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13.12.2020 | 00:47 | Fleischerzeugung 

Bremsspuren bei den Schweineschlachtungen durch Corona

Wiesbaden - Die coronabedingten Einschränkungen der Schlachtkapazitäten haben im Oktober 2020 deutliche Spuren hinsichtlich der deutschen Schweinefleischerzeugung hinterlassen.

Schweineschlachtungen
Im Oktober fielen die Schweineschlachtungen um gut 9 Prozent geringer als im Vorjahresmonat aus - Starker Rückgang vor allem in Niedersachsen wegen coronabedingter Produktionsausfälle - Von Januar bis Oktober gut 1,5 Millionen weniger Schweine in Deutschland geschlachtet - Nordrhein-Westfalen verzeichnet überdurchschnittlich starken Rückgang - Mehr Schweine in einigen ostdeutschen Schlachtbetrieben zerlegt - Rindfleischerzeugung ebenfalls rückläufig. (c) contrastwerkstatt - fotolia.com
Laut amtlichen Daten des Statistischen Bundesamtes (Destatis) kamen im Berichtsmonat bundesweit 4,46 Millionen Tiere an den Haken; das waren rund 96.000 Tiere oder 2,1 % weniger als im Vormonat, obwohl normalerweise die Schlachtaktivitäten Anfang Herbst immer zunehmen.

Noch deutlicher ist der Rückgang im Vergleich mit dem Vorjahresmonat, der sich auf fast 450.000 Schweine oder 9,1 % beläuft. Für den gesamten Zeitraum von Januar bis Oktober 2020 wird im Vorjahresvergleich von Destatis eine Abnahme der Schweineschlachtungen um 1,54 Millionen Tiere oder 3,3 % auf 44,46 Millionen Stück ausgewiesen.

Die Schweinefleischerzeugung verringerte sich dagegen „nur“ um 2,5 % auf 4,25 Mio t. Grund war, dass die Tiere, auch aufgrund verzögerter Anlieferung, schwerer an die Verarbeitungsbetriebe geliefert wurden. Das durchschnittliche Schlachtgewicht lag mit 95,61 kg um 850 g beziehungsweise 0,9 % über dem Niveau des Vorjahreszeitraums. Für das Gesamtjahr ist die geringste Schweinefleischerzeugung in Deutschland seit mehr als zehn Jahren zu erwarten.

Im Oktober hatten insbesondere die niedersächsischen Werke von Vion in Emstek und die zur Tönnies-Gruppe gehörende Weidemark Fleischwaren in Sögel mit coronabedingten Produktionsausfällen zu kämpfen. Dies führte laut amtlicher Statistik dazu, dass die Schweineschlachtungen in Niedersachsen um 208.400 Tiere oder 13,7 % geringer als im Vormonat ausfielen.

Im Vergleich mit Oktober 2019 wurden dort sogar 15,7 % weniger Schweine zerlegt. In Nordrhein-Westfalen, wo Tönnies in Rheda-Wiedenbrück ebenfalls seine Kapazitäten nicht voll nutzen konnte, stiegen die Schweineschlachtungen gegenüber September zwar etwas an, doch kamen im Vergleich mit dem Vorjahresmonat 164.200  beziehungsweise 9,9 % weniger Tiere an den Haken.

Deutlich weniger Auslandsschweine



Trotz der coronabedingten Einbußen im Oktober behielt Niedersachsen seine Führungsposition bei den Schweineschlachtungen in Deutschland, da diese dort in den ersten zehn Monaten 2020 im Vorjahresvergleich nur um 0,4 % auf 14,88 Millionen Stück rückläufig waren.

Sehr viel stärker war das Minus in Nordrhein-Westfalen mit 1,28 Millionen Tieren oder 8,4 % auf rund 14,0 Millionen Schweine. Mitverantwortlich hierfür waren temporäre Lockdowns von Schlachtstätten wegen Corona-Infektionen bei Mitarbeitern, darunter im Westfleisch-Werk in Coesfeld und vor allem bei Deutschlands größtem Schweineschlachtbetrieb, dem von Tönnies in Rheda-Wiedenbrück.

Deutschlandweit resultierte das geringere Schlachtaufkommen zum einen aus dem kleineren Angebot aus heimischen Ställen, das um 744.500 oder 1,7 % auf 42,40 Millionen Stück zurückging. Zum anderen verringerte sich die Zahl der hierzulande geschlachteten ausländischen Schweine kräftig, und zwar um 792.300 oder 27,8 % auf 2,06 Millionen Tiere. Hiervon war Nordrhein-Westfalen überdurchschnittlich stark betroffen, denn die Zahl der dort aus anderen EU-Ländern zerlegten Tiere nahm um 512.500 Stück oder 38,3 % ab.

