Vorsprung durch Wissen
schließen x
Suchbegriff
Rubrik
 Suchen
Das Informationszentrum für die Landwirtschaft
15.01.2011 | 12:43 | Aquakultur 

Wenn der "Tiger" Würmer frisst: Nachhaltigere Garnelen und Fische

Kiel/Büsum/Schwentinental - Die Nachfrage nach Fisch und Shrimps steigt weltweit rasant an. Doch die Meere sind überfischt, die Artenvielfalt ist stark bedroht.

Krabben
(c) proplanta
Daher fördert die Deutsche Bundesstiftung Umwelt (DBU) zwei neue Projekte in Schleswig-Holstein, die die Fisch- und Garnelenzucht in Aquakulturen voranbringen sollen: Die Firma e-nema aus Raisdorf erhält rund 470.000 Euro, um die Garnelenzucht deutlich umweltverträglicher und zugleich wirtschaftlicher zu machen - erprobt wird die Fütterung von „Black Tiger Shrimps“ mit Fadenwürmern. Die Firma BlueBioTech aus Büsum will die Mikroalge „Pavlova“ als Futterzugabe für Fischlarven erforschen und wird mit über 370.000 Euro gefördert. „Nachhaltige Aquakultur entlastet die Umwelt und gewährleistet artgerechte Haltung“, sagte heute Prof. Dr. Werner Wahmhoff, stellvertretender DBU-Generalsekretär und Abteilungsleiter Umweltforschung und Naturschutz, bei der Übergabe der Förderbescheide im Büsumer Wirtschafts- und Wissenschaftspark „mariCUBE“.


Forschungs- und Technologiekompetenz wird gestärkt

„Wir freuen uns sehr, dass die DBU die Forschungs- und Technologiekompetenz in der Aquakultur hier in Schleswig-Holstein weiter stärkt“, sagte Dr. Hartmut Euler, Leiter der Abteilung „Technischer Umweltschutz, Klimaschutz“ im Ministerium für Landwirtschaft, Umwelt und ländliche Räume, der bei der von der Wirtschaftsförderung und Technologietransfer Schleswig-Holstein (WTSH) organisierten Veranstaltung vor Ort war. „Auch für uns ist es ein großer Erfolg, dass wir den zwei Firmen mit unserem Hinweis auf die DBU den entscheidenden Förderer nennen konnten“, sagte Dr. Michaela Oesser, Innovationsberaterin bei der WTSH.


Neue und umweltentlastende Futtermittel werden dringend gesucht

Wahmhoff erläuterte das Grundproblem, dem sich beide Projekte widmen: „Die so genannten mehrfach ungesättigten Fettsäuren haben bei nahezu allen Lebewesen - auch bei Garnelen und Fischen - wichtige Stoffwechselfunktionen. Doch der Körper kann sie nicht selbst bilden, sie müssen mit der Nahrung zugeführt werden.“ Bisher sei der Fettsäure-Bedarf der Tiere über das Verfüttern von Fischmehl und -öl aus Wildfängen gedeckt worden. Etwa zehn Millionen Tonnen - das sind ein Drittel der jährlichen Gesamterträge aus der Industriefischerei - würden zu Futtermittel verarbeitet. Wegen der Überfischung der Weltmeere bestehe daher großer Bedarf an alternativen Fettsäure-Quellen, die nun in den beiden Forschungsvorhaben untersucht würden, so Wahmhoff.


Umweltfreundlichere Garnelenproduktion durch neue Nährtiere

„Junge Garnelenlarven sind recht anspruchsvoll, sie fressen nur lebendes Futter. Im Projekt wollen wir daher als neue Futtertiere Fadenwürmer - so genannte Nematoden - einsetzen“, erläuterte Tillmann Frank, Geschäftsführer der Firma e-nema. Zwar könnten Fadenwürmer selbst keine Fettsäuren bilden, aber man könne sie mit aus Mikroalgen gewonnenen Fettsäuren anreichern.

