Dem ZEF-Leiter zufolge müsste eine solche Steuer für eine Lenkungswirkung beträchtlich ausfallen - Wählerstimmen damit nicht zu gewinnen - DGE-Präsident Watzl: Neue Ernährungsempfehlungen werden erarbeitet - Abteilungsleiterin Bell: Die Ernährungsstrategie ist eine wichtige Stellschraube zum Erreichen der Nachhaltigkeitsziele. (c) proplanta
Die Chancen auf eine Fleischsteuer zur Förderung eines solchen Ernährungsstils stuft er aber als gering ein, zumal diese beträchtlich sein müsste, um eine Lenkungswirkung zu entfalten.
„Und beträchtliche Steuern sind auch nicht unbedingt beliebt“, so der Leiter vom Zentrum für Entwicklungsforschung (ZEF) am Mittwoch (15.3.) auf dem 60. Wissenschaftlichen Kongress der Deutschen Gesellschaft für Ernährung (DGE) in Bonn. Dieser Stand unter dem Motto „Pflanzenbasierte Ernährung im Fokus. Vielseitig und zukunftsfähig“.
Qaim wies zudem darauf hin, dass die Akzeptanz für Steuern auf Fleisch mit einer Begründung auf das Tierwohl höher liege als auf dem Klimaschutz. „Das ist sehr interessant. Wenn es tatsächlich an’s Eingemachte geht, ist die Akzeptanz niedriger als beim Tierwohl“, betonte der Agrarökonom.
Wählerstimmen seien hiermit nicht zu gewinnen. Daher schrecke die Politik vor solchen Maßnahmen zurück. Bildung und Wissensvermittlung wiederum dauerten aber relativ lange, bis es zu einem Wandel komme.
Überall Veganismus nicht sinnvoll
Als weitere mögliche Stellschraube hin zu einem Ernährungswandel nannte der ZEF-Leiter den Abbau der tierischen Produktion über strengere nationale Vorschriften. Dann besteht laut Qaim allerdings die Gefahr, dass künftig verstärkt tierische Produkte importiert werden und der hiesige Fleischkonsum auf dem derzeitigen Niveau bleibt.
An einer drastischen Reduktion der hohen Verbrauchsmengen an Fleisch führt für den ZEF-Leiter aber kein Weg vorbei, wenn es mit der Nachhaltigkeit ernstgenommen werden solle. „Wir müssen bewusster konsumieren“, betonte Qaim in Richtung Verbraucher. Dass nun aber alle Veganer werden, sei nicht notwendig. „Veganismus für alle ist nicht nötig und global auch nicht die nachhaltigste Form der Ernährung“, stellte der Agrarökonom klar. Er forderte mehr Mut zur Transformation von der Politik.
Es geht nicht mehr nur um Gesundheit
Der Präsident der Deutschen Gesellschaft für Ernährung (DGE), Prof. Bernhard Watzl, unterstrich die Notwendigkeit einer pflanzenbasierten Ernährung. Er wies darauf hin, dass derzeit innerhalb der DGE neue lebensmittelbezogene Ernährungsempfehlungen erarbeitet werden. Dabei würden nicht nur Ernährungs- und Gesundheitsaspekte berücksichtigt, sondern auch Nachhaltigkeits- und Umweltkriterien.
Die Ableitung soll der DGE zufolge mittels mathematischer Optimierung stattfinden. Bislang erfolgt sie auf Basis einer adäquaten Nährstoffzufuhr und systematischer Reviews zu Lebensmittelgesundheitsrelationen. Die neuen Ernährungsempfehlungen bilden die Basis für die „10 DGE-Regeln“ und die DGE-Qualitätsstandards, die entsprechend angepasst werden.
Die Abteilungsleiterin für gesundheitlichen Verbraucherschutz im Bundeslandwirtschaftsministerium, Eva Bell, sieht in der geplanten Ernährungsstrategie der Bundesregierung „eine der wichtigsten Stellschrauben“, um die nationalen und internationalen Gesundheits-, Klima-, Biodiversitäts- und Nachhaltigkeitsziele zu erreichen.
Die Rahmenbedingungen sollten so gestaltet sein, dass eine pflanzenbetonte Ernährung leichter zu realisieren sei. Der Gemeinschaftsverpflegung misst Bell dabei „eine strategische Rolle“ bei.