Obwohl Tönnies Mitte Juli seinen Betrieb in Rheda-Wiedenbrück wieder aufnehmen konnte, wenn auch mit eingeschränkten Kapazitäten, hat sich das Aufkommen ausländischer Schlachtschweine und Sauen in Nordrhein-Westfalen noch nicht erholt. Im Gegenteil: Von Juli bis Oktober lag die Zahl der dort geschlachteten Schweine aus dem Ausland im Schnitt um 75 % unter dem Niveau des Vorjahreszeitraums. In Niedersachsen war dieses Aufkommen im gleichen Zeitraum „nur“ um 27,9 % rückläufig.

Unterschiedliche regionale Entwicklung



Die Destatis-Schlachtstatistik macht auch die räumliche Konzentration der Schweineschlachtung in der Bundesrepublik deutlich, denn 65 % aller Tiere kommen in Niedersachsen und Nordrhein-Westfalen an den Haken. Auf dem dritten Rang liegt Sachsen-Anhalt mit 4,16 Millionen verarbeiteten Tieren in den ersten zehn Monaten 2020; das waren entgegen der Entwicklung in Gesamtdeutschland 8,6 % mehr als im Vorjahreszeitraum.

Im Tönnies-Werk in Weißenfels kamen offenbar mehr Schweine an den Haken, die eigentlich für den Standort Rheda-Wiedenbrück vorgesehen waren. Im Süden Deutschlands nahmen die Schweineschlachtungen in Baden-Württemberg im Vorjahresvergleich um 0,9 % zu, in Bayern dagegen um 2,6 % ab. Einen regelrechten Einbruch gab es nach der Schließung eines Standorts von Danish Crown in Mecklenburg-Vorpommern, wo die Zahl der verarbeiteten Schweine um 88,6 % auf nur noch 26.300 Tiere sank.

Auch in Thüringen ging das Schlachtaufkommen wegen der Aufgabe des Vion-Betriebs in Altenburg kräftig zurück, und zwar um 70,2 % auf 211.400 Stück. Einige der dort anfallenden Schweine wurden nach Brandenburg geliefert; dort wurden mit 1,28 Millionen Stück 28,8 % mehr Tiere geschlachtet als im Vorjahreszeitraum.

Ähnliches galt für Sachsen mit einem Plus von 24,2 % auf rund 122.400 Stück. Ansonsten konnte nur noch Hessen einen Anstieg von 4,8 % auf 321.000 Schweine vermelden. In Schleswig-Holstein und Rheinland-Pfalz wurden dagegen weniger Tiere zerlegt.

Deutlich weniger Kühe geschlachtet



Noch etwas stärker als die Schweineschlachtungen sind in den ersten zehn Monaten 2020 die Anlieferungen von Rindern an die Schlachtbetriebe in Deutschland zurückgegangen.

Nach Angaben der Wiesbadener Statistiker ging das Schlachtaufkommen gegenüber der entsprechenden Vorjahresperiode um 101.170 Tiere oder 3,6 % auf knapp 2,70 Millionen Stück zurück. Auch hier sorgten höhere Gewichte am Haken dafür, dass die Rindfleischerzeugung schwächer abnahm, nämlich um 2,2 % auf 894.560 t.

Mehr als die Hälfte des Rückgangs bei den Rinderschlachtungen war darauf zurückzuführen, dass die Landwirte weniger Kühe ins Schlachthaus lieferten; die betreffende Stückzahl verringerte sich um 58.290 Stück beziehungsweise 5,9 % auf 924.390 Tiere.

Bereits im Vorjahr war bei den Kühen in der gleichen Zeitperiode eine Abnahme von 7,0 % verzeichnet worden. Trotz des geringeren Angebotes blieben die Erzeugerpreise für Altkühe von Januar bis Oktober um fast 7 % unter dem Vorjahresniveau.

Bei den Kälbern einschließlich Jungrindern gab es ein Minus bei den Schlachtungen von 4,6 % auf 270.190 Stück. Schwächer fiel der Rückgang des Aufkommens bei Färsen mit 2,1 % auf 465.540 Tiere aus. Bei Bullen und Ochsen war die Abnahmerate im Vorjahresvergleich mit 1,9 % am niedrigsten; es wurden im Betrachtungszeitraum hierzulande insgesamt knapp 1,04 Millionen männliche Großrinder zerlegt.
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Rinder- und Schweineschlachtungen in Deutschland
AgE
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