Vorsprung durch Wissen
Das Informationszentrum für die Landwirtschaft
23.06.2023 | 07:01 | Finanz-Untersuchung 

Zu viel Staatsgeld beantragt? Kartellamt prüft Stromanbieter

Bonn - Nach Erdgas- und Fernwärme-Anbietern fühlt das Bundeskartellamt nun auch Stromversorgern auf den Zahn und geht der Frage nach, ob sie zu viel Geld vom Staat haben wollten. Es seien Prüfverfahren eingeleitet worden, die eine zweistellige Zahl von Unternehmen betreffe, teilte die Bonner Behörde am Donnerstag mit.

Entlastungszahlung Energiebranche
Mit einer Energiepreisbremse ist der Bund Verbrauchern zur Seite gesprungen. Damit sich ihre Rechnungen in Grenzen halten, bekamen Energiefirmen finanzielle Entlastung. Aber ging es bei den Anträgen mit rechten Dingen zu? (c) proplanta
Es geht um Vertriebsgesellschaften großer Energiekonzerne, Stadtwerke, Regionalversorger, Discounter und Ökoenergie-Anbieter. Sie waren in einer Analyse von Antrags- und Meldedaten als auffällig eingestuft worden. Die Firmen werden nun zur Entwicklung von Preisen und Kosten befragt. Die Unternehmen, die unter die Lupe genommen werden, repräsentierten etwa ein Fünftel der von den Versorgern insgesamt beantragten Entlastungssummen für die Belieferung von Privathaushalten und Kleingewerbe, sagte Kartellamtschef Andreas Mundt. Hinzu kommen Prüfungen von Versorgern, die Großabnehmer beliefert haben.

Nach dem Beginn des Ukraine-Kriegs im vergangenen Jahr war Deutschlands Energiebranche unter Druck geraten. Die Preise stiegen deutlich. Der Bund führte mit Steuergeldern eine Energiepreisbremse ein, um die Kosten für Verbraucher begrenzen: Die Preise wurden gedeckelt, dafür bekamen Energiefirmen Anspruch auf Entlastungszahlungen. Hierbei könnten die Firmen, die das Kartellamt unter die Lupe nimmt, zu hohe Kosten angesetzt und somit zu viel Geld aus der Staatskasse verlangt haben.

Sollte die Behörde Verstöße feststellen, müssen die Unternehmen das Geld zurückzahlen. Auch Geldbußen sind möglich. Bereits im Mai hatte das Kartellamt ähnliche Verfahren in der Gasbranche und unter Fernwärme-Anbietern eingeleitet.

Der Branchenverband BDEW bezeichnete es als «gut und richtig», dass die Umsetzung der Preisbremsen überprüft werde. Preiserhöhungen allein seien aber kein Hinweis auf einen Missbrauch. Im vergangenen Jahr seien die Strompreise auf einem historischen Hoch gewesen, sagte BDEW-Chefin Kerstin Andreae. Wegen der langfristigen Beschaffungskosten vieler Versorger wirkten sich diese teilweise mit Verzögerung auf die Endkundenpreise aus. «Energieversorger müssen in der Lage sein, diese stark gestiegenen Beschaffungskosten an die Kundinnen und Kunden weiterzugeben», sagte Andreae. Andernfalls wären die Firmen in ihrer Liquidität gefährdet.

Die Verbandschefin wies darauf hin, dass die Energieversorger mit erheblichem Aufwand die staatlich gesetzte Preisbremse bei Millionen Kunden in kürzester Zeit umgesetzt haben. Die Unternehmen hätten die Abwicklung zugewiesen bekommen, weil der Staat keine rechtssichere und praktikable Grundlage für Auszahlungen habe. «Die Unternehmen der Energiewirtschaft haben diese immens aufwendige Umsetzung im Sinne eines gesellschaftlichen Beitrags in einer Phase höchster Energiepreise und gesellschaftlicher Verunsicherung übernommen.»
dpa
Kommentieren
weitere Artikel

Status:
Name / Pseudonym:
Kommentar:
Bitte Sicherheitsabfrage lösen:


  Weitere Artikel zum Thema

 Vattenfall mit Gewinnplus ins Jahr 2024 gestartet

 Scholz setzt im Europawahlkampf auf seinen Kurs der Besonnenheit

 Union für EU-Importverbot für Agrarprodukte aus Russland

 Litauen dringt auf mehr Zölle für russische Lebensmittelimporte

 Ukraine darf auf Verlängerung des Agrarabkommens hoffen

  Kommentierte Artikel

 Tag des Wolfes - Bauern machen Druck für vereinfachten Abschuss

 Erleichterungen bei GAP-Anträgen und Hanfanbau

 In der Corona-Pandemie wurden zu oft Antibiotika verschrieben

 Jäger sehen dringenden Handlungsbedarf bei Umgang mit Wölfen

 Söder setzt sich gegen Verbrenner-Aus ab 2035 ein

 2023 war Jahr der Wetterextreme in Europa

 Wind- und Freiflächen-Solaranlagen: Niedersachsen führt Abgabe ein

 Keine Reduzierung beim Fleischkonsum durch Aufklärung

 Größter Solarpark von Rheinland-Pfalz eröffnet

 Gipfelerklärung der EU setzt auf Lockerungen für Landwirte