fordert eine Übergangszeit mit dem Verzicht auf Sanktionen. Mit Beginn der Düngesaison im Frühjahr benötigten die
Betriebe Rechtssicherheit. Auch die beiden Bauern- und Winzerverbände im Land kritisierten die Abgrenzungen der «roten Gebiete» als «nicht nachvollziehbar und auch nicht praxisgerecht».
Der Europäische Gerichtshof hatte 2018 geurteilt, dass Deutschland gegen Verpflichtungen zur Reinhaltung des Grundwassers aufgrund der europäischen
Nitratrichtlinie verstoßen hat. In den mit
Nitrat und
Phosphat belasteten Gebieten gelten besondere Auflagen für das Düngen, um das Grundwasser zu schützen. Diese Flächen befinden sich vor allem in der Gemüsebauregion der Vorderpfalz oder in Weinanbaugebieten, aber auch in Ackerbauregionen, etwa im Hunsrück.
Der Grenzwert für Nitrat im Grundwasser liegt bei 50 Milligramm je Liter. Nitrate sind wasserlösliche Salze der Salpetersäure, der Verbindung von Stickstoff (N) mit Wasser (H) und Sauerstoff (O) zu HNO3. Stickstoff ist ein elementarer Baustein allen Lebens. Durch chemische Zerfallsprozesse können aus den ungefährlichen Nitraten gesundheitsgefährdende Nitrite entstehen.
In der Vorderpfalz habe sich bei den roten Gebieten erwartungsgemäß nicht viel geändert, sagt der Landwirt und CDU-Landtagsabgeordnete Johannes Zehfuß in Böhl-Iggelheim (Rhein-Pfalz-Kreis). Im
Gemüseanbau sei einfach eine andere Stickstoffversorgung nötig als etwa beim Weizen: «Wir können diese Vorgaben nicht so einhalten wie ein Ackerbaubetrieb.» Und bei den geringen Niederschlagsmengen in der Vorderpfalz komme das Nitrat hochkonzentriert im Grundwasser an.
Um den Stickstoffeintrag zu begrenzen, gibt es spezielle Düngerstreusysteme, bei denen nicht mehr 100 Prozent der Fläche gedüngt werden, sondern nur das eigentliche Beet. «Dann sparen wir ohne Qualitätseinbußen 20 Prozent», erklärt Zehfuß und fordert eine gezielte Förderung für diese Technik.
Aber auch die Verbraucher und der
Lebensmitteleinzelhandel seien gefordert: «Das Radieschen-Grün oder Karotten-Grün bedingt einen höheren, fürs Produkt eigentlich nicht nötigen Düngereinsatz», sagt Zehfuß. Aber die frischen Blätter an den Wurzeln seien vom Handel so verlangt. «Dies zeigt, dass die Stickstoffproblematik im Boden nicht nur ein Problem ist, das der Landwirt verursacht, sondern ein gesamtgesellschaftliches Problem.»