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19.06.2022 | 09:45 | Ukraine-Krieg 

Wieviel alterntiges Getreide lagert derzeit noch in der Ukraine?

Kiew - Alterntiges Getreide muss dringend in den nächsten Wochen aus der Ukraine abfließen, um Lagerkapazitäten für die bevorstehende Getreideernte zu räumen. Sonst drohen ein „Getreidestau‟, hohe Lagerverluste sowie fehlende Einnahmen und Liquiditätsengpässe für Landwirte in der Ukraine, die die Aussaat im Herbst und somit die Ernte im Jahr 2023 zusätzlich einschränken würden. Doch wieviel alterntiges Getreide lagert derzeit noch in der Ukraine?

Getreide Lagerung Ukraine
Alterntiges Getreide muss dringend in den nächsten Wochen aus der Ukraine abfließen, um Lagerkapazitäten für die bevorstehende Getreideernte zu räumen. (c) proplanta
Es werden viele unterschiedliche Zahlen genannt. Während der ukrainischer Agrarminister Mykola Solskyi am 13. Mai von 20 Mio. t sprach, war auf dem G7-Agrarministertreffen von 25 Mio. t die Rede.

Am 10. Mai zitierte Reuters „Ukrainian agricultural officials“, die von exportfähigen 12 Mio. t Getreide ausgehen. In dem am 10. Juni veröffentlichen WASDE-Bericht schätzt das amerikanische Landwirtschaftsministerium (USDA), dass die ukrainischen Bestände am Ende des bald ablaufenden Vermarktungsjahres ca. 13,4 Mio. t betragen werden.

Wenn das USDA recht hat, dann können die oben genannten 20 oder 25 Mio. t kaum stimmen, denn um von solche Mengen auf Endbestände von 13,4 Mio. t zu kommen, müsste innerhalb von zwei bis drei Monaten viel mehr exportiert werden als gegenwärtig möglich erscheint (das Vermarktungsjahr für Weizen und Gerste endet am 30. Juni, das für Mais am 31. August).

Alle Zahlen sind mit einer großen Unsicherheit behaftet. Niemand weiß genau, wieviel Getreide insbesondere in den umkämpften Gebieten lagert und wieviel seit Kriegsbeginn zerstört oder von den Russen entwendet worden ist. Bei manchen Schätzungen handelt es sich womöglich um Zielvorstellungen für den Getreideexport insgesamt, bei der alt- und neuerntiges Getreide vermischt werden.

Ob nun noch 12 Mio. t oder sogar doppelt so viel alterntiges Getreide exportiert werden kann: In einer Situation, in der jede Tonne zählt, ist klar, dass signifikante Mengen Getreide in der Ukraine vorhanden sind und nennenswert zur Entlastung der globalen Versorgungssituation beitragen könnten.

Alterntiges Getreide muss dringend in den nächsten Wochen aus der Ukraine abfließen, um Lagerkapazitäten für die bevorstehende Getreideernte zu räumen. Eile ist auch deswegen geboten, weil die einzig derzeit praktikablen Vermarktungswege für ukrainisches Getreide über die EU verlaufen, zum Beispiel per Bahn und Lastwagen in Richtung Ostseehäfen wie Gdansk/Gdynia, Rostock und Hamburg oder über die Südroute zu den Häfen in Rumänien und Bulgarien.

Derzeit ist die dafür notwendige Schüttgutlogistik in der EU nicht voll ausgelastet - das heißt es stehen gewisse Kapazitäten frei für den Transport von Getreide aus der Ukraine. Im April konnten ca. 1 Mio. t ukrainisches Getreide auf diesemWeg exportiert werden; das ukrainische Agrarministerium berichtet, dass im Mai sogar 1,7 Mio t. exportiert wurden.

Experten zufolge wären indes monatlich 2 bis 3 Mio. t möglich. Mit Beginn der Ernte in der EU in drei Wochen wird die Schüttgutlogistik in der EU mit einheimischem Getreide voll ausgelastet sein und es wird kaum noch Kapazität für ukrainische Exporte geben. Es droht dann ein ‚Getreidestau‘ in der Ukraine und damit verbundene Quantitäts- und Qualitätsverluste bei unsachgerechter Lagerung noch vorhandenen alterntigen sowie neuerntigen Getreides in der Ukraine.

Hinzu kommen fehlende Einnahmen und Liquiditätsengpässe für Landwirte in der Ukraine, die die Aussaat im Herbst und somit die Ernte im Jahr 2023 zusätzlich einschränken würden. Getreide, das im Land stecken bleibt, bringt überhaupt keine Einnahmen.

Aber auch an dem Getreide, das das Land verlassen kann, wird aufgrund von Verzögerungen an der Grenze weniger verdient. Wenn ein LKW am Tag ca. 500 Euro kostet, bedeuten zwei Tage zusätzliche Wartezeit an der Grenz ca. 1.000 Euro, das heißt bei einer Zuladung von 26 t umgerechnet knapp 40 Euro/t, die letztlich vom ab Hof-Preis in der Ukraine abgezogen werden.
AgE
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