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01.12.2012 | 14:56 | Getreidemarkt 

Agrarmarkt aktuell: Anspannung beim Getreide

Schwäbisch Gmünd - Inzwischen liegen die Ausmaße der Dürre in den USA sowie der schwächeren Ernten in Osteuropa und Russland auf dem Tisch.

Getreide
(c) proplanta
Schätzte man die Weltgetreideernte im Mai noch auf 1.905 Mio. t so sind es heute gerade noch 1.763 Mio. t. Damit fehlen mehr als 140 Mio. t. Eine Entspannung ist nicht in Sicht, zumal die ersten Staaten im Osten (Ukraine) inzwischen einen Exportstopp für Getreide verhängt haben und auch die erwarteten Getreideernten auf der Südhalbkugel wohl kaum noch Wunder vollbringen können.

In der EU-27 ist die Getreidebilanz 2012 doch deutlich schwächer ausgefallen als ursprünglich angenommen. Nur knapp 272 Mio. t wurden geerntet, das ist das schlechteste Ergebnis seit 2007. Der Verbrauch wird mit gut 269 Mio. t nur wenig darunter gesehen. Man geht inzwischen davon aus, dass die Endbestände nochmals deutlich schrumpfen werden, da der Netto- Getreideexport auf rund 7 Mio. t taxiert wird. Damit werden aus heutiger Sicht am 30.06.2013 weniger als 30 Mio. t noch in den Lagern liegen, was einer Reichweite von nur noch 40 Tagen entspricht.

Entgegen erster Befürchtungen fiel die deutsche Getreideernte mit 44,7 Mio. t Getreide deutlich besser aus als man im Sommer noch geglaubt hatte. Nach einer leicht defizitären Getreidebilanz im Vorjahr dürfte damit wieder eine leicht positive Bilanz stehen. Der Endbestand wird sich dennoch voraussichtlich erneut leicht rückläufig zeigen, da Deutschland immer zu den Nettoexporteuren von Getreide zählte.

Die deutsche Ernte an Bio-Getreide lag 2012 bei 685.000 t (+7 %, ohne Körnermais), was 1,5 % der gesamten Getreideernte in Deutschland entspricht.


Futtergerste

2012 war zwar ein schwaches Wintergerstenjahr, entgegen ursprünglicher Befürchtung fielen die ha-Erträge mit 65 dt/ha doch durchschnittlich aus. Dass insgesamt nur 7,1 Mio. t (Ø 5-Jahre: 9,1 Mio. t) eingefahren werden konnten, war ausschließlich der Flächenverluste durch die Frosttage Ende Februar geschuldet. Von den ursprünglich 1,24 Mio. ha Aussaatfläche konnten nur 1,09 Mio. ha gedroschen werden. Im Gegenzug erfuhr die Sommergersten- und die Körnermaisfläche eine deutliche Ausweitung. Sommergerste brachte dann auch rund 3,25 Mio. t Erntegut, knapp 1 Mio. t mehr als im 5-jährigen Durchschnitt. Bei Gerste insgesamt fehlt dann aber immer noch rund 1 Mio. t Gerste gegenüber dem 5-jährigen Durchschnitt. In der EU fiel die Gerstenernte mit 54,4 Mio. t besser aus als im Vorjahr und übersteigt den Binnenverbrauch um knapp 5 Mio. t. Weltweit hingegen weist die Gerstenbilanz 2012/13 zum dritten Mal nacheinander ein Defizit (2,7 Mio. t) aus. Einer Erntemenge von 130,8 Mio. t steht laut USDA ein Verbrauch von 133,5 Mio. t gegenüber.

Die Nachfrage nach Futtergerste lebt auf. Die Futtermittelindustrie scheint nur relativ knapp versorgt zu sein. Die Erzeugerpreise tendieren seit Wochen seitwärts und liegen auf einem Niveau von rund 21,50 €/dt. Bio- Futtergerste kostete im Oktober auf 36,76 €/dt.


