Laut Daten des Statistischen Amtes der EU (Eurostat) nahm die Zahl der in meldepflichtigen Schlachtstätten zerlegten Rinder im ersten Halbjahr 2022 gegenüber dem Vorjahreszeitraum sogar leicht um 42.000 Tiere oder 0,4 % auf rund 11,18 Millionen Stück zu. Bei etwas rückläufigen Schlachtgewichten lag die in den 27 Mitgliedstaaten erzeugte Rindfleischmenge mit knapp 3,29 Mio. t nur um 0,6 % unter dem Niveau des ersten Halbjahres 2022.
Ein stärkerer Einbruch ist laut
EU-Kommission im weiteren Jahresverlauf nicht zu erwarten. In ihrer Sommerprognose gingen die Brüsseler Analysten davon aus, dass die EU-Rindfleischerzeugung 2022 bei 6,85 Mio. t liegen und damit den Vorjahreswert nur um 34.000 t oder 0,5 % unterschreiten wird. Die hohen
Produktionskosten bei den Landwirten, insbesondere für Futter, würden vor dem Winter für ein zunehmendes Schlachtviehangebot bei sinkenden Schlachtgewichten sorgen, so die Kommission.
Auch für den Rindfleischverbrauch in der Gemeinschaft erwarten die EU-Marktanalysten - trotz gestiegener
Verbraucherpreise und Kaufkraftverlusten durch die Inflation - einen vergleichsweise geringen Rückgang. Die heimische Nachfrage soll im Vergleich mit 2021 lediglich um 0,2 % auf rund 6,59 Mio. t sinken; das wären bei einem Durchschnittsverbrauch von 10,2 kg je Kopf lediglich 100 g weniger als im Vorjahr. Vor Corona hatte der Rindfleischverbrauch in der EU-27 allerdings noch bei gut 6,8 Mio. t oder 10,7 kg/Kopf gelegen.
Ob die tatsächliche Verbraucherreaktion in der Prognose bei starker Inflation richtig eingeschätzt wurde, bleibt abzuwarten. Weniger gut lief im ersten Halbjahr 2022 der
EU-Export von Rindfleisch und lebenden Tieren, der ohne die Berücksichtigung von Rinderfett um 7,6 % auf 463.300 t sank. Auf der anderen Seite nahmen die Rindfleischimporte um 25,1 % auf 179.700 t zu. Vor allen Brasilien, Argentinien und das Vereinigte Königreich lieferten mehr Ware auf den
Binnenmarkt, Uruguay und Australien weniger.
Schlusslichter Deutschland und FrankreichDie Rindfleischerzeugung in den einzelnen EU-Mitgliedstaaten hat sich im ersten Halbjahr 2022 sehr unterschiedlich entwickelt. Vor allem in den beiden großen Produktionsländern Frankreich und Deutschland gab es deutlich weniger Schlachtrinder zu verarbeiten, was letztlich zu dem Rückgang in der gesamten EU führte.
Im Nachbarland Frankreich sank das Schlachtrinderaufkommen gegenüber den ersten sechs Monaten 2021 um 93.200 Tiere oder 4,2 % auf 2,13 Millionen Stück; die Rindfleischerzeugung ging daraufhin um 4,3 % auf 682.340 t zurück. Noch deutlicher war der Einbruch in Deutschland mit einem Minus bei den
Rinderschlachtungen um 130.000 Tiere oder 8,3 % auf 1,44 Millionen Stück, wobei die
Rindfleischproduktion um 9,4 % auf 474.600 t abnahm. In beiden Ländern waren 2021 die
Rinderbestände überdurchschnittlich stark abgebaut worden, was nun in einem geringeren Schlachtviehangebot männlicher und weiblicher Tiere mündete.
Diese Entwicklung dürfte sich fortsetzen, da bei der
Viehzählung im Mai 2022 erneut weniger Rinder und vor allem Kühe in Deutschland und Frankreich gehalten wurden. Das Schlachtrinderangebot dürfte deshalb weiter sinken, wenn dies nicht durch vermehrte Lebendimporte oder gedrosselte Ausfuhren von Lebendrindern ausgeglichen werden sollte. Ansonsten nahm im ersten Halbjahr 2022 auch die Rindfleischerzeugung in Belgien und Dänemark um jeweils mehr als 2 % ab; in den Niederlanden und Schweden ging sie um jeweils gut 1 % zurück.
Mehr Schlachtungen in Irland und SpanienIn anderen Mitgliedstaaten wuchsen dagegen im ersten Halbjahr 2022 das Schlachtrinderaufkommen und auch die daraus erzeugte Menge an Fleisch. Das traf insbesondere auf Irland zu, wo im Vergleich zur ersten Jahreshälfte 2021 laut
Eurostat fast 90.000 Rinder oder 10,6 % mehr geschlachtet wurden und die dazugehörige
Fleischproduktion um 8,3 % auf 301.420 t stieg. Mitverantwortlich hierfür waren die um ein Fünftel höheren Anlieferungen von Kühen ins Schlachthaus, darunter auch viele Mutterkühe.
Neben Problemen mit der Trockenheit und gestiegenen Produktionskosten wurden offenbar auch wieder mehr ältere Milchkühe aus der Produktion genommen; in den Jahren zuvor war der Milchkuhbestand in Irland stetig erhöht worden. Auch die spanischen
Rinderhalter haben ihre Bestände aufgestockt und dabei insbesondere die Milchkuhherden vergrößert.
Das Aufkommen an schlachtreifen Rindern insgesamt nahm nun gegenüber Januar bis Juni 2021 um 6,6 % auf 1,30 Millionen zu; die spanische Rindfleischherstellung wuchs im gleichen Zeitraum um 7,3 % auf 367.450 t. Auch Italien meldete eine höhere Rindfleischerzeugung; sie stieg um 5,3 % auf 375.100 t. Laut Kommission trug dazu auch bei, dass mehr Lebendrinder aus anderen EU-Staaten importiert wurden, die dann in Italien gemästet und geschlachtet wurden.