Das gilt insbesondere für den Kern dieser Reform, die Direktzahlungen an bestimmte ökologische und soziale Kriterien zu binden. Diese Zahlungen bilden den größten Teil der Brüsseler Agrarmittel. Die Verbände würdigen die Standhaftigkeit insbesondere von EU-Agrarkommissar Dacian
Ciolos, der dem heftigen Druck aus Hauptstädten wie auch Berlin standgehalten habe und bei einer klaren und direkten Bindung der Zahlungen geblieben sei.
Unterschiedlich fällt die Bewertung der Verbände bezüglich der konkreten Ausgestaltung der drei ökologischen Kriterien aus. Deutlich positiv werten die Verbände den Vorschlag der Kommission, dass die Zahlungsempfänger nun auf mindestens 7 Prozent ihrer Ackerflächen die Nutzung so ausrichten müssen, dass damit klare Vorteile für den Schutz der Biologischen Vielfalt und der Umwelt verbunden sind. Das sei ein wichtiger Schritt, auch wenn die Verbände einen Anteil von 10 Prozent fordern, um das von der EU gesetzte Ziel, den Rückgang der
Artenvielfalt zu stoppen, zu erreichen.
Deutliche Kritik üben die Verbände an der konkreten Ausgestaltung der anderen zwei ökologischen Kriterien für die Zahlungen: Bei der
Fruchtfolge und dem Grünlanderhalt sei die Kommission weit hinter dem Notwendigen zurückgeblieben. Hier habe der Widerstand aus Bauernverbänden und Agrarindustrie seinen Niederschlag gefunden.
Die Fruchtfolge-Anforderung, bei der eine Frucht wie Mais weiterhin bis zu 70 Prozent der betrieblichen Ackerfläche ausmachen kann, ist aus Sicht der Verbände nicht geeignet, den Trend z.B. zu Mais-Monokulturen zu bremsen. Auch fehlt den Verbänden die Vorgabe, einen Mindestanteil der Ackerfläche mit heimischen Leguminosen zu bestellen, um so zu einem ökologisch nachhaltigen Anbausystem zu kommen und eine europäische Eiweißstrategie zu entwickeln. Bei der dritten Anforderung, Wiesen und Weiden (Dauergrünland) zu erhalten, kritisieren die Verbände, dass die Kommission mit dem Referenzjahr 2014 einen Zeitpunkt in der Zukunft vorschlägt. Die Verbände fordern die Bundesregierung und Bundesländer auf, mit klaren Vorgaben zu verhindern, dass es im Vorfeld des Referenzjahres 2014 zu einem systematischen Grünlandumbruch kommt.
Begrüßt wird von den Verbänden, dass die Kommission die Direktzahlungen pro Betrieb und Jahr in der Höhe begrenzen und dabei arbeitsintensive Bereiche wie Milchvieh, Gemüseanbau oder ökologischen Landbau positiv berücksichtigen will. Jedoch seien die Grenzen zu hoch, außerdem sei es unfair, bei den Betrieben, wo die Obergrenze greift, die vollen Lohnkosten anzurechnen.
Für geradezu fatal halten es die Verbände, dass die
EU-Kommission als ein Ziel der EU-Agrarpolitik aufgenommen hat, der europäischen Agrar- und Ernährungsindustrie Marktanteile an den internationalen Agrarmärkten zu sichern, und sich nicht in einem eigenem Kapitel mit der internationalen Verantwortung der eigenen
Agrarpolitik auseinandersetzt. Die EU ist bereits Netto-Importgebiet von Lebens- und Futtermitteln. Die Exportstrategie der EU-Agrarwirtschaft basiert also auf der entwicklungspolitisch und ökologisch unverantwortlichen Inanspruchnahme außereuropäischer Ressourcen. Gleichzeitig untergräbt sie die für die Ernährungssicherung der Weltbevölkerung dringend notwendige Stärkung der bäuerlichen Landwirtschaft auch in Entwicklungsländern.
Zur Zweiten Säule der EU-Agrarpolitik, der Förderung der Ländlichen Entwicklung, begrüßen die Verbände eine Veränderung in letzter Minute gegenüber den Vorentwürfen der Kommission. Es soll nun doch dabei bleiben, dass die Mitgliedstaaten mindestens 25 Prozent der EU-Mittel in der 2. Säule für Agrarumweltmaßnahmen und benachteiligte Gebiete einsetzen müssen. Damit geht die Kommission auf eine wichtige Forderung der Verbände ein.
Die Verbände fordern die Bundesregierung als Teil des EU-Agrarrates und die Abgeordneten des mit entscheidenden Europäischen Parlaments auf, einerseits die positiven Ansätze der Kommissionsvorschläge zu erhalten und mit einer wirksamen Ausgestaltung zu stärken und andererseits sich für eine insgesamt ökologisch und entwicklungspolitisch förderliche Ausrichtung der EU-Agrarpolitik stark zu machen.
Eine eingehende Bewertung der Kommissionsvorschläge wird die Verbände-Plattform in Kürze vorlegen. (abl)