Braugerste

Der Sommergerstenanbau 2012 profitierte von den Auswinterungen bei Weizen und Wintergerste. Im Januar war man noch der Meinung es würde maximal den Umfang des Vorjahres abgebaut, eher sogar noch weniger. Im Juli standen dann ca. 560.000 ha (+ 40 %) zum Drusch an. Das Ertragsniveau mit 54,9 dt/ha lag deutlich über dem 5-Jahresdurchschnitt von 47,1 dt/ha, weil viele der rund 140.000 ha Nachsaatbestände als Futtergerste geführt wurden. Dennoch fällt das Angebot an Braugerste mit gut 1,5 Mio. t in Deutschland nicht allzu eng aus, da selbst als Futtergerste geführte Sommergerste teilweise braufähige Qualitäten erreichte. Die Verarbeiter berichten von einer guten Deckung bis Jahresende, so dass der Markt lediglich von einem ruhigen Bedarfsgeschäft geprägt ist. Entsprechend liegen die Erzeugerpreise mit 23 €/dt auf einem, im Vergleich zum Weizen, eher enttäuschenden Niveau. Franko Mannheim kostet Braugerste derzeit 26,50 €/dt. Der Mai-Kontrakt an der MATIF hat sich nach einem Einbruch Mitte Oktober auf unter 250 €/t zwischenzeitlich wieder auf ein Niveau von knapp über 270 €/t erholt.


Brotweizen

Wegen der Auswinterungen und der deutlich geringeren Winterweizenfläche konnte in Deutschland nur eine unterdurchschnittliche Ernte von 22,4 Mio. t eingefahren werden. 110.000 ha mehr Sommerweizen milderten zwar der Rückgang noch ab, dennoch lag die Weizenernte 350.000 t unter Vorjahr und 1,1 Mio. t unter dem 5-Jahresschnitt. In guten Jahren wurden auch schon 25 Mio. t Weizen und mehr gedroschen. Zwar dürfte die inländische Weizenbilanz trotzdem noch knapp positiv ausfallen, dennoch ist mit einer engeren Versorgungssituation zu rechnen, da Deutschland traditionell zu den Weizenexporteuren zählt.

Hinzu kommt, dass die EU ihre Ernteschätzung für Weizen in den letzten 2 Monaten um knapp 4 Mio. t auf nun 123,5 Mio. t zurück nehmen musste. Damit kann bei einem Verbrauch von 113,5 Mio. t nur noch eine knapp überschüssige EU-Weizenbilanz erzielt werden. Da üblicherweise erhebliche Mengen des Brotgetreides auf den Weltmarkt fließen, geht man davon aus, dass die Endbestände gegenüber dem Vorjahr möglicherweise nochmals leicht rückläufig sein werden.

Weltweit geht man heute von einer Unterversorgung bei Weizen von 19 - 22 Mio. t aus. Die Schätzungen von IGC und USDA liegen hier nahe beieinander und weisen eine eindeutige Tendenz auf. Vor diesem Hintergrund sind die Weizenpreise an den Börsen zu Beginn der Ernte 2012/13 nahezu explodiert.

Am physischen Markt kostet Brotweizen mit rund 23 €/dt Erzeugerpreis derzeit etwa 4 €/dt mehr als im Vorjahr. Mittelfristig ist aufgrund der fundamentalen Daten eher mit einer festen Tendenz der Weizenpreise zu rechnen. Für Qualitätsweizen stehen zurzeit moderate Prämien von 0,50 - 0,70 €/dt, für E-Weizen hingegen 2 - 2,50 €/dt im Markt. Bio-Brotweizen lag im Oktober bei 42,2 €/dt.


Terminmarkt Weizen

Aufgrund der Fundamentaldaten hat sich der Weizenmarkt in den vergangenen Wochen belebt. Die knappe diesjährige Bilanz und immer wieder schlechte Nachrichten, v.a. aus den USA und den osteuropäischen Staaten, lassen die Weizenkurse praktisch aller Termine fest notieren. Nach einem langem Verharren bei 260 €/t ist bei den Kursen nun ein erneuter Anstieg um 10 - 15 €/ t zu verzeichnen. Derzeit steht Januarweizen 2012 an der MATIF bei über 275 €/t. Auch an der CBoT in Chicago zog Dezemberweizen in den letzten 2 Wochen von 840 auf 880 Cent/bushel an. Auch die Ernte 2013 notiert bereits knapp unter 250 €/t (Nov. 2013), 2014 steht aktuell bei 225 €/t (Nov. 2014). Im Rahmen des Risikomanagements sollte man deshalb schon jetzt über die Absicherung von Teilmengen der kommenden Ernten nachdenken.

Quelle: LEL Schwäbisch Gmünd
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