Die Grünen mahnen die CDU-Politikerin, es nicht bei Ankündigungen zu belassen. Die FDP warnt dagegen vor zusätzlichen Abgaben. Aus dem Gewerkschaftslager kommen Forderungen, möglichst rasch per Gesetz für bessere Arbeitsbedingungen in der
Fleischindustrie zu sorgen. Nach mehreren Corona-Ausbrüchen in Großbetrieben wächst die - schon länger anhaltende - Kritik an der Branche.
Klöckner wirbt für eine Tierwohlabgabe und will verstärkt gegen Dumping-Preise beim Fleisch vorgehen. Das hat sie bei einem Treffen mit Vertretern der Branche deutlich gemacht. Die
Agrarministerin dringt auf grundlegende Veränderungen im
Fleischmarkt, um den ständigen Preiskampf und problematische Bedingungen zu unterbinden.
Grünen-Fraktionschef Anton Hofreiter sagte: «Auch für die Regierung wird es keine zweite Chance geben, sie muss jetzt liefern». Er bezog sich damit auf die Aussage Klöckners, die Branche werde keine zweite Chance bekommen. Hofreiter forderte in den Zeitungen der Funke Mediengruppe unter anderem eine verbindliche Tierhaltungs- und
Herkunftskennzeichnung, wie es sie für Eier bereits gibt.
Der Chef der Unionsfraktion im
Bundestag, Ralph Brinkhaus (CDU), forderte den Einzelhandel auf, Werbung mit billigen Fleischprodukten zu unterlassen. «Es geht nicht, dass wir mit dem Produkt Fleisch, für das im Übrigen immer ein Tier gestorben ist, Lockvogel-Angebote zum Einkaufen machen», sagte Brinkhaus der «Rheinischen Post» (Samstag).
Auch
Bauernpräsident Joachim Rukwied plädiert dafür, dass Fleisch als wertvolles
Lebensmittel mehr «Wertschätzung» verdiene. Dies müsse sich auch in den Preisen ausdrücken, sagte er der «Passauer Neuen Presse» (Samstag).
Rukwied warnte aber vor einer «Stigmatisierung» der Tierhalter. «Sie bemühen sich täglich, sieben Tage die Woche den Tieren möglichst viel
Tierwohl in den Ställen zu bieten, und sie erzeugen hochwertige, heimische Lebensmittel für unsere Bevölkerung.»
Aus Sicht von FDP-Bundestagsfraktionsvize Frank Sitta geht «die simple Gleichung, dass eine Erhöhung der Fleischpreise direkt zu mehr Tierwohl, besserem Arbeitnehmer- und
Umweltschutz führt» nicht auf. Stattdessen müsse die Landwirtschaft unabhängiger von staatlichen Fördergeldern werden, sagte er der Online-Ausgabe der «Passauer Neuen Presse» (Samstag): «Zusätzliche Abgaben und Steuern würden zudem eher im allgemeinen Staatshaushalt versacken.»
Aus Sicht des Deutschen Gewerkschaftsbundes (DGB) muss die Bundesregierung die Eckpunkte von Arbeitsminister Hubertus Heil (
SPD) für bessere Arbeitsbedingungen in der Fleischindustrie schnellstmöglich in Gesetzesform gießen. «Allen ist klar: Es braucht jetzt verbindliche Regeln und Gesetze, keine Absichtserklärungen», sagte DGB-Vorstandsmitglied Anja Piel der «Rheinischen Post».
Noch vor dem größten deutschen Corona-Ausbruch im
Schlachtbetrieb Tönnies hatte das Kabinett Eckpunkte für Neuregelungen beschlossen, um problematische Arbeitsbedingungen in Schlachthöfen zu unterbinden. Kern ist ein weitgehendes Verbot von Werkverträgen zum 1. Januar 2021 - also dass die komplette Ausführung von Arbeiten bei Subunternehmern eingekauft wird. Heil will im Sommer einen
Gesetzentwurf vorlegen.
Die wegen Corona-Fällen vorübergehend geschlossenen Schlachthöfe bereiten Rukwied Sorgen. «Die Arbeitsfähigkeit der
Fleischwirtschaft ist für die Landwirtschaft von existenzieller Bedeutung», sagte er. «Die Fleischwirtschaft muss nun alle Kapazitäten ausschöpfen, um schlachtreife Tiere auch zur Schlachtung bringen zu können.»
Der Chef und Miteigentümer des Tiefkühlkostherstellers Frosta, Felix Ahlers, mahnt «dringend» Änderungen im
Lebensmittelrecht an. Kunden müssten die Qualität eines Nahrungsmittels auseinanderhalten können, sagte Ahlers der Zeitung «Die Welt». Nur dann werde es zwischen den Herstellern echten Wettbewerb geben. Etliche
Zusatzstoffe hießen heute nicht mehr so, sondern würden zum Beispiel als Molkereierzeugnisse angegeben. Alle aromatisierten Lebensmittel müssten dies vorn auf der Packung ausweisen.