Noch kurz vor Schluss der parlamentarischen Beratungen hatte sich die Koalition darauf verständigt, zum einen die Kapazitätsgrenze für baurechtlich privilegierte Biogasanlagen im Außenbereich vorübergehend außer Kraft zu setzen. Zum anderen werden die Herkunftsvorgaben für die verwendete Biomasse für baurechtlich privilegierte Anlagen befristet gelockert.
Weitere Erleichterungen wie eine Flexibilisierung des
Güllebonus - so dass Anlagenbetreiber den Güllebonus nur noch an denen Tagen verlieren, an denen sie den vorgegebenen Mindestanteil nicht einhalten können, statt wie bisher dauerhaft und endgültig - eine befristete Aussetzung der Höchstbemessungsleistung sowie Genehmigungen nach dem Bundesimmissionsschutzgesetz für Einsatzstoffe und Höchstmengen waren bereits im Regierungsentwurf vorgesehen und wurden ebenfalls beschlossen.
Angenommen hat der
Bundestag zudem eine Entschließung, mit der die Bundesregierung aufgefordert wird, „fortlaufend alle Potentiale einer erweiterten Nutzung von erneuerbaren Energien zu evaluieren und auszuschöpfen“. Keine Mehrheit fand ein Entschließungsantrag der CDU/CSU für einen befristeten Weiterbetrieb der noch im
Betrieb befindlichen Kernkraftwerke. In dem Antrag sollte die Bundesregierung zudem aufgefordert werden, ein Beschleunigungspaket für Biomethananlagen vorzulegen.
Neuregelungen für 2022, 2023 und 2024Das
Baugesetzbuch erlaubt bislang für privilegierte Biogasanlagen nur eine maximale Produktion von 2,3 Mio Normkubikmeter Biogas pro Jahr. Möchte ein Betreiber mehr produzieren, muss die Gemeinde dazu einen Bebauungsplan aufstellen und beispielsweise ein Sondergebiet ausweisen.
Zudem müssen laut Baugesetzbuch bislang mindestens 51 % der verwendeten Biomasse aus dem Betrieb selbst oder benachbarten landwirtschaftlichen Betrieben stammen, die ebenfalls privilegiert sind. Diese Regelung wurde gelockert. Nunmehr können die
Betriebe bis zu 50 km von der Biogasanlage entfernt liegen. Auch gewerbliche Tierhaltungsbetriebe können einbezogen werden. Die Neuregelungen gelten für die Jahre 2022, 2023 und 2024.
75 kW-Güllekleinstanlagen nutzenDie stellvertretende Vorsitzende der FDP-Bundestagsfraktion, Carina Konrad, begrüßte die Änderungen. Ihre Fraktion habe sich dafür eingesetzt, die noch ungenutzten Potentiale der Biogaserzeugung voll auszuschöpfen, um die Unabhängigkeit bei der Energie- und vor allem der Gasversorgung weiter zu erhöhen.
Neben den befristeten baurechtlichen Änderungen habe man in 75 kW-Güllekleinstanlagen zusätzliches Potential für die Biogaserzeugung identifiziert. Das
Bundesumweltministerium werde daher in einem weiteren Schritt einen Weg aufzeigen, wie diese Anlagen bis zur Genehmigungsgrenze des Bundesimmissionsschutzgesetzes genutzt werden können, kündigte Konrad an.
Potenziale für heimische Biomethanerzeugung nutzenDer Biogasrat+ verwies in einer Reaktion auf den politischen Handlungsbedarf hinsichtlich Biomethananlagen. Laut Verbandsgeschäftsführerin Janet Hochi erzeugen aktuell in Deutschland 240 Biomethananlagen rund 11 Terrawattstunden Biomethan pro Jahr und speisen das erneuerbare Gas in das inländische Gasnetz mit mehr als 510.000 km Länge ein. Derzeit verfügten 359 von 401 Städten und Gemeinden über einen Gasnetzzugang und könnten Biomethan bedarfsgerecht und hocheffizient für die Strom- und Wärmeversorgung und als klimaneutralen
Kraftstoff nutzen, argumentierte Hochi.
Die Gasnetzinfrastruktur diene dabei auch als saisonaler kostengünstiger Energiespeicher für Biomethan, ebenso wie die zur Biomethanerzeugung genutzten Einsatzstoffe. Die bestehenden Biomethananlagen könnten ihre Erzeugungskapazitäten kurzfristig um 20 % steigern.
Mittelfristig gebe es zusätzliche nachhaltige Potentiale für die heimische Biomethanerzeugung von rund 110 Terrawattstunden pro Jahr, und das allein aus mobilisierbaren Rest- und Abfallstoffen. „Diese Potentiale für eine erneuerbare und verlässliche
Energieversorgung mit Biomethan gilt es nun ohne weitere Verzögerungen zu heben“, forderte die Geschäftsführerin.