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29.04.2014 | 16:30 | Oktoberfest München 

Aus für Promizelt Hippodrom auf der Wiesn

München - Es geht um Prestige - und Geld. Ein Bierzelt auf dem Oktoberfest gilt als Goldgrube. Doch mancher Wirt verspielte die Chance. Einer Schwarzarbeit, einer jetzt mit Steuerhinterziehung. Nun verschwindet das «Hippodrom».

Promizelt Hippodrom
(c) proplanta
Der Platz ist prominent, und die Gäste waren es auch. Im Festzelt «Hippodrom» am Haupteingang zum Münchner Oktoberfest feierten Boris Becker, Wladimir Klitschko, Thomas Gottschalk, Franz Beckenbauer - und Regine Sixt lud zur Damen-Wiesn mit Verona Pooth, Uschi Glas und Gloria Fürstin von Thurn und Taxis.

Doch jetzt ist Schluss für Wiesnwirt Sepp Krätz. Er darf nach seiner Verurteilung wegen Steuerhinterziehung - Bewährungsstrafe von einem Jahr und zehn Monaten und einer Geldstrafe von 570.000 Euro - nicht mehr dabei sein beim größten Volksfest der Welt. Sein «Hippodrom» verschwindet von der Wiesn.

Der Wirtschaftsausschuss der Stadt erteilte Krätz am Montag keine Zulassung mehr. Im «Hippodrom» und in seiner Gaststätte «Andechser am Dom» flossen Champagner und Bier am Fiskus vorbei. Krätz hatte das «Hippodrom» mit seiner 112-jährigen Geschichte 1995 übernommen. Das Zelt wurde damals neu vergeben, weil schon Krätz' Vorgänger Ärger mit dem Finanzamt hatten - auch sie hatten Steuern hinterzogen. «Das Hippodrom hat irgendwie eine ungute Steuergeschichte», sagt ein städtischer Beobachter.

Auch eine Handvoll anderer Wiesn-Wirte räumten schmachvoll ihren Platz. 1984 musste ein Wirt während des laufenden Festes den Zapfhahn zudrehen - weil er Schwarzarbeiter beschäftigte.

Anstelle des «Hippodroms», das mit der rot-gelben Fassade ein bisschen an ein Zirkuszelt erinnerte und in dem Gäste in der Anfangszeit nach 1900 reiten konnten, soll nun das «Marstall» entstehen. Das Konzept der Wirtsleute Siegfried und Sabine Able soll gar nicht so weit vom Vorgängermodell entfernt sein.

Der Zuschlag für ein großes Bierzelt gilt als Ritterschlag für einen Wirt - und als Lizenz zum Gelddrucken. Konkrete Zahlen rückt niemand heraus. Aber es muss sich lohnen: Allein der Auf- und Abbau für die zwei Festwochen soll um eine Million Euro kosten.

14 große Festzelte gibt es, aber nur für fünf können sich die Wirte direkt bei der Stadt bewerben. Die anderen gehören Brauereien oder Schützenvereinen, die der Stadt ihre Wirte vorschlagen.

Theoretisch werden die Karten jedes Jahr neu gemischt - der Wirtschaftsausschuss vergibt die Zulassungen stets neu. Aber wer einmal drin ist, kann auch im nächsten Jahr mit dem lukrativen Platz rechnen. Das Bewertungssystem setzt Tradition hoch an. «So ein Zelt kostet ja doch ein bisschen was», sagt Hans Spindler vom Wirtschaftsreferat. «Wir sind an einer langjährigen Partnerschaft interessiert.» Dabei gehe es auch um Qualität und Service.

Es gibt auch Übergaben innerhalb der Familie: Die Schottenhamels haben ihr Zelt schon seit mehr als 125 Jahren. 1867 war es ein Bretterschuppen hinter dem damaligen Königszelt. Auch in der Familie Heide wurde die «Bräurosl» vom Vater auf den Sohn weitergegeben.

Mit dem «Hippodrom» verschwindet ein Stück Geschichte. Sein Erfinder, der Schausteller Carl Gabriel, brachte auch Attraktionen wie die Hexenschaukel, das Teufelsrad und die Steilwand.

Das neue «Marstall» dürfte mehr werden als nur ein Zelt. Wirt Able hat sich den Namen schon für eine ganze Palette von Dingen schützen lassen: Für «Dienstleistungen zu Beherbergung und Verpflegung», für Schmuck, Bierkrüge, Tischdecken, Tabakwaren und Lebensmittel. (dpa)
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