In ihrem Inneren liegen zwei tote Wildschweine. Noch steht das Ergebnis ihrer Gewebeprobe auf die Afrikanische
Schweinepest (ASP) aus. Ende Oktober wurde nur wenige Kilometer entfernt der erste Schwarzkittel mit der
Tierseuche geschossen. Seitdem stemmt sich Sachsens östlichster Landkreis als ein «Bollwerk» gegen die Ausbreitung der Infektionskrankheit.
Als «Bollwerk» bezeichnete der sächsische Ministerpräsident Michael Kretschmer (
CDU) die zahlreichen Maßnahmen im Landkreis Görlitz am Mittwoch bei einem Vor-Ort-Termin. Der Görlitzer Krisenstab zeigt ihm Wildschutzzäune entlang der Neiße zwischen Polen und Deutschland.
Auch ein Abstecher zum Fleisch- und Wurstwarenhersteller Willms in Weißwasser steht auf dem Plan. «Wir haben hier inzwischen 2.000 Quadratkilometer gefährdetes Gebiet, das bis zum Burkauer Berg reicht. Wir bauen Zäune, suchen nach Fallwild. Eine der wichtigsten Aufgaben ist die
Jagd auf die Wildschweinpopulation. Trotzdem treibt uns die Sorge, dass sich das Virus weiter ausbreitet», sagt Udo Mann, Leiter des operativen Tierseuchenzentrums.
Eine Karte zeigt Restriktions- und Pufferzonen. Die zahlreichen roten Markierungen sind bestätigte ASP-Fälle, besonders viele finden sich entlang der Neiße. Für Kretschmer ist der Kampf gegen die Ausbreitung der ASP «eine europäische Aufgabe». Er will bei Bund und Ländern für ein solidarisches Miteinander bei der Bekämpfung der Tierseuche werben. Betroffene Länder dürften nicht allein gelassen werden. «Wir werden den Bund auffordern, auf Polen zuzugehen». Im Nachbarland müssten
Wildschweine stärker bejagt werden, ansonsten werde man im Landkreis Görlitz das Problem nicht lösen können.
Die Landesregierung hat ein Interesse an einer regelmäßigen Abstimmung mit dem Bund zum Thema ASP, versichert Kretschmer: «Wir lernen durch die persönliche Betroffenheit, welche Gesetze und Verfahren - wie den schnelleren Zaunbau - geändert werden müssen. Das kann nur die Bundesregierung, wie auch wirkungsvoll auf Europa und Polen Einfluss ausüben.» Bei einem ASP-Ausbruch in Schweinezuchtbetrieben seien die ökonomischen Schäden enorm. Die Sorgen seien auch in den anderen Bundesländern groß.
Der Görlitzer Landrat Bernd Lange (CDU) mahnt erneut ein einheitliches Vorgehen gegen die Tierseuche über Staats- und Bundeslandgrenzen hinweg an. «Seit Februar fordern wir eine ständige Arbeitsgruppe unter Einbindung der betroffenen Landkreise in Sachsen, Brandenburg und Mecklenburg-Vorpommern unter Führung des Bundesagrarministeriums, bis jetzt ohne Resonanz», sagt er. Auch die Zusammenarbeit zwischen den sächsischen Ministerien müsse besser werden. «Für das Thema sind drei unterschiedliche Landesministerien zuständig, die sich besser austauschen müssen.»
Der Krisenstab im Landkreis Görlitz überlegt, mit welchen Maßnahmen noch gegen die ASP vorgegangen werden kann. «Wir wollen unter anderem mit den Landwirten sprechen, dass sie in einem Gürtel entlang der Neiße auf den Anbau von Mais verzichten.
Wir müssen den Korridor nach Polen in den Griff bekommen. Es braucht eine substanzielle Dezimierung des Wildschweinbestands», sagt Mann. Dabei setze der Landkreis auf die Hilfe des sächsischen Landwirtschaftsministeriums. «Wir wollen Anordnungen vermeiden und ein konstruktives Miteinander mit den Agrargenossenschaften.» In Maisfeldern rotten sich Schwarzkittel besonders gern zusammen.
Bisher wurden im Landkreis Görlitz knapp 1.800 Wildschweine in den vergangenen Monaten geschossen oder tot aufgefunden, bei rund 410 Tieren wurde das ASP-Virus festgestellt. Die
Seuche ist eine Erkrankung bei Haus- und Wildschweinen, die fast immer tödlich verläuft. Für Menschen ist sie ungefährlich.