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02.03.2013 | 12:42 | Futtermittel-Skandal 

Verbände und Politiker verlangen bessere Lebensmittel-Tests

Berlin - Tonnenweise vergifteter Futtermais - noch ein Lebensmittelskandal. Die Suche nach den Schuldigen läuft. Müssen Hersteller künftig Millionen für bessere Kontrollen zahlen?

Lebensmitteluntersuchung
(c) Darren Baker - fotolia.com
Die Politik droht der Industrie im Skandal um verseuchtes Tierfutter mit Kontrollgebühren in Millionenhöhe. Bundeslandwirtschaftsministerin Ilse Aigner (CSU) und Niedersachsens Landwirtschaftsminister Christian Meyer (Grüne) brachten am Samstag die Gebühren für stärkere Kontrollen ins Gespräch.

Wenn die Kosten der Wirtschaft in Rechnung gestellt würden, könne der Staat 30 bis 50 Millionen Euro im Jahr sparen, sagte Meyer dem Magazin «Focus». Aigner warf den Herstellern Versagen bei den Eigenkontrollen vor. Nach dem Fund von Tausenden Tonnen verseuchten Futters läuft die Suche nach den Schuldigen. Experten sehen derzeit keine Gefahr für Verbraucher.

Zu den Kontrollen sagte Aigner: «Es gab frühzeitig Hinweise von verschiedenen Seiten, doch diese wurden offenbar ignoriert.» Die zuständigen Länderbehörden müssten «deutlich schärfer als bisher» überwachen, ob die Unternehmen ihre Pflichten einhielten. «Wenn die Bundesländer ausreichende Kontrollen nicht leisten können, liegt es auf der Hand, die amtlichen Kontrollen in Zukunft stärker als bisher durch Gebühren zu finanzieren.»

Der Bundesrechnungshof habe festgestellt, dass die finanzielle und personelle Ausstattung der zuständigen Stellen in den Ländern oft unzureichend sei, sagte Aigner. «Kontrolle nach Kassenlage, das darf nicht sein.» Aigners Kollege aus Niedersachsen forderte im «Focus»: «Wir brauchen mehr staatliche Kontrollen und mehr Personal.» Meyer ergänzte am Rande eines Besuches bei Jägern in Bergen im Landkreis Celle: «Wir müssen schauen, wo wir bundes- und europaweit rechtlich nachsteuern müssen, um dem Verbraucherschutz auch wirklich die höchste Priorität zu geben.»

Foodwatch-Sprecher Martin Rücker sagte der Nachrichtenagentur dpa, der Bund habe es gescheut, die Futtermittelindustrie zu systematischen Kontrollen zu verpflichten. «Wir haben bei Futtermittelkontrollen erhebliche Schwachstellen, die eigentlich auch bekannt sind.»

Am Freitag war bekanntgeworden, dass aus Serbien importierter Mais mit einem krebserregenden Schimmelpilz vergiftet ist. Der Mais wurde auch an Rinder verfüttert. Das Pilzgift Aflatoxin gelangte so in Milch. Besonders betroffen ist Niedersachsen, wo Hunderte Milchbetriebe vorsorglich gesperrt wurden. Erste Laborergebnisse aus gezielten Untersuchungen in Niedersachsen sollten möglicherweise noch am Samstagabend vorliegen. Futtermittel mit verseuchtem Mais wurden auch an wenige Höfe und Betriebe in andere Bundesländer geliefert. Bio-Betriebe sind nach ersten Erkenntnissen nicht betroffen.

Der Verband der Milchindustrie erklärte Milch und Milchprodukte in Deutschland für unbedenklich. Das hätten Proben im Januar und Februar ergeben, teilte der Verband am Samstag mit. Auch das Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR) sieht keinen Grund, vor dem Verzehr bestimmter Produkte zu warnen.

Der Generalsekretär des Bauernverbandes, Helmut Born, sieht die Schuld im gegenwärtigen Schimmelpilz-Skandal beim Importeur. «Schuld ist in Lebensmittel-Skandalen immer derjenige, der unmittelbar für das Produkt Verantwortung trägt», sagte Born der dpa am Samstag. Im Fall des verseuchten Futtermaises habe ein großer Getreideimporteur offenbar eine große Charge Mais mit zu hohen Werten Aflatoxin in Serbien gekauft. Diese habe er an Futtermittelwerke weitergeliefert. «Das durfte er nicht. Das ist schlicht und einfach gesetzeswidrig.» Damit sei die Schuldfrage eindeutig geklärt. Rechtliche Konsequenzen ließ Born offen.

Bauernpräsident Rukwied sagte der in Düsseldorf erscheinenden «Rheinischen Post» (Samstag): «Um einen Befall mit Schimmelpilzen auszuschließen, erwarte ich, dass das Futtermittelmischwerk entsprechende Kontrollen durchführt, beispielsweise Eingangskontrollen der Rohprodukte.» Der Landwirt müsse sich darauf verlassen können, dass geliefertes Futter einwandfrei sei.

Für den Bundesverband der Lebensmittelkontrolleure ist es Zeit, den Bundesländern die Verantwortung für Lebensmittelkontrollen abzunehmen und die Kräfte zu bündeln, um die Probleme zentral angehen zu können. Der Verbandsvorsitzende Martin Müller forderte in der «Passauer Neuen Presse» (Samstag) europaweit intensivere Kontrollen von Lebensmitteln: «Wir brauchen eine Art Lebensmittel-Europol.»

In Niedersachsen wurden 3.500 Höfe mit dem vergifteten Mais beliefert. Nach dem Alarm eines Milchbauern aus dem Kreis Leer vom 5. Februar dauerte die Recherche nach Angaben des niedersächsischen Landwirtschaftsministeriums noch gut 14 Tage, bis eine Schiffsladung aus Brake an der Weser als Gefahrenquelle feststand. Am 22. Februar lagen demnach die Ergebnisse der amtlichen Tests vor, die eine Belastung der Sendung aus Serbien mit Aflatoxinen über der Höchstmenge belegten.

«Die Aflatoxinergebnisse in der Milch sind derzeit unseres Wissens unauffällig. Bisher sind keine Überschreitungen des Höchstwertes in verarbeiteten Produkten bekannt und werden auch nicht erwartet», teilte der Verband der Milchindustrie mit. Bei Routinekontrollen im Januar und Februar seien etwa 300 Proben aus Milchpools auf das Schimmelpilzgift Aflatoxin untersucht worden.

Michael Kühne von der niedersächsischen Kontrollbehörde Laves sagte, die bisher entdeckten Werte in dem verschimmelten und damit giftigem Futter seien viel zu gering, als dass daraus über den Umweg der Kuh am Ende in einer Milchtüte eine Krebsgefahr für die Verbraucher entstehe.
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