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23.05.2009 | 10:05 | Milchwirtschaft  

Milchbauern in Not - Bauernpräsident in der Krise

München/Berlin - Bauernpräsident Gerd Sonnleitner ist wütend - und erschrocken.

Milchkrise 2009
(c) proplanta
Der rasante Absturz der Milchpreise hat den 60- Jährigen in die schwerste Krise seiner zwölfjährigen Amtszeit gestürzt. Sein Problem: Viele Bauern machen ihn mitverantwortlich für die Katastrophe. In seiner bayerischen Heimat ist Sonnleitner für manche Bauern zur Hassfigur geworden. «Verräter», schmähten ihn unbekannte Täter mit Sprühparolen auf der Straße in seinem Heimatort Ruhstorf bei Passau. «Man baut ein Feindbild auf», klagt er am Freitag bei einer Pressekonferenz in München.

Die Stimmung unter den Milchbauern ist extrem aufgeheizt. In den vergangenen Monaten sind die ohnehin schon niedrigen Angebotspreise für Milch um ein Drittel gesunken. Die Landwirte bekommen nur noch zwischen 20 und 30 Cent pro Liter. Wenn die Preise nicht steigen, droht zahlreichen Milchbauern das Ende. Kanzlerin Angela Merkel (CDU) hat ihnen Hilfe versprochen - nachdem sie das Thema erst nicht zur Chefsache machen wollte. Die Preise kann sie zwar nicht verändern, aber die Rahmenbedingungen. Die Krise der Bauern fällt in die Zeit des Europawahlkampfs.

Landwirtschaftsministerin Ilse Aigner (CSU) hofft, den Bauern mit zinslosen Krediten zu helfen. Auch Bürgschaften werden geprüft. Sonnleitner fordert ein Konjunkturpaket speziell für Bauern. Die Landwirte sollen bei der Agrardieselsteuer entlastet werden, fordert er. Das greift Merkel auf. Sie hofft, dass es hierbei noch Bewegung gibt bis zur Bundestagswahl. Doch die SPD sagt bisher Nein. In der kommenden Woche soll das Thema innerhalb der großen Koalition angesprochen werden.

Die Hauptursache der Krise auf dem Milchmarkt ist nach Ansicht vieler Landwirte die schrittweise Aufhebung der europaweiten Produktionsbeschränkung für Milch. Im Jahr 2015 soll die Milchquote endgültig fallen. Der Deutsche Bauernverband, den Sonnleitner führt, unterstützt das - auch wenn dieser in seiner Eigenschaft als bayerischer Bauernpräsident 2007 Widerspruch anmeldete. Doch als gesamtdeutscher Verbandschef steht er für das Ende der Quote.

Sonnleitner will nicht zum Sündenbock gemacht werden. Er schiebt der Politik die Verantwortung zu, die die Erhöhung der Milchmengenbeschränkung zugelassen habe. Bei der Milchkrise geht es um weit mehr als nur um Milch - sie ist ein Gefahrenherd für die Union, zu deren verlässlichsten Verbündeten die Bauern über Jahrzehnte zählten. In Bayern pflegten über 90 Prozent der Bauern CSU zu wählen - doch beim christsozialen Wahldebakel 2008 waren es nur noch etwas mehr als die Hälfte.

Inzwischen hat die Milchkrise auch die viel größeren Milchbetriebe in Nord- und Ostdeutschland erfasst. «Ob groß, ob klein, ob Ost, ob West» - alle seien gefährdet, sagt Sonnleitner. Monatelang hielt sich der Bauernverband mit öffentlichen Protesten gegen den Verfall der Milchpreise zurück, während der Bundesverband Deutscher Milchviehhalter einen Streik und Bauernproteste mobilisierte.

Der Bauernverband will nun mit zwei Großdemos in Berlin und Frankfurt verlorenes Terrain zurückholen. Bei einer Sternfahrt - «Deutschlands größter Schlepperdemo» - sollen mehrere hundert Traktoren in Berlin einrollen. In Frankfurt wollen die Bauern im Bankenviertel gegen Exzesse des internationalen Finanzmarkts demonstrieren. Der Bauernpräsident hofft nun auf Rettung aus Berlin. Eine Entspannung an der Bauernfront würde auch Merkel und der Union helfen. «Wir stärken mit unserer Schlepper-Demo der Kanzlerin den Rücken», sagt Sonnleitner. (dpa)
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