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26.05.2011 | 15:37 | EHEC-Infektionsquelle 

EHEC-Erreger an spanischen Salatgurken verursacht die schweren Durchfallerkrankungen

Berlin/Münster/Hamburg - Eine Quelle der tödlichen EHEC-Infektionen ist gefunden: An drei Salatgurken aus Spanien hat das Hamburger Hygiene-Institut eindeutig den gefährlichen Durchfall-Erreger EHEC identifiziert.

Salatgurken
«Es ist nicht auszuschließen, dass auch andere Lebensmittel als Infektionsquelle infrage kommen», teilte Hamburgs Gesundheitssenatorin Cornelia Prüfer-Storcks (SPD) mit. Weitere Analysen liefen, Informationen zur Herkunft würden zusammengestellt. Inzwischen ist ein dritter Todesfall in Deutschland bestätigt.

«Wir ziehen alles aus dem Verkehr, was wir diesen Quellen zuordnen können», ergänzte die Senatorin. Auch eine Bio-Gurke sei betroffen.  Die Gesundheitsbehörde gehe allen denkbaren Vertriebswegen nach. Die Proben stammten vom Hamburger Großmarkt. Eine weitere Gurke mit EHEC-Keimen könne derzeit nicht sicher zugeordnet werden. Prüfer-Storcks riet vom Verzehr von Salatgurken ab.

Das Agrarministerium in Madrid wollte sich zunächst nicht zu dem Fund äußern. Die Informationen aus Deutschland würden geprüft, sagte ein Sprecher auf Anfrage der Nachrichtenagentur dpa.

Derweil breitet sich der Darmkeim in Europa aus. Fälle sind aus Großbritannien, Dänemark, den Niederlanden und Schweden bekannt - es sind jeweils Reisende aus Deutschland.

In Dänemark brachten Proben den ersten Nachweis einer Erkrankung in dem skandinavischen Land, teilte das Uni-Krankenhaus Aarhus mit. Der Patient sei außer Lebensgefahr, berichtete die Nachrichtenagentur Ritzau. Die Gesundheitsbehörden in Kopenhagen teilten mit, dass bei mindestens sechs weiteren Krankenhauspatienten EHEC-Verdacht bestehe.

Drei Deutsche starben bislang nachweislich an den Folgen der Infektion: eine 83-Jährige in Niedersachsen, eine 89-Jährige in Schleswig-Holstein und eine 24-Jährige in Bremen.

Wissenschaftler der Universität Münster ist es gelungen, den grassierenden Darmkeim EHEC zu identifizieren. Es handele sich bei «O104H4» um eine seltene und veränderte Variante des Erregers, die gegen viele Medikamente resistent sei, berichtete der Mikrobiologe Prof. Helge Karch. Er leitet das Konsiliarlabor für das hämolytisch-urämische Syndrom (HUS). Dieses ist die schlimmste Form einer EHEC-Infektion, die unter anderem zu Nierenversagen führen kann.

Der derzeitige Ausbruch ist nach Einschätzung des Experten sehr ungewöhnlich. Der Keim sei zwar bekannt gewesen, habe weltweit aber noch nie einen Ausbruch der Durchfall-Krankheit verursacht, sagte Karch. In wenigen Tagen soll ein Test für diese Bakterien-Variante zur Verfügung stehen, kündigte er an.

Auch Prof. Georg Peters, der die Patienten am Universitätsklinikum Münster behandelt, verwies auf Besonderheiten: Ungewöhnlich sei, dass viele Erwachsene erkranken und drei Viertel von ihnen Frauen seien, vor allem jüngere. Bei Frauen gebe es auch häufiger Krampfanfälle als bei Männern. Zudem sei bei ihnen die Zeit zwischen dem anfänglichen Durchfall und dem bedrohlichen HUS-Syndrom kürzer als bei Männern.

Nach Angaben des Robert Koch-Instituts (RKI) sind derzeit mehr als 200 HUS-Fälle bekannt. Am Mittwoch wies die Statistik noch 140 HUS-Fälle aus. Die meisten Patienten gibt es in Norddeutschland.

Die Gemüsebauern dort sind nach dem Fund des EHEC-Bakteriums an spanischen Salatgurken erleichtert. Sie fürchten aber weiter Einbußen. «Das schafft hoffentlich etwas Entspannung. Es ist ein gutes Zeichen für unsere Branche», sagte der Geschäftsführer der Fachgruppe Gemüsebau Norddeutschland, Axel Boese, zu der Analyse des Hamburger Hygiene-Instituts.

Das RKI hatte am Mittwochabend vor dem Verzehr von Salatgurken, Blattsalaten und rohen Tomaten insbesondere in Norddeutschland gewarnt. EHEC-Erkrankte hätten diese Gemüse häufiger verzehrt als gesunde Vergleichspersonen. Für eine mutwillige Verbreitung des Erregers gibt es laut RKI-Direktor Reinhard Burger keine Hinweise.

Deutschland erlebt laut RKI derzeit den stärksten je registrierten EHEC-Ausbruch. Seit Einführung der Meldepflicht 2001 wurden jährlich zwischen 800 und 1.200 Erkrankungen registriert. Derzeit gebe es so viele Erkrankte pro Woche wie sonst in einem Jahr. Das Bakterium sei hochinfektiös, schon 10 bis 100 Keime genügen für eine Ansteckung. Zwei Drittel der Betroffenen seien Frauen.

EHEC-Keime sind eine besonders gefährliche Form des Darmbakteriums Escherichia coli. Seine Gifte führen bei schweren Verläufen zu Blutarmut, Gefäßschäden und schädigen die Nieren.
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