Die Vielzahl von Herausforderungen und Problemen sei für viele
Betriebe kaum noch zu bewältigen. Als Beispiele nannte der SPD-Politiker am Dienstag die Belastung durch steigende Preise für
Kraftstoff, Dünger oder Saatgut.
Dazu kämen die Folgen des Klimawandels und der Pandemie sowie die Inflation, die Verbraucher vor allem bei
Lebensmitteln sparen lasse. Doch gebe es auch gute Nachrichten. So zeichne sich ab, dass die Bauern im Nordosten in diesem Jahr weniger unter der Trockenheit zu leiden haben als ihre Kollegen in vielen anderen Teilen Deutschlands.
Nach einem frühem Start sei die Ernte der
Wintergerste landesweit weitgehend abgeschlossen. «Es gibt eine gewisse Art von Erleichterung. Wir haben eine relativ gute Ernte», sagte Backhaus, verwies aber auf regionale Unterschiede. Im Durchschnitt lägen die Erträge bei 7,5 Tonnen je Hektar und damit leicht über dem mehrjährigen Mittel.
Die Ergebnisse der bevorstehenden Weizen- und
Rapsernte hingen vom Wetter ab. Angesichts der Temperaturen sei ein baldiger Beginn der Rapsernte zu erwarten. Den Prognosen zufolge könne mit einer durchschnittlichen Ernte bei guter Qualität gerechnet werden.
Backhaus zeigte sich skeptisch, ob die Bauern im Nordosten von den gestiegenen Preisen für
Feldfrüchte profitieren. Viele Betriebe hätten einen Großteil ihrer Erntemengen bereits bei dem zuvor schon recht hohen
Preisniveau kurz vor dem Angriff Russlands auf die Ukraine vertraglich gebunden. Daher würden die real erzielten Erzeugerpreise bei Raps und Weizen wohl spürbar unter den Rekordnotierungen liegen.
Für
Tierhalter stelle sich die Situation unterschiedlich dar: Während
Milchproduzenten deutlich höhere Preise erzielten, litten
Schweinehalter unter sehr niedrigen Preisen. Immer mehr gäben auf.
«Wir haben acht Prozent der Betriebe verloren», konstatierte Backhaus. Wer einmal aufgehört habe, komme nicht wieder. «Die Situation in der Schweinehaltung ist eine Tragödie.»
Auch Biobauern durchlebten trotz der lange steigenden Beliebtheit von ökologisch erzeugten Produkten eine schwierige Phase. Die Nachfrage sei - wohl in Folge der Preissteigerungen für Lenbensmittel allgemein - um 15 Prozent eingebrochen.
Diskussionsstoff unter Bauern liefern laut
Backhaus auch die EU-Agrarförderung und die umstrittenen Vorgaben für geringeren Dünger- und Pestizideinsatz. In weiten Teilen der Bauernschaft würden die Pläne sehr kritisch gesehen. Eine Einigung über die nationale Umsetzung der gemeinsamen europäischen
Agrarpolitik stehe aus. Man brauche nun aber klare Aussagen von Bundesagrarminister Cem Özdemir, sagte Backhaus. Zudem dürften Land- und
Ernährungswirtschaft bei kommenden Hilfspaketen nicht ignoriert werden.
Spätestens für den Herbst befürchtet Backhaus
Bauernproteste wie in den Niederlanden. Als Grund nannte er die neue
Düngeverordnung nach EU- und Bundesvorgaben, mit der künftig auf bis zu 47 Prozent der
Agrarfläche nur noch beschränkt Dünger ausgebracht werden darf. Derzeit liege der Anteil bei 13 Prozent. «Ich habe die Sorge, dass wir eine Radikalisierung im Bereich der Landwirtschaft erleben», sagte der Minister.
Niederländische Bauern hatten aus Protest gegen Umweltauflagen mit Treckern Autobahnen blockiert und so für Staus gesorgt. In Deutschland hatten Bauern im Vorjahr vor allem gegen Preisdumping im
Lebensmittelhandel protestiert, aber auch gegen Vorgaben für einen reduzierten Düngereinsatz zum Schutz von Trinkwasser. Weniger Dünger bedeutet in der Regel geringere Erträge.
Laut Backhaus ist Deutschland unter Androhung hoher Geldstrafen durch die EU verpflichtet, den Nährstoffeintrag drastisch zu verringern. Insbesondere in Trinkwasserschutzgebieten würden deutlich schärfere Bestimmungen gelten, um den Nitrateintrag durch die Landwirtschaft zu reduzieren.
Die neue Landesdüngeverordnung liege im Entwurf vor und müsse spätestens zum 30. November in Kraft treten. Sie schreibt für Regionen mit überhöhten Nitratwerten einen um 20 Prozent verringerten Düngereinsatz vor.