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16.02.2013 | 11:09 | Pferdemetzgerei 

Pferdefleisch ja - aber ohne Etikettenschwindel

Trier - Seit 140 Jahren verkauft die Trierer Metzgerei Brenig Pferdefleisch: Vom Fohlen-Filet bis zum Pferde-Sauerbraten. Ein Nischengeschäft, das seine festen Kunden hat. Die Aufregung um den europäischen Pferdefleisch-Skandal kann Chefin Brenig gut verstehen.

Würste
(c) proplanta
An den Fleischhaken hängen die Pferde-Salamis. In der Auslage reihen sich Fohlen-Filets neben Fohlen-Rumpsteaks, Pferde-Wiener neben Pferde-Rouladen. Und auf den Regalen stehen Dosen mit Sauerbraten und Gulasch - natürlich aus dem Fleisch der Huftiere. In der Metzgerei Brenig in Trier gibt's alles vom Pferd. «Wir haben viele Stammkunden», sagt Carola Brenig (44), die den Betrieb mit ihrem Bruder Marco Brenig in der fünften Generation führt. Die Kunden kommen aus Rheinland-Pfalz, dem Saarland und Luxemburg. Denn Pferdemetzgereien sind eher selten. Bundesweit gibt es um die 100.

Die Aufregung um falsch deklariertes Pferdefleisch in Fertiggerichten, das tonnenweise in den europäischen Handel kam, könne sie gut verstehen, sagt Brenig. «Der Betrug