«Es ist dünn in diesem Jahr mit den Erträgen, aber wir haben gute Erntebedingungen», sagte der Präsident des Hessischen Bauernverbands, Karsten Schmal, am Mittwoch in Otzberg im Kreis Darmstadt-Dieburg. Allein zwischen Februar und Ende Juni habe ein gutes Drittel an Niederschlägen gefehlt. Andere Bundesländer im Osten und Norden seien aber entweder von der Trockenheit oder von Unwettern noch stärker betroffen.
Bei Winterweizen und
Wintergerste sei im Vergleich zu einem Durchschnittsjahr - je nach Lage - ein Minus von 10 bis 30 Prozent zu erwarten. Winterweizen ist die mit Abstand wichtigste Getreideart in Hessen, sie macht mehr als die Hälfte der Getreideanbaufläche von insgesamt 288.200 Hektar aus. Die Getreide- und die
Rapsernte seien europaweit deutlich geringer ausgefallen. «Die Preise ziehen an.»
In der Wetterau sei schon Mitte Juni Wintergerste gedroschen worden, so früh wie noch nie. Der Winterweizen werde bereits seit mehr als einer Woche geerntet - zwei bis drei Wochen früher als sonst. Die verkürzte Wachstumszeit führe zu den geringeren Erträgen, sagte Schmal.
Der
Winterraps (59.300 Hektar Anbaufläche) wird nach Einschätzung der Landwirte - je nach Standort - 10 bis 40 Prozent weniger Erträge bringen. Die Wetterbedingungen für diese Pflanze seien die ganze Wachstumsperiode über ungünstig gewesen.
«Die extremen Witterungsverhältnisse bereiten uns zunehmend Sorgen», sagte Schmal.
Hagel habe vor allem im Raum Waldeck und im Kreis Gießen im Raum Hungen starke Schäden verursacht. Insgesamt seien 8.700 Hektar Getreide, Winterraps, Zuckerrüben und Mais davon betroffen.
Die Futterversorgung sei in manchen Regionen sehr knapp, sagte Schmal. Die Heuernte habe zwar unter optimalen Bedingungen eingebracht werden können. Der zweite
Schnitt des Grases sei aber sehr dünn gewesen und der dritte mancherorts sogar ausgefallen. Die Landesregierung mache es den
Bauern allerdings schwer, die vorgeschriebenen mit Gras bepflanzten ökologischen Vorrangflächen ausnahmsweise für Futter nutzen zu dürfen. Dies sei in Rheinland-Pfalz und Bayern einfacher.
«Ich mache mir große Sorgen um die
Viehhaltung in Hessen», betonte Schmal. Immer neue, für die Bauern teure gesetzliche Regelungen hätten dazu geführt, dass zwischen 2010 und 2016 fast jeder zweite Zuchtsauenhalter in Hessen aufgegeben habe. Die Zahl der
Zuchtsauen sei um 29 Prozent, die der Mastschweine um 15 Prozent zurück gegangen. An Selbstversorgung in Hessen mit
Schweinefleisch sei nicht zu denken. Die mit der neuen
Düngeverordnung verbundenen Auflagen könnten sich auch negativ auf die Rinderzüchter auswirken, sagte Schmal. Dabei gebe es eh schon wenig Viehhaltung in Hessen.
Für eine Prognose der Erträge von Zuckerrüben, Kartoffeln und Mais sei es noch zu früh. Der Mais brauche derzeit allerdings besonders dringend Wasser, weil er in oder kurz vor der Blüte stehe.
Die Wasserknappheit könne auch den üppig behängten Apfel- und Zwetschgenbäumen noch Probleme machen, sagte Bauernverbandssprecher Bernd Weber. Eine «Spitzenernte» habe es bei den Kirschen gegeben. «Für das Obst sieht es gut aus.» Für Erdbeeren und Spargel sei das Wetter jedoch nicht ideal gewesen.
Vor allem im Mai sei es viel zu heiß, zu trocken und zu sonnig für die Früchte gewesen. Dadurch seien die Erdbeeren zu schnell reif geworden und die
Erntehelfer nicht nachgekommen. Für den Spargel galt nach den Worten Schmals: «Erst zu kalt, dann zu trocken und plötzlich zu warm.»