Vorsprung durch Wissen
schließen x
Suchbegriff
Rubrik
 Suchen
Das Informationszentrum für die Landwirtschaft

20.10.2011 | 12:34 | Proteinfuttermittel 
Diskutiere mit... 
   2   2

Ein Verzicht auf Soja würde nicht zu einem Verzicht auf Fleisch führen

Berlin - Fleisch, Milch, Käse, Eier - tierische Produkte gehören wie Getreide und Gemüse und pflanzliche Öle/Fette zu einer vollwertigen Ernährung, empfiehlt die Deutsche Gesellschaft für Ernährung.

Soja
(c) flariv - fotolia.com
„Mit der Entwicklung des Lebensstandards in Schwellenländern normalisieren sich auch die dortigen Ernährungsgewohnheiten – und damit der Konsum von tierischen Produkten“, sagt Wilhelm F. Thywissen, Vorsitzender von OVID – Verband der ölsaatenverarbeitenden Industrie in Deutschland.

Es ist somit ein Trugschluss, den bestehenden und wachsenden Fleischkonsum per se zu verteufeln und im nächsten Schritt daraus die Folgerung abzuleiten, die Importe von Soja(bohnen) in die EU wären Kern des vermeintlichen Problems und der Hebel für eine Lösung. Zum einen: Mit dem Verzicht auf Sojaimporte würde sich nicht der Fleischkonsum und folglich die Fleischproduktion reduzieren. Vielmehr würde allein die Wertschöpfung der Produktion in Länder wie Südamerika verlagert und das Fleisch von dort importiert – ohne die europäischen Qualitätsstandards sicher stellen zu können. Zum anderen: Es geht nicht allein um den Fleischkonsum: Proteinfuttermittel sind ein wesentlicher Bestandteil der Tierernährung – und damit ebenso essenziell für die Produktion von Milch, Milchprodukten und Eiern.

Deutschland und Europa können nicht auf Sojaimporte als hochwertige Proteinquelle verzichten. Deutschland verfügt nicht über die klimatischen Bedingungen, um ausreichend Proteinfuttermittel zu produzieren; eine intensive politische Förderung heimischer Leguminosen hat daran nichts geändert. Selbst der im letzten Jahrzehnt gestiegene Rapsanbau und das daraus gewonnene Rapsschrot reichen bei weitem nicht aus.

Zudem ist der weltweite Bedarf an Sojaöl nicht zu vernachlässigen. Weltweit ist Sojaöl neben Palmöl das bedeutendste Pflanzenöl, 2010 wurden rund 40 Mio. Tonnen produziert. Sojaöl wird besonders in den asiatischen Märkten nachgefragt und ist ein wichtiger Bestandteil der Ernährung in den ärmsten Entwicklungsländern. Aus Sojabohnen werden rund 20 % Öl und 80 % Sojaschrot gewonnen, d. h. bei der Produktion von 1 Tonne Sojaöl fallen rund 4 Tonnen Sojaschrot an. Es geht beim Anbau von Soja also letztlich nicht allein um den Fleischkonsum in den Industriestaaten, sondern auch um die Versorgung von Schwellenund Entwicklungsländern mit gesundem Sojaöl und einem höheren Anteil an tierischen Produkten. Die Verarbeitung von Sojabohnen in der EU zu Sojaöl und Sojaschrot als Futtermittel ist daher nicht Teil des Problems. Vielmehr leistet sie einen Beitrag zur weltweiten Versorgung.

Eine bewusste Ernährung ist erstrebenswert und Informationen zur richtigen Zusammensetzung sind wichtig. Die Entscheidung, welches und wie viel Fleisch oder Milchprodukte man essen möchte, liegt jedoch bei jedem Einzelnen. Vielmehr ist erforderlich, dass Soja wie auch andere Agrarprodukte nachhaltig angebaut werden, d. h. ohne Schutzgebiete zu zerstören. Der WWF hat mit dem RTRS (Round Table on Responsible Soy) selbst eine solche Initiative zu nachhaltigem Sojaanbau gestartet. (ovid)
Kommentieren Kommentare lesen ( 2 )
weitere Artikel

Status:
Name / Pseudonym:
Kommentar:
Bitte Sicherheitsabfrage lösen:


Kommentare 
Chris Johann schrieb am 09.11.2011 10:06 Uhrzustimmen(69) widersprechen(51)
Landnutzungskonzepte ziehen immer sozioökonomische und ökologische Konsequenzen nach sich. In gut kontrollierbaren System, wie z.b. in der deutschen Landwirtschaft herrscht eine weitgehende Transparenz für Erzeuger und Verbraucher. Da ist es nur Verständlich, dass Verbraucher heimische Produktion, von der Futtermittelerzeugung bis zur Fleischproduktion unter speziellen Vorzeichen ( ökologisch und konventionell) vorziehen wollen und sogar speziell bonitieren. Es ist unbestreitbar, dass unter pflanzenbaulichen Aspekten der Leguminosenanbau auf bis zu 10% der Gesamtanbaufläche ausgeweitet werden kann und tendenziell zu einer Nettogesamtsteigerung der Erntemengen führt. Das würde bedeuten, dass bei derzeit 12 mio. ha (BRD), 1,2 mio ha für den Anbau von Körnerleguminosen zur Verfügung stehen könnten(2 mio ha werden für NAWARO verwendet). Bei 30 dt / ha Ertrag und durchschnittlich 30% Rohproteinertrag könnte somit jährlich ein zusätzlicher Rohproteinertrag von 1,1 mio t zur Verfügung stehen. Übrigens ist derzeitige Eintrag in die Tierhaltung durch Import bei 1,9 mio t an Rohprotein. Auch unbestreitbar ist, dass intensive landwirtschaftliche Produktion immer einen Ressourcenverbrauch (erneuerbar und endlich) darstellt, der in der Erzeugung von tierischen Produktion nochmals potenziert wird. Mithilfe der Verbraucher, die z.B. bei gleicher Investition in tierische Produkte auf 10%-20% an Menge verzichten (was im Bundesdeutschen Druchschnitt zu keinem Mangel führt), wäre eine Umsetzung keine Utopie. Weiterhin muss Flächenstillegung gestoppt werden und die indirekte Förderung von Nachwachsenden Rohstoffen in Form von Ackerintensivkulturen drastisch gesenkt werden.
Romanda schrieb am 29.10.2011 17:01 Uhrzustimmen(76) widersprechen(31)
"Normalisieren" der Ernährungsgewohnheiten heißt mehr Fleisch- und Milchprodukte? Mit derartigen Phrasen will man immer die Wirtschaft retten, aber niemals die Welt. Der Fleischkonsum der Industrieländer wäre problemlos senkbar, zum Segen (fast) aller, wenn die Übersubventionierung dieser Produktion sich "normalisieren" würde.
  Weitere Artikel zum Thema

 USA: Vor Exportrekord bei Sojaschrot

 Entwaldungsfreie Lieferketten: EU-Kommission zur Klärung aufgefordert

 Entwaldungsfreie Lieferketten - CDU will Kleinbauern schützen

 Auch ohne Deutschland - EU-Staaten stimmen für Lieferkettengesetz

 Keine Einigung bei EU-Lieferkettengesetz in Sicht

  Kommentierte Artikel

 Söder setzt sich gegen Verbrenner-Aus ab 2035 ein

 2023 war Jahr der Wetterextreme in Europa

 Wind- und Freiflächen-Solaranlagen: Niedersachsen führt Abgabe ein

 Keine Reduzierung beim Fleischkonsum durch Aufklärung

 Größter Solarpark von Rheinland-Pfalz eröffnet

 Gipfelerklärung der EU setzt auf Lockerungen für Landwirte

 Grundwasser in Bayern wird weniger

 Lindnerbräu - Hoch die Krüge!

 Mutmaßlicher Wolfsangriff - mehrere Schafe in Aurich getötet

 Weniger Schadholz - Holzeinschlag deutlich gesunken