Nach den kräftigen Abzügen in den beiden Vorwochen von insgesamt 19 Cent konnte die Vereinigung der
Erzeugergemeinschaften für
Vieh und Fleisch (VEZG) am Mittwoch (15.7.) ihre Schlachtschweinenotierung auf dem abgesenkten Niveau von 1,47 Euro/kg Schlachtgewicht (SG) stabil halten. Durch den vierwöchigen Lockdown bei Tönnies in Rheda-Wiedenbrück dürften sich laut der
Interessengemeinschaft der Schweinehalter Deutschlands (
ISN) mittlerweile etwa 400.000 schlachtreife Tiere aufgestaut haben.
Die VEZG berichtete entsprechend, dass die verfügbaren Angebotsmengen auf dem deutschen
Schlachtschweinemarkt weiterhin über den benötigten Bedarf hinausgingen. Bei ihren Mitgliedsbetrieben lagen die zu vermarktenden Stückzahlen zuletzt gut 20 % über dem Normalniveau. Die Wiederaufnahme der Schlachtung bei Tönnies ist für die Schweinehalter ein ermutigendes Signal, doch der Abbau der Überhänge kann nach Einschätzung von Analysten noch Wochen dauern.
Denn nicht nur bei Tönnies, sondern auch in anderen Schlachthöfen können die vorhandenen Verarbeitungskapazitäten wegen der verschärften Hygieneregeln nicht voll ausgelastet werden. Zudem gab es zuletzt laut Marktbeobachtern am deutschen
Fleischmarkt Absatzprobleme.
Die
Konsumenten übten sich offenbar aufgrund der Negativberichte über die
Fleischindustrie in Kaufzurückhaltung. Oft mussten im Verkauf große Preisnachlässe für Teilstücke eingeräumt werden. Bestehen bleibt zunächst auch das Problem, dass Tönnies in Rheda-Wiedenbrück, aber auch andere
Schlachter in Deutschland und der Europäischen Union, wegen der Corona-Problematik für den chinesischen Markt gesperrt sind. Damit fällt ein wichtiger Absatzkanal im Drittlandsexport weg. Insgesamt ist die Wiedereröffnung des größten deutschen Schweineschlacht- und Zerlegbetriebes aber sicher ein marktstabilisierender Faktor.
Schlachthofsperrung in ÖsterreichAuch in anderen EU-Staaten wurde das Wiederhochfahren des Tönnies-Werkes mit Erleichterung aufgenommen. Das galt insbesondere für die Schweinehalter in Belgien, die nun darauf hoffen, wieder mehr Tiere im Ausland absetzen zu können. Nach kräftigen Abschlägen in den Vorwochen blieben die
Schlachtschweinepreise in Belgien zuletzt stabil. Auch in den Niederlanden ist in der vergangenen Woche der
Preisverfall zum Stillstand gekommen.
In Frankreich wurde die Schweinevermarktung durch den Nationalfeiertag am 14. Juli gestört, doch es kam nicht zu großen Überhängen. Bei recht guter Fleischnachfrage ging die Notierung am Marché du Porc Breton im Vorwochenvergleich „nur“ um 1,1 Cent auf 1,293 Euro/kg SG zurück. In Frankreich bestehen allerdings Befürchtungen, dass die Wiederaufnahme der Schweinefleischerzeugung bei Tönnies bei einem gleichzeitigen
Exportverbot nach China den EU-Fleischmarkt belasten könnte. In Österreich musste vergangene Woche der größte Schweineschlachtbetrieb Niederösterreichs wegen gehäufter Corona-Infektionen von Mitarbeitern seine Tore schließen.
Laut dem Verband landwirtschaftlicher Veredlungsproduzenten (VLV) konnte die Wochenschlachtung von rund 5.000 Tieren aber ohne Marktdruck auf andere
Betriebe umgeleitet werden. Die Notierung in Österreich blieb bei einem weitgehend ausgeglichenen Lebendmarkt mit 1,50 Euro/kg SG unverändert.
Großes Fleischangebot am BinnenmarktDänemarks
Marktführer Danish Crown (DC) berichtete, dass sich der europäische Schweinefleischmarkt nach einem Monat voller Unruhen langsam wieder beruhige. Es gebe zwar ein großes Angebot am
Binnenmarkt, doch würden sich die Fleischpreise nun teilweise stabilisieren. Im Drittlandshandel gebe es für DC gute Verkäufe nach Japan und stetige Lieferungen nach China. Das Unternehmen ließ seinen Ankaufspreis für Schlachtschweine unverändert. In Spanien hingegen ging es mit der Notierung am Mercolleida um 2,2 Cent auf 1,30 Euro/kg Lebendgewicht (LG) nach unten. Einem saisonal abnehmenden Lebendangebot stehe ein schwieriger internationaler Fleischverkauf mit aggressiven Preisofferten der Wettbewerber in der EU gegenüber, berichtete der Mercolleida.
Die Lage am Fleischmarkt und die in den vergangenen Wochen gewachsene Preisdifferenz zu anderen Mitgliedstaaten habe den Ausschlag für den Notierungsrückgang gegeben. Mit einem Preisplus bei Schlachtschweinen konnte vergangene Woche nur Italien aufwarten; hier gab es einen Aufschlag von 2,5 Cent/kg (LG). Die jüngsten Notierungsaufschläge stießen dortigen Analysten zufolge aber auf immer größeren Widerstand der Schlachter, weil deren Gewinnmarge mittlerweile stark zusammengeschrumpft ist.
Tönnies sorgt für Preisdruck in der EUIn der gesamten EU machten sich in der Woche zum 12. Juli die Marktturbulenzen wegen der Tönnies-Schließung noch mit deutlichen Preisabschlägen in mehreren Mitgliedstaaten bemerkbar. Schlachtschweine der Handelsklasse E erlösten laut
EU-Kommission im Mittel der Gemeinschaft 153,88 Euro/100 kg SG; das waren 5,04 Euro oder 3,2 % weniger als in der Vorwoche. Im Vorjahresvergleich erhielten die
Mäster gut 13 % weniger Geld für ihre Tiere.
In der Berichtswoche fielen die Schlachtschweinepreise in Deutschland und Belgien um jeweils gut 5 %; in Polen belief sich das Minus sogar auf 6,2 %. Zudem mussten die Erzeuger in den Niederlanden, Tschechien, Rumänien und Österreich Abschläge zwischen 2,2 % und 3,7 % verkraften. In Spanien blieb die Auszahlungsleistung der Schlachtbetriebe dagegen unverändert. Französische
Vermarkter von schlachtreifen Schweinen konnten sich über ein moderates Plus von 0,7 % freuen, dass in Italien mit 2,9 % europaweit am größten ausfiel.