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28.03.2023 | 13:52 | Aktueller Rat Pflanzenbau 

Wachstumsreglereinsatz in Getreide sollte wohl überlegt sein

Karlsruhe - Das renommierte Pflanzenschutz- und Anbauberatungstandem A. und M. Bäuerle im Rems-Murr-Kreis erinnert heute, dass der vergangene Herbst lange wüchsige Bedingungen aufwies.

Halmverkürzer eingesetzt?
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(c) proplanta
„Der eben beendete Winter war zu warm und entsprechend gingen die Wintergetreidebestände einerseits z.T. in ihrer Entwicklung weit fortgeschritten in den Winter, andererseits unterlagen sie aufgrund der zu warmen Witterung oft keiner klassischen Vegetationsruhe,“ so die weiteren Überlegungen der beiden Experten im Vorfeld ihrer Regionalempfehlungen.

Teilweise sind die Bestände, wenn auch verhalten, durchgewachsen. Entsprechend präsentieren sich die Getreideflächen recht verschieden im Kreis. Je nach Saatzeitpunkt, Sorte, Vorfrucht, Standortbedingungen und Höhenlage sind weit, normal oder verhalten entwickelte Bestände über alle Winterungen zu beobachten. Teilweise sind Bestände bereits in der Schossphase in BBCH 30-31-(32), vor allem nach Vorfrucht Mais oder Kartoffeln und früher Saat. Entsprechend muss dieses Jahr der Wachstumsreglereinsatz frühzeitig überlegt und ggf. eine etwas andere Strategie gefahren werden.

Grundsätzlich gilt: Die Lagerneigung nimmt in der Reihenfolge Winterweizen, Triticale, Wintergerste, Winterroggen zu.

Verzichtet werden kann auf den Wachstumsreglereinsatz bei trockener Witterung, hohen Temperaturen, starken Temperaturschwankungen und starker Sonneneinstrahlung. Ebenso bei Standorten mit einem geringen Stickstoffnachlieferungspotential bzw. ohne organische Düngung. Zudem spielen die Standfestigkeit der Sorte, die Aussaatstärke und die Bestandsdichte eine Rolle. Sind die Bestände durch Frost, Hitze oder Wassermangel gestresst kann der Einsatz von Wachstumsreglern zudem kontraproduktiv sein und zu einer Ertragsdepression führen.

Ein früher Einsatz von Wachstumsreglern kann bei geringer Pflanzendichte zur Anregung der Bestockung angedacht werden. Chlormequat-Mittel (z.B. CCC 720, Manipulator, Shortcut XXL, Regulator 720, …) hemmen die für das Längenwachstum verantwortlichen Pflanzenhormone (Gibbereline), verstärken die Halmwand und fördern die Nebentriebbildung. Die Bestände erhalten ein einheitliches Aussehen. Die Temperaturansprüche sind bei diesen Mitteln etwas geringer als bei anderen Wirkstoffen, bei Sonnenschein mind. 7°C und bei bedecktem Himmel 10°C.

Bei wüchsigen, üppigen, lagergefährdeten Beständen und bei hoher bzw. schlecht kalkulierbarer Stickstoffnachlieferung könnte mit Wachstumsregler behandelt werden. Einsatzzeitpunkt ist die frühe Schossphase, d.h. wenn sich der zweite Knoten vom ersten abhebt. Geeignet sind dann Trinexapac-Mittel, wie Calma, Countdown NT, Moddevo, Moddus, Moxa, Vitago, Terplex, Flexa, u.a.

Sie hemmen die Pflanzenhormone später, verkürzen die Abschnitte zwischen den Knoten, die sich gerade im Wachstum befinden, verstärken die Wand des Getreidehalms und verbessern die Wurzelbildung. Sie wirken gleichmäßig auf Haupt- und Nebentriebe. Bestände sehen damit ungleichmäßig, fast wie unbehandelt aus. Sonniges Wetter und Temperaturen von mind. 12°C sind für eine gute Wirkung erforderlich. Moddevo wirkt auch bei tieferen Temperaturen und eignet sich für den früheren Einsatz (ab BBCH 25 (Gerste BBCH 29) bis 31/32). Der frühe Einsatz verkürzt die untersten Stängelabschnitte.

Eingesetzt werden können auch Prohexadion-Mittel, wie Prodax, Medax Top, Fabulis OD. Der Wirkstoff Prohexadion-Calcium in Fabulis OD wirkt ähnlich wie ein Trinexapac-Mittel. Medax Top enthält zwei Wirkstoffe. Mepiquat-Chlorid wirkt früh auf die Pflanzenhormone, verkürzt die Länge und verstärkt die Wand des Halms. Der Haupttrieb wird gehemmt, die Nebentriebe gefördert. Der zweite Wirkstoff Prohexadion-Calcium wirkt wie bei Fabulis OD etwas später. In Prodax sind die Wirkstoffe Prohexadion-Calcium und Trinexapac kombiniert. Die Wirkstoffe verkürzen über einen längeren Zeitraum den Halm und erhöhen die Dicke der Halmwand. Es hat ein breites Anwendungsfenster. Medax Top + Turbo und Prodax haben die stärkste einkürzende Wirkung.

Ethephon-Mittel, wie Camposan Extra, Cerone 660, Orlicht Plus oder Vitoval wirken über das Pflanzenhormon Ethylen. Die Temperaturansprüche liegen bei mind. 14°C und wüchsigem Wetter. Sie verkürzen die Halmlänge, die Halmwand wird nicht beeinflusst. Ethephon hat positive Auswirkungen auf das Ährenknicken der Gerste.

Abschließender Hinweis: Die Notwendigkeit eines Wachstumsreglereinsatzes will sorgfältig abgewogen werden. Ein frühzeitiger Wachstumsreglereinsatz bewirkt eine gute Standfestigkeit. Wird er zu spät eingesetzt, wird nur der obere Teil des Halms verkürzt. Die Getreidepflanzen sind dann anfälliger gegenüber Krankheiten, da die Ähre schlecht abtrocknet. Bei Tankmischungen mit Azol-Fungiziden ist die Aufwandmenge zu reduzieren. Grundsätzlich ist bei der Kombination mit anderen Pflanzenschutzmitteln auf die Verträglichkeit zu achten. Herstellerhinweise sind zu beachten. Kein Einsatz bei Nachtfrostgefahr!

Praxistipp: Weitere Informationen können dem gelben IP-Heft „Integrierter Pflanzenschutz 2023 - Ackerbau und Grünland“ auf Seite 41-43 entnommen werden.

(Informationen des Rems-Murr-Kreis vom 27.03.2023)
LTZ Augustenberg
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