Bis zu den Knöcheln sinkt er in die dunkelrote Masse ein. Als
Winzer Philippe Charlopin unten am Fass einen Hahn aufdreht, strömt der junge Wein hinaus. Dann öffnet er eine Klappe und die Traubenmasse stürzt heraus. Ein Laufband befördert sie in einen Metallbehälter. Dort sorgt Luftdruck dafür, dass noch mehr Saft aus der Masse gedrückt wird. Der Mann in Badehose sinkt langsam mit der Maische nach unten und schiebt die Reste mit einer großen Plastikschaufel aus der Öffnung hinaus.
«2009 wird ein guter Jahrgang», sagt Charlopin zufrieden, der bei Gevrey-Chambertin im Burgund etwa 27 Hektar Weinberge bewirtschaftet. «Die Wetterbedingungen waren hervorragend, wir haben bei der Weinlese nur wenig aussortiert», erklärt er. «Die Trauben enthalten relativ wenig Säure. Im Unterschied zu vergangenem Jahr werden wir dieses Jahr keinen Zucker dazugeben.» Das sogenannte Chaptalisieren dient dazu, den Alkoholgehalt des Weins zu erhöhen. Es ist in Deutschland strenger eingeschränkt als in Frankreich.
Im Burgund war die Lese in diesem Jahr mit drei Wochen im September ungewöhnlich lang. Geerntet wird, wenn das Verhältnis von Säure und Zucker in der Traube optimal ist. Mittlerweile sind die Trauben gepresst, der junge Wein lagert in Stahlbehältern oder Holzfässern, die ihre Gerbstoffe an den Wein abgeben. «Jetzt kommt es darauf an, den Wein weiter auszubauen», erklärt Chalopin. Dabei komme es nicht zuletzt auf die Intuition des Winzers an. Seine Weißweine werden durch dünne Wasserschläuche in den Fässern leicht gekühlt. Drei Mal täglich nimmt Chalopin die Temperatur, um die weitere Gärung zu steuern. «Es ist, als ob man sich um einen anspruchsvollen Patienten kümmert», sagt er und lacht.
Winzer in anderen Weingegenden Frankreichs sind mit der diesjährigen Weinlese ebenfalls weitgehend zufrieden. «2009 ist ein Jahrgang, der viel verspricht», urteilt der Winzerverband in Bordeaux. Auch dort sei das Klima günstig gewesen: Viel Sonne den ganzen Sommer über und ausreichende Niederschläge im September hätten die Trauben bestens reifen lassen. An der Loire und an der Rhône hielten Winzer den Jahrgang ebenfalls für verheißungsvoll, schreibt die Fachzeitschrift «La Revue du Vin». Lediglich in der Provence hätten einige Anbaugebiete unter allzu heftigen Regengüssen gelitten.
Ob 2009 Weinkennern tatsächlich auf lange Sicht als guter Jahrgang in Erinnerung bleiben wird, hängt vor allem davon ab, was sich in den kommenden Monaten in den Fässern tut. Aber auch die Bewertung der Experten trägt maßgeblich zum Image eines Jahrgangs bei - und die können sich auch irren. So galt für den Jahrgang 1959 damals das Motto «jung trinken, lagert sich nicht gut». In den 70er Jahren stellte sich heraus, dass das Gegenteil der Fall war. Wer gegen den Rat der Experten noch ein paar Flaschen auf Lager hatte, konnte sich glücklich schätzen.
«Ein Winzer ist kein Magier, wir können dem Wein nur helfen, sich zu entfalten», meint Chalopin. Dann zieht er mit einem Glasrohr eine Probe des jungen Weißweins aus einem der Fässer. Die Flüssigkeit ist trüb und schmeckt leicht säuerlich. «Er ist noch jung, aber aus ihm kann noch mal richtig was werden», meint der Winzer und hebt das Glas. (dpa)