Die Vereinigung der
Erzeugergemeinschaften für
Vieh und Fleisch (VEZG) musste am 1.7.2020 ihre nationale Leitnotierung für Schlachtschweine um 6 Cent auf 1,60 Euro/kg Schlachtgewicht (SG) zurücknehmen. Infolge der durch das Corona-Geschehen momentan eingeschränkten Schlachtungen falle das verfügbare Lebendangebot mehr als ausreichend aus, weshalb die Schlachtunterunternehmen Druck auf die Preise ausübten, berichtete die VEZG.
Nach ihren Angaben beliefen sich die bei ihren Mitgliedern zur Vermarktung anstehenden Stückzahlen für die am vergangenen Donnerstag begonnene Schlachtwoche auf 263.100 Schweine; das waren 12 % mehr als in der Vorwoche und 14 % mehr als im üblichen Mittel. Auf der anderen Seite lassen Daten der
Bundesanstalt für Landwirtschaft und Ernährung (
BLE) einen deutlichen Rückgang der Schlachtungen erkennen. Demnach kamen in der Woche vor der Schließung des Tönnies-Werkes Mitte Juni bundesweit noch 874.949 Tiere an den Haken; zwei Wochen später waren es in der letzten vollen Juniwoche mit 784.765 Schweinen gut 90.000 Stück weniger.
Noch ist unklar, wann der wichtige Schlacht- und Zerlegstandort in Rheda-Wiedenbrück wieder starten kann; zuletzt wurde die Quarantäne für große Teile der Mitarbeiterschaft bis zum 17. Juli verlängert. Dem Geschäftsführer der
Interessengemeinschaft der Schweinehalter Deutschlands (ISN), Dr. Torsten Staack, zufolge, werden in dem „systemrelevanten Tönnies-Werk“ im Normalbetrieb 12 % bis 14 % der deutschen Schweine geschlachtet; wöchentlich stauten sich nun bis zu 100.000 Schweine auf. Die
ISN, wie auch der Westfälisch-Lippische Landwirtschaftsverband (WLV), drängten darauf, unter Beachtung des Gesundheitsschutzes die Produktion schrittweise und möglichst rasch wieder hochzufahren.
China sperrtAuch in Belgien stauen sich laut dortigen Analysten schlachtreife Tiere, weil sich diese nicht mehr an deutsche
Schlachtunternehmen verkaufen lassen. Die Notierung brach dort bei Danis um 10 Cent/kg Lebendgewicht (LG) und bei Westvlees um 8 Cent/kg LG ein, nachdem sie schon eine Woche zuvor jeweils um 4 Cent/kg nachgegeben hatten. Druck droht in der gesamten Europäischen Union auch vom
Fleischmarkt, denn es fehlen coronabedingt nicht nur Zerlegekapazitäten, sondern auch der Chinaexport gerät zunehmend ins Stocken.
Mittlerweile sind mehrere Schlachtunternehmen in Deutschland, den Niederlanden und anderen EU-Staaten wegen Corona-Ausbrüchen in ihren Produktionsstätten für Schweinefleischlieferungen in die Volksrepublik gesperrt. Mehr Ware muss somit am
Binnenmarkt Käufer finden, was die Preise für einzelne Teilstücke und Nebenerzeugnisse unter Druck zu setzen beginnt.
In den Niederlanden gaben die
Schlachtschweinepreise vergangene Woche nach der China-Sperre von zwei Vion-Werken sowie von Van Roi Meat und Westfort um rund 14 Cent/kg SG nach. In Dänemark setzte sich der Preisrückgang mit einem Minus von umgerechnet 4 Cent auf 1,41 Euro/kg SG beim
Marktführer Danish Crown (DC) fort. Das Unternehmen führte das vor allem auf die schwache Schweinefleischnachfrage in der EU zurück.
In Deutschland sei der Absatz um 20 % gesunken, was im Zusammenhang mit Covid-19 und der
Diskussion um die Schlachtbetriebe stehe, berichtete DC. Die begonnenen Schulferien in mehreren Bundesländern dürften ebenfalls dazu beigetragen haben.
Österreich bleibt stabilIn Österreich konnte dagegen ein unterdurchschnittliches Schweineangebot dem Verband landwirtschaftlicher Veredlungsproduzenten (VLV) zufolge recht problemlos vermarktet werden. Die Vorgänge um Tönnies und deren Marktfolgen seien entlang der gesamten
Wertschöpfungskette intensiv diskutiert worden, hätten aber keinen Einfluss auf den
Erzeugerpreis gehabt. Die VLV-Notierung blieb mit 1,63 Euro/kg SG stabil.
Auch in Frankreich wurde mit 1,346 Euro/kg SG unverändert notiert, und zwar die sechste Woche in Folge. Mit Holvia Porc im Département Mayenne musste vergangene Woche einer der größten Sauenschlachter wegen Corona-Fällen bei Mitarbeitern die Produktion vorrübergehend aussetzen. In Spanien ging das Angebot schlachtreifer Schweine saisonal weiter zurück; heiße Sommertemperaturen bremsten das Wachstum der Tiere. Allerdings seien auch dort die schwierigeren Vermarktungsbedingungen für Fleisch in der EU und in China zu spüren, berichtete der Mercolleida. Dessen Leitnotierung blieb mit 1,328 Euro/kg LG aber ebenfalls unverändert. Unterdessen setzte sich in Italien die Markterholung nach der Corona-Krise fort; ein Ausdruck dessen war der Anstieg der nationalen Notierung für Schlachtschweine um 4,8 Cent/kg LG.
EU-Durchschnitt unter 160 EuroIm Mittel der Mitgliedstaaten hatten die Schlachtschweinepreise in der EU schon in der letzten Woche bis zum 28. Juni nachgegeben. Nach Angaben der
EU-Kommission wurden für Tiere der Handelsklasse E im
Schnitt 159,55 Euro/100 kg SG gezahlt; das waren 2,06 Euro oder 1,3 % weniger als in der Vorwoche. Maßgeblich dazu bei trug der
Preisverfall in den Niederlanden um 13,0 % infolge des coronabedingten Verlustes der Lieferberechtigung nach China für einige große Schlachthöfe.
Zudem kürzten die Schlachtbetriebe in Polen und Ungarn ihre Auszahlungsleistungen um 2,9 % beziehungsweise 1,4 %. Moderater fielen die Abschläge mit maximal 0,7 % in Tschechien, Dänemark, Slowenien, Estland und Schweden aus. Weitgehend stabil blieben dagegen in der letzten vollen Juniwoche die Schlachtschweinepreise in Deutschland, Österreich, Frankreich, Rumänien und Bulgarien. Im Süden Europas konnten sich die
Mäster dagegen über Aufschläge freuen. So erhöhten italienische Schlachtunternehmen ihre Ankaufspreise für Schweine im Vorwochenvergleich um 1,2 %; in Spanien und Portugal ging es um 1,7 % beziehungsweise 2,4 % nach oben.