„Laufen die Fütterungsversuche erfolgreich, ist ein biotechnologisch erzeugtes, standardisiertes Lebendfutter gefunden, das die Ressourceneffizienz der Garnelenfütterung - und später eventuell auch die Fischproduktion - erheblich steigern kann“, sagte Frank. Die Fadenwürmer könnten zudem in eine monatelange Trockenstarre versetzt und so konserviert werden. Im Wasser zeigten sie später dann wieder normales Verhalten. Die Umwandlungsmöglichkeit eines lebenden Organismus in ein lager- und transportfähiges Produkt habe enorme Vorteile - die Nährtiere könnt en so immer in „maulgerechter“ Größe und in passender Menge bereitgestellt werden. Die Produktion beliebter Garnelensorten wie der „Black Tiger Shrimp“ könne so deutlich umweltfreundlicher und wirtschaftlicher erfolgen. Die e-nema kooperiert in diesem Vorhaben mit dem Institut für Phytopathologie der Christian-Albrechts-Universität zu Kiel. „Durch diese Kooperation der Projektpartner ist erstmals die Kompetenz zur biotechnologischen Massenproduktion von Nematoden für die Aquakulturfütterung zusammengezogen worden“, freute sich Euler.


Produktion und Ernte von Mikroalgen als Fischfutter wird erforscht

Auf das Futter von Fischlarven konzentriert sich dagegen das Projekt der Firma BlueBioTech (BBT), die mit der Gesellschaft für Marine Aquakultur und dem Forschungs- und Technologiezentrum Westküste der Uni Kiel - alle aus Büsum - zusammenarbeitet. „Die Produktion von Meeresfischen aus Aquakultur wächst jedes Jahr um über zehn Prozent, alternative und fettsäurereiche Futtermittel werden daher dringend gesucht“, erläuterte Dr. Sebastian Lippemeier, Geschäftsführer von BBT. Die jungen Fischlarven hätten einen hohen Bedarf an Fettsäuren. Die Mikroalge „Pavlova“ sei eine der wenigen Arten, die die zwei speziellen essentiellen Fettsäuren EPA und DHA gleichzeitig produzieren könne. Man wolle nun im Rahmen des Projektes eine industrielle Produktion und Erntetechnik für diese Algenart entwi ckeln. Die Algen sollen zunächst Futtermittelmischungen für Fischlarven beigemengt und später auch beim Füttern von erwachsenen Fischen eingesetzt werden.

„Wenn die industrielle Produktion von Pavlova-Algen gelingt, kann die Larvenaufzucht deutlich verbessert werden. Auch für die Produktion bisher nicht erfolgreich zu züchtender Fischarten wie Seezunge oder Zander gäbe es neue Möglichkeiten“, zeigte Lippemeier die großen Chancen des Projektes auf.


Nachhaltige Aquakultur dient dem Meeresschutz und entlastet die Umwelt

„Verlaufen die Forschungsprojekte erfolgreich, tragen beide deutlich zur Schonung natürlicher Ressourcen bei“, sagte Wahmhoff. Denn auch in den nächsten Jahrzehnten wachse die Weltbevölkerung rasant. Damit steige auch weiterhin der Bedarf an tierischem Eiweiß zur Ernährungssicherung enorm - ein noch höherer Befischungsdruck sei die Folge. Schon jetzt würden weltweit jährlich mehr als 100 Millionen Tonnen Fisch und Meeresfrüchte verzehrt. Auch die unökologische Fisch- und Garnelenzucht im Meer oder in den Mangroven belaste die natürlichen Ökosysteme über Gebühr. An einer konsequenten Weiterentwicklung der nachhaltigen Aquakultur - insbesondere in geschlossenen Kreislaufsystemen - führe daher „zum Schutz der Meere und der Artenvielfalt kein Weg vorbei“, so der stellvertretende DBU-Generalsekretär. (dbu)
Kommentieren
weitere Artikel

Status:
Name / Pseudonym:
Kommentar:
Bitte Sicherheitsabfrage lösen:


  Weitere Artikel zum Thema

 Austern - Nicht nur schleimig und lecker

  Kommentierte Artikel

 Jäger sehen dringenden Handlungsbedarf bei Umgang mit Wölfen

 Söder setzt sich gegen Verbrenner-Aus ab 2035 ein

 2023 war Jahr der Wetterextreme in Europa

 Wind- und Freiflächen-Solaranlagen: Niedersachsen führt Abgabe ein

 Keine Reduzierung beim Fleischkonsum durch Aufklärung

 Größter Solarpark von Rheinland-Pfalz eröffnet

 Gipfelerklärung der EU setzt auf Lockerungen für Landwirte

 Grundwasser in Bayern wird weniger

 Lindnerbräu - Hoch die Krüge!

 Mutmaßlicher Wolfsangriff - mehrere Schafe in Aurich getötet