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29.07.2010 | 19:00 | Energiepolitik  

Röttgen will Atomwirtschaft «nicht erdrosseln»

Berlin - Umweltminister Norbert Röttgen (CDU) will die Atomindustrie mit der geplanten Steuer nicht allzu stark belasten.

Norbert Röttgen
Norbert Röttgen (c) pressefoto - Laurence Chaperon
«Die Brennelementesteuer ist zunächst mal ein Instrument, das vom Finanzminister zur Haushaltskonsolidierung und als Beitrag der Energieversorger zur Sanierung von Asse vorgeschlagen wurde. Es könnte aber auch das geeignete Instrument zur Gewinnbesteuerung bei Laufzeitverlängerungen sein», sagte er am Donnerstag in einem Gespräch mit der Deutschen Presse-Agentur. «Natürlich müssen dabei Grenzen der steuerlichen Belastung beachtet werden. Wir wollen die Kernenergiebetreiber ja nicht steuerlich erdrosseln, sondern ihre Zusatzgewinne teilweise zur Förderung der erneuerbaren Energien verwenden.»

Der CDU-Politiker dringt darauf, die Atommeiler nicht länger am Netz zu lassen als nötig. «Im Koalitionsvertrag haben wir festgelegt, dass es Laufzeitverlängerungen geben soll, insoweit sie notwendig sind als Brücke, bis die Kernenergie durch erneuerbare Energien ersetzt werden kann», sagte Röttgen. «Die Vorgabe, dass es nur moderate Laufzeitverlängerungen geben soll, ist insbesondere auch eine verfassungsrechtliche Vorgabe, wenn man ein Laufzeitverlängerungsgesetz ohne Zustimmung des Bundesrates beschließen will.»

Das Gesetz dürfe nicht durch Klagen ausgehebelt werden, die von der Opposition angekündigt sind. «Ich bin dafür, dass wir das Gesetz so machen, dass wir nicht vom Bundesverfassungsgericht korrigiert werden müssen.» Nach Einschätzung von Röttgen entstehen bei Laufzeitverlängerungen «beachtliche Sondergewinne» bei den Betreibern der Kraftwerke. «Diese sollen zumindest bis zur Hälfte zur Förderung der erneuerbaren Energien verwendet werden», sagte der Umweltminister. «Diese innere Beziehung von Laufzeitverlängerung und Förderung der Erneuerbaren ist festgelegt und wird auch nicht aufgegeben werden.»

In der Koalition gibt es auch Überlegungen für eine zusätzliche Abgabe über eine Brennelementesteuer hinaus, die zur Förderung der Öko-Energien verwendet werden soll. Wirtschaftsminister Rainer Brüderle (FDP) fordert, mindestens die Hälfte der Zusatzgewinne abzuschöpfen und davon den Großteil in die Förderung erneuerbarer Energien zu stecken.

Atomkraft in Deutschland und Ausstiegsbeschluss



In Deutschland sind noch 17 Atomkraftwerke in Betrieb. Sie dürfen nach der rot-grünen Vereinbarung zum Atomausstieg noch eine bestimmte Menge Strom produzieren, dann sollen sie abgeschaltet werden. Da zuletzt einige Meiler stillstanden oder weniger Strom geliefert haben, dürfte das letzte AKW Neckarwestheim II nicht wie geplant 2022 sondern erst 2025 stillgelegt werden.

Vom Netz gingen bereits Stade (November 2003) und Obrigheim (Mai 2005). Nächste Anwärter sind gemäß der zugestandenen Reststrommengen Biblis A in Hessen und Neckarwestheim I in Baden-Württemberg. Atomkraftwerke gibt es in Schleswig-Holstein (3), Niedersachsen (3), Bayern (5), Baden-Württemberg (4) und Hessen (2). Sie werden von RWE, Vattenfall, Eon und EnBW betrieben.

Der 2000 von SPD und Grünen vereinbarte Ausstieg aus der Atomenergie wurde 2002 im Atomgesetz festgeschrieben. Damit wurde der Bau neuer Reaktoren ausgeschlossen. Die pro AKW erlaubte Reststrommenge wurde nach einem komplizierten Schlüssel bei einer angenommenen Regellaufzeit von 32 Jahren errechnet.

Es gibt die Möglichkeit, Strommengen älterer Kraftwerke auf neuere zu übertragen. Ältere Meiler sollten so schneller abgeschaltet werden können. Union und FDP haben sich im Koalitionsvertrag aber auf längere Reaktorlaufzeiten geeinigt, deren Dauer aber noch nicht feststeht - die Zahlen variieren zwischen 8 und 15 Jahren.

Die Atomkraft soll als Übergangstechnologie die Zeit überbrücken, die für eine vollständige Umstellung auf erneuerbare Energien benötigt wird. (dpa)
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