«Ausgerechnet das, was in der Finanzwelt zum Crash geführt hat, nämlich totale Liberalisierung und Deregulierung, soll jetzt bei der
WTO zu Wirtschaftswachstum führen», kritisierte der Präsident des Deutschen und des Bayerischen Bauernverbandes in einem Gespräch mit der Deutschen Presse-Agentur dpa hinsichtlich möglicher neuer Verhandlungen im kommenden Jahr.
Diese Rechnung sei auf den Finanzmärkten nicht aufgegangen, und sie werde bei den Agrarmärkten nicht aufgehen. Zehntausende Arbeitsplätze könnten allein in Deutschland in der
Agrarwirtschaft einschließlich des vor- und nachgelagerten Bereiches wegbrechen. Die Verbraucher bekämen dann zwar billige, aber nicht nachhaltig produzierte Nahrungsmittel von außerhalb Europas.
WTO-Generaldirektor Pascal Lamy wollte ursprünglich noch vor Weihnachten ein WTO-Ministertreffen zum Abschluss der Doha- Handelsrunde. Erst sollte es an diesem Wochenende sein, noch am Freitag bestätigte Lamy jedoch, dass es in diesem Jahr kein Treffen mehr geben werde. Wegen der hohen Wahrscheinlichkeit eines Scheiterns habe er seine Bemühungen dafür eingestellt, sagte Lamy in Genf.
«Es würde bei uns Bauern genauso gehen wie bei den Banken», warnte
Sonnleitner mit Blick auf eine Liberalisierung des Handels ohne jegliche Bedingungen. Die Einschränkung von Handelsbarrieren und Zöllen müsse deshalb mit strikten Nachhaltigkeitsstandards gekoppelt werden. Andernfalls fielen Tierschutz, Umwelt- und
Klimaschutz einem Turbokapitalismus zum Opfer - «zum Schaden von allen». Die fehlenden Nachhaltigkeitsstandards hätten schon jetzt zu unwiderruflichen Umweltschäden geführt, etwa durch die Abholzung von Regenwald für die Produktion von vermeintlich umweltfreundlichem Palmöl als Kraftstoffbeimischung. Weitere derartige Fehlentwicklungen seien programmiert.
Den deutschen Bauern drohten ohne entsprechende Vereinbarungen massive Einbußen. «Die bayerische und deutsche Landwirtschaft würde gefährdet und schrumpfen.» Schon jetzt investierten große Konzerne in Ländern wie Weißrussland und der Ukraine, aber auch in Lateinamerika und Asien, wo billig und ohne Rücksicht auf die Umwelt produziert werden könne. In diesen Regionen gehe es den Konzernen um hohe Renditen und Dividenden auch zu Lasten der örtlichen Bauern, nicht um eine nachhaltige Wirtschaftsweise, wie sie deutsche Landwirte praktizierten.
Etwa gebe es in diesen Ländern mehrstöckige Käfige für Legehennen, in denen die Tiere so dicht an dicht stünden, dass sie nicht einmal umfallen könnten. In Brasilien seien in der Tierhaltung in der EU schon längst verbotene
Antibiotika und Wachstumsförderer noch erlaubt. Dabei könnten brasilianische Fleischprodukte legal nach Deutschland eingeführt werden; bei der Einfuhr gebe es keine regelmäßigen Rückstandskontrollen. (dpa)