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15.10.2010 | 14:45 | Erntebilanz Niedersachsen 

Ernte 2010: Wetterkapriolen mindern Ertrag und Qualität

Oldenburg - Die niedersächsische Ernte 2010 ist geprägt von Wetterextremen, die im Laufe des Jahres zunächst die Entwicklung der Pflanzen behinderten und später die Erntearbeiten zum Teil unmöglich machten.

Ernte 2010
Die Erträge bewegten sich bestenfalls auf mittlerem Niveau, die Qualitäten konnten in vielen Fällen nicht zufrieden stellen. Der Markt quittierte das geringe Angebot qualitativ guter Ware mit zum Teil guten Preisen. Diese „durchwachsene Bilanz“ zog Präsident Arendt Meyer zu Wehdel auf der Ernte-Pressekonferenz der Landwirtschaftskammer Niedersachsen, die gestern (14. Oktober) in Wunstorf (Region Hannover) stattfand.

In einem kurzen Rückblick ließ Meyer zu Wehdel die Wetterkapriolen dieses Jahres Revue passieren: Einem langen kalten Winter folgte ein kurzes Frühjahr mit kühlen Temperaturen bis in den Mai, Juni und Juli waren zu heiß und zu trocken, August und September zu kühl und zu nass. Für die Landwirtschaft hatte das gravierende Folgen: überwinternde Kulturen (Wintergetreide, Winterraps) starteten verspätet und zum Teil mit Auswinterungsschäden ins Frühjahr, Sommerkulturen (Mais, Zuckerrüben, Kartoffeln) konnten erst verspätet gesät bzw. gepflanzt werden. Alle Kulturen entwickelten sich nur unzureichend – zunächst wegen der niedrigen Temperaturen, später wegen Wassermangels. Zuletzt fand die Ernte mit Mähdrescher und Roder wegen nasser Böden unter erschwerten Bedingungen statt.

„Dieses Jahr hat uns nachdrücklich vor Augen geführt, wie abhängig die Landwirtschaft von der Natur ist“ folgerte der Kammerpräsident, der im diesjährigen Witterungsverlauf deutliche Hinweise auf den Klimawandel sieht. Die höheren Erzeugerpreise bezeichnete der Kammerpräsident als gerechtfertigt. Sie kompensierten zum Teil die geringen Erträge.

Laut Meyer zu Wehdel seien die Preise einiger Betriebsmittel bereits den Erlösen für landwirtschaftliche Produkte gefolgt. Als Beispiel nannte der Kammerpräsident Stickstoff- und Phosphat-Dünger: Anfang Oktober kosteten Harnstoff und AHL ein Drittel mehr sowie Kalkammonsalpeter und Triplephosphat über die Hälfte mehr als vor einem Jahr.


Die Ergebnisse im Einzelnen:

Getreide: In diesem Jahr wurden rund 860.000 Hektar (ha) angebaut. Das ist ein Minus von fünf Prozent gegenüber dem Vorjahr. Die Ernte belief sich auf 5,87 Mio. Tonnen (t), das sind rund 13 Prozent weniger als im Vorjahr. Den größten Anteil daran hat nach wie vor der in der Anbaufläche dominierende Winterweizen mit 3,48 Mio. t (Anbaufläche 441.000 ha). Die Erträge liegen hier rund sieben Prozent unter 2009.

Regional gab es große Unterschiede in den Hektarerträgen. Während sich die Einbußen auf den besseren Standorten in Grenzen halten, konnten auf leichteren Böden häufig nur unzureichende Ernten eingefahren werden.

Roggen, Gerste und vor der Schlechtwetterperiode geernteter Weizen verfügen über relativ gute Qualitäten: Die Fallzahlen, ein Gradmesser für die Backeignung, waren hoch, allerdings konnten die Hektolitergewichte, Maßstab für die Korngröße, nicht überzeugen. Anders sah es bei einer witterungsbedingt verspäteten Ernte aus. Etwa die Hälfte bis nahezu zwei Drittel des geernteten Weizens und Roggens erreichten nicht die üblichen Qualitätsstandards für Brotgetreide und werden deshalb als Futtergetreide vermarktet.

Während der Ernte erlösten niedersächsische Landwirte für ihren Weizen mit 181 Euro pro Tonne (Euro/t) 53 Prozent mehr als im vergangenen Jahr. Bei Wintergerste betrug das Plus mit 139 Euro/t rund 40 Prozent, bei Roggen waren es mit 167 Euro/t 76 Prozent mehr. Sommergerste lag mit 155 Euro/t rund 35 Prozent über dem Vorjahrespreis, Braugerste mit 194 Euro/t um 69 Prozent höher. Für die kommenden Monate sagen Fachleute leicht fallende Preise für Brotgetreide voraus, die sich in kleinen Schritten dem Preisniveau von Futtergetreide nähern.

Raps: Die Rapsfläche in Niedersachsen betrug im Jahr 2010 rund 132.000 ha. Trotz des Flächenzuwachses von gut fünf Prozent gegenüber dem Vorjahr fiel die Erntemenge vier Prozent geringer aus als 2009. Sie beläuft sich insgesamt auf rund 536.000 t. Der durchschnittliche Hektarertrag lag aufgrund der Trockenheit im Juli etwa neun Prozent unter dem sehr guten Vorjahresergebnis.

Die Ernte verlief relativ problemlos, die Ware hatte eine gute Qualität. Zur Rapsernte erzielten die niedersächsischen Landwirte mit etwa 357 Euro/t rund 38 Prozent mehr als 2009, allerdings immer noch elf Prozent weniger als 2008. Für die nächste Zeit ist mit weiter steigenden Preisen zu rechnen.

Zuckerrüben: Insgesamt wurden gut 100.000 ha mit Zuckerrüben bestellt. Das ist ein leichter Rückgang von 1.600 ha gegenüber dem Vorjahr. Von der Gesamtfläche gehen wie im Vorjahr gut 7.500 ha in die Bioethanolproduktion.

Prognostiziert wird eine mittlere Zuckerrübenernte mit einem durchschnittlichen Ertrag von 62,5 t/ha und einem Zuckergehalt von rund 17 Prozent. 2009 wurden im Schnitt 70 t/ha mit einem Zuckergehalt von 18,2 Prozent geerntet, was ein absolutes Spitzenergebnis darstellte. Der Rübenmindestpreis erreicht mit 26,29 Euro/t (bei 16 Prozent Zucker) den von der Zuckermarktordnung vorgesehenen Endbetrag.

Kartoffeln: Trotz eines reduzierten Anbaus bleibt Niedersachsen die wichtigste deutsche Kartoffelregion. Die angebauten 111.000 ha entfallen auf Industriekartoffeln für die Veredelungs- und die Stärkeindustrie (80.500 ha, 6,7 Prozent weniger als 2009) und auf Früh- und Speisekartoffeln (30.500 ha, 2,6 Prozent weniger als 2009).

Die Hektarerträge in Niedersachsen liegen mit 38,2 t/ha gut 18 Prozent unter dem Vorjahresniveau - mit großen regionalen Schwankungen. Die voraussichtliche niedersachsenweite Kartoffelernte wird etwa 4,25 Mio. t betragen und damit um fast ein Viertel hinter dem Vorjahr zurückbleiben. Außerdem fallen die Knollen deutlich kleiner aus. Die für die Pommes frites-Herstellung bevorzugten Übergrößen fehlen fast völlig. Mit bislang 18,10 Euro je 100 Kilogramm bekommen die Erzeuger für ihre Speisekartoffeln 69 Prozent mehr als 2009, als die Preise knapp kostendeckend waren. Tendenz weiter steigend.

Mais: Der Anbau in Niedersachsen belief sich auf 546.000 ha. Das bedeutet ein Plus von zwölf Prozent gegenüber dem Vorjahr. Die Zunahme an Silomais von 60.000 ha auf 455.000 ha ist im Wesentlichen auf die Energiegewinnung zurückzuführen. Der restliche Mais (91.000 ha) wird überwiegend als Körnermais eingefahren.

Der meiste Silomais konnte sich trotz der geringen Niederschläge im Juni und Juli erstaunlich gut entwickeln. Erträge von 40 bis 50 t/ha entsprechen dem Durchschnitt der Jahre. Allerdings ist die Schwankungsbreite sehr groß und abhängig vom Standort. Die Qualität der Silage ist gut, da die Pflanzen den Maiskolben voll ausbilden und füllen konnten.

Grünland: Die Erträge des ersten Aufwuchses fielen unterdurchschnittlich aus. Allerdings stimmten die Energiegehalte. Auch der zweite Schnitt konnte das bestehende Futterdefizit nicht wettmachen. Erst bei den Aufwüchsen drei und vier im Spätsommer und Herbst fielen die Erträge etwas üppiger aus. Die Praxis reagierte frühzeitig auf den sich abzeichnenden Futtermangel mit dem Anbau von Zwischenfrüchten. Dennoch kann auf einigen Betrieben das Futter über den Winter knapp werden.

Öko-Landbau: Auch hier gab es erhebliche Unterschiede in Ertrag und Qualität, die nicht nur regional, sondern auch lokal zu beobachten sind. Bisher ist nur wenig Ware geflossen, was unter anderem an den schwierigen Erntebedingungen liegt. Ein Marktüberblick ist bisher kaum möglich. Im Schnitt aller Kulturen und Betriebe ist in Niedersachsen von durchschnittlichen Erträgen auszugehen. (lwk-ns)
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