Erst ab Dienstag kommender Woche wird die Polizei stichprobenartig die Einhaltung der auf zwei Straßenabschnitten im Bezirk Altona geltenden Fahrverbote kontrollieren, wie ein Sprecher am Freitag sagte. Das bedeute aber nicht, dass eine Streifenwagen-Besatzung nicht schon vorher ein auf den betroffenen Straßen fahrendes Dieselauto anhalten könne, wenn es offensichtlich nicht die Abgasnorm Euro-6 erfülle, betonte er.
Verwarn- oder Bußgelder sollen derzeit aber noch nicht verhängt werden. In der Anfangsphase setze die Polizei auf Information, nicht Sanktion, hatte der stellvertretende Leiter der Verkehrsdirektion, Karsten Wegge, nach dem Inkrafttreten angekündigt. Später kosten Verbotsverstöße 25 Euro für Pkw- und 75 Euro für Lkw-Fahrer. Die ersten Großkontrollen wird es nach bisheriger Planung der Polizei in der übernächsten oder der darauf folgenden Woche geben.
Vor drei Monaten hatte das Bundesverwaltungsgericht solche streckenbezogenen Fahrverbote für prinzipiell zulässig erklärt. Seit Donnerstag dürfen ältere Dieselfahrzeuge auf den beiden Straßenabschnitten nun nicht mehr fahren: auf knapp 600 Metern der Max-Brauer-Allee weder Pkw noch Lkw, auf 1,6 Kilometern der Stresemannstraße keine Lkw. Die Stadt will damit an den besonders belasteten Streckenabschnitten eine Reduktion der Stickoxidbelastung erreichen. Seit Jahren wurden an beiden Strecken die Grenzwerte überschritten.
Hamburgs Umweltsenator Jens Kerstan (Grüne) hatte die Fahrverbote als «letzte Möglichkeit» gerechtfertigt, um die Anwohner vor den Gesundheitsschäden zu schützen. Andere Maßnahmen, um den Grenzwert einzuhalten, seien nicht mehr möglich.
Kerstan warf der Bundesregierung und insbesondere dem CSU-geführten Verkehrsministerium Untätigkeit angesichts «betrügerischer Tricksereien» der Autoindustrie vor. Die Fahrverbote seien nur die zweitbeste Lösung, «weil wir das Beste als Hamburger Senat nicht anordnen können.» Dies wäre aus seiner Sicht eine Verpflichtung der Hersteller zu Hardware-Nachrüstungen älterer Autos gewesen.
In der großen Koalition in Berlin bleibt die Frage heftig umstritten. Die SPD sieht nun größere Dringlichkeit für technische Nachrüstungen. «Man sieht in Hamburg, es geht los», sagte Fraktionsvize Sören Bartol im rbb-Inforadio. Auch einige weitere Städte hätten für saubere
Luft gar keine andere Chance, als mit Fahrverboten zu arbeiten. «Das sollten wir verhindern - noch könnten wir es.»
Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) und Verkehrsminister Andreas Scheuer lehnen Nachrüstungen ab. Dies bedeutete erhebliche Eingriffe in Fahrzeuge und Investitionen in «altes Wagenmaterial», bekräftigte der Minister im ZDF. Er wolle keine Verbote, aber auch keine Panik für die Bürger. «Immer wieder Hardware-Nachrüstungen zu fordern, löst bei den Verbrauchern Panik aus», sagte Scheuer dem Redaktionsnetzwerk Deutschland (Freitag). Der Bund helfe Städten bereits mit einem Förderpaket für sauberere Luft.
Fahrverbote für Diesel drohen auch in anderen Städten. Die Stadt mit den höchsten Belastungen vor allem durch Diesel-Abgase war München, es folgten Stuttgart und Köln. Insgesamt wurden 2017 noch in 65 deutschen Städten Stickoxid-Grenzwerte überschritten, wie das
Umweltbundesamt nach einer finalen Auswertung von Messdaten bekanntgab. Im Jahr zuvor waren es 90 Städte gewesen. Die
EU-Kommission hat entschieden, Deutschland wegen zu hoher
Luftverschmutzung beim Europäischen Gerichtshof zu verklagen.