Im Interview mit der Nachrichtenagentur dpa zog Habeck ein erstes Fazit.
Frage: Welche Schlussfolgerungen ziehen Sie aus Ihren Betriebsbesuchen?
Antwort: Es gibt eine Entfremdung zwischen der Landwirtschaft und der Gesellschaft, dem Verbraucher. Wer sein Stück Schweinefleisch zum Angebotspreis beim Discounter kauft, macht sich selten klar, was dahinter steckt, unter welchen Bedingungen Tiere gezüchtet und gemästet werden und wie sie sterben.
Frage: Und wie genau sieht das aus?
Antwort: Ein ehrlicher Blick ist hart. Wenn Sauen kaum beweglich im Gitter liegen, um die Ferkel zu säugen, dann irritiert mich das. Wenn Rinder im Minutenakkord geschlachtet werden, befremdet mich das. Die schiere Menge an Fleisch führt mich an meine Grenzen. Ich habe auf viele Fragen plausible Antworten bekommen. Die säugende Sau liegt im Schutzgitter, weil sie sonst ihre Ferkel erdrückt. Schweineschwänze werden kupiert, weil wir noch nicht erklären können, warum Schweine Schwänze abbeißen und so noch keine gesundheitlich bessere Lösung für die Tiere kennen. Aber jede Antwort wirft wieder Fragen auf.
Frage: Wollen Sie die intensive Nutztierhaltung infrage stellen?
Antwort: Ich bin Realist. Wenn die Verbraucher weiter viel Fleisch für wenig Geld essen wollen, werden wir nicht um eine industriell geprägte, intensive Haltung von sehr vielen Tieren in den Betrieben umhinkommen. Aber sie muss dem Tierwohl und der Umwelt verpflichtet sein. Das ist viel leichter gesagt als getan, weil dahinter zum Teil auch Widersprüche in sich stecken.
Frage: Müssten die Landwirte dem Tierwohl einen höheren Stellenwert geben?
Antworten: Die Landwirte, die ich getroffen habe, achten und wertschätzen ihre Tiere, obwohl sie intensiv wirtschaften. Aber sie stecken in harten Zwängen, die der Verbraucher mit seinem Kaufverhalten prägt. Oft ist der niedrigste Preis die oberste Priorität.
Frage: Was kann die Politik tun?
Antwort: Wir können innerhalb des bestehenden Systems höhere Standards herbeiführen - etwa über das Ordnungsrecht. Aber damit bleiben wir im System. Ich will nicht die Bauern aus der Pflicht für mehr Tierwohl und höhere Umweltstandards nehmen, aber die Politik muss auch die Seite der Vermarktung und der Nachfrage im Blick haben. Doch wenn tierische Produkte im Einzelhandel verramscht werden, ist das ein Skandal. (dpa/lno)