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23.12.2014 | 09:32 | Geflügelpest 

Vogelgrippe H5N8 bedroht vor allem Hühnervögel

Riems / Mursewiek - Nur noch wenige Gänse schnattern im Stall von Holger Kliewe auf der Insel Rügen.

Gefährdete Hühnervögel
Tausende tote Wildvögel, wochenlange Stallpflicht - das war die Vogelgrippe H5N1 vor knapp neun Jahren. Der Erreger H5N8 hingegen schleicht sich still in die Bestände. Auch weil nicht massenhaft tote Wildvögel gefunden werden, sind Geflügelhalter verunsichert. (c) proplanta
Fast alle 4.000 Weihnachtsgänse und Enten, die der Landwirt seit November wegen der Vogelgrippe im Stall großziehen musste, sind geschlachtet und verkauft.

Die Bilanz fällt trotz der guten Verkaufszahlen durchwachsen aus. «Die Gänse haben im Stall durchschnittlich 500 Gramm verloren, die Enten 200 bis 300 Gramm», sagt Kliewe. Der fehlende Auslauf habe den ans Freiland gewöhnten Tieren zugesetzt. Da er sein Geflügel nach Gewicht verkaufe, hätten am Ende 12.000 bis 15.000 Euro an Einnahmen gefehlt.

Schuld ist das Virus H5N8. Nicht weit von Kliewes Hof entfernt war am 17. November eine Krickente erlegt worden, bei der die gefährliche Vogelgrippe nachgewiesen wurde. Die Ente blieb bislang der einzige Wildvogel in Deutschland mit einem solchen Testergebnis - obwohl von den Landesämtern zahlreiche Proben untersucht wurden. Inzwischen wurde das Virus auch bei einer tot an der Elbe gefundenen Stockente nachgewiesen.

In den Geflügelbetrieben hingegen folgte Schlag auf Schlag: In Deutschland war neben einem Bestand mit 30.000 Puten im vorpommerschen Heinrichswalde auch ein Betrieb mit 20.000 Tieren in Niedersachsen betroffen. Auch in anderen europäischen Ländern wie Großbritannien und den Niederlanden wurde das Virus inzwischen auf Geflügelhöfen nachgewiesen.

Unter den Geflügelhaltern herrscht Verunsicherung, auch weil die Situation ganz anders ist als 2006 mit dem Virus H5N1. Damals wurden an den Küsten und in den Rastgebieten Tausende tote Wildvögel gefunden. Der Erreger war präsent. Er galt auch für den Menschen als gefährlich - mehr als 600 Menschen weltweit steckten sich seit 2003 an, viele starben.

«H5N8 ist ein anderes Virus mit anderen Gen-Segmenten und anderen biologischen Eigenschaften. Nicht alle Tiere sterben notwendigerweise daran», sagt der Präsident des Friedrich-Loeffler-Instituts, Thomas Mettenleiter. Für Hühnervögel und vor allem für Puten gelte H5N8 als hochgefährlich. In Heinrichswalde seien innerhalb weniger Tage 90 Prozent des befallenen Putenbestandes gestorben.

Bei Wassergeflügel wie Enten und Gänsen scheine es hingegen weniger pathogen zu sein, wie Untersuchungen aus Südkorea und eigene Studien zeigten, sagt der Virologe. «Offensichtlich überstehen Enten und Gänse eine Infektion ohne größere klinische Symptome. Aber sie scheiden in großen Mengen den Erreger aus.»

Im Ursprungsgebiet hätten sich auch Hunde mit dem Erreger infiziert, teilte die Gesellschaft für Virologie (GfV) mit. Die Tiere hätten aber offenbar keine Krankheitssymptome gezeigt. Dass die H5N8-Viren Menschen infizieren, sei hingegen derzeit nicht anzunehmen - aber auch nicht völlig auszuschließen.

Das Friedrich-Loeffler-Institut auf der Ostseeinsel Riems - zuständig für die Gesundheit der Nutztiere in Deutschland - hat das Risiko für Auftreten und Einschleppung der Vogelgrippe vom Subtyp H5N8 in bestimmten Gebieten Deutschlands als hoch eingestuft und für diese auch eine Stallpflicht empfohlen. Angesichts des neuen Falls in Niedersachsen dürfte eine von Bauer Kliewe und vielen Freilandhaltern ersehnte Korrektur dieser Einschätzung nicht kommen. «An unserer Risikobewertung wird sich erst etwas ändern, wenn sich die epidemiologische Situation geändert hat», sagt FLI-Präsident Thomas Mettenleiter.

Stutzig macht allerdings, dass bei allen bisherigen Nachweisen in Europa Stallhaltungen und nicht Freilandbestände betroffen waren - die ja in der Regel viel eher Kontakt mit Wildvögeln haben. «Das ist etwas, was wir untersuchen müssen», sagt Mettenleiter. Ein kausaler Zusammenhang von Massentierhaltung und dem Ausbruch der Vogelgrippe sei nicht belegt. «Wenn der Erreger in einen Bestand mit vielen Tieren eindringt, sind allerdings zwangsläufig die Konsequenzen größer», so Mettenleiter.

Der Zentralverband der Deutschen Geflügelwirtschaft hatte die in einzelnen Bundesländern ausgesprochene Stallpflicht begrüßt. Bislang sei nicht erkennbar, dass der Geflügelabsatz rückläufig sei, sagte Verbandssprecher Florian Anthes. «Weihnachten ist Geflügelzeit.» Die Nachfrage nach Geflügelfleisch nimmt seit Jahren zu. 2013 betrug der Pro-Kopf-Verbrauch von Geflügelfleisch in Deutschland 19,4 Kilogramm.

Bauer Kliewe ist überzeugt, dass Tiere in Freilandhaltung resistenter gegen die Vogelgrippe-Erreger sind als Stalltiere. Er wünscht sich nichts sehnlicher als ein Ende der Stallpflicht. «Wir haben im Gegensatz zu 2006 keine Seuche in Deutschland, sondern nur partielle Ausbrüche». Er befürchtet, dass die Vogelgrippe Auswirkungen auf 2015 haben wird. «Der Bruterfolg ist im Stall wesentlich schlechter als im Freiland.» (dpa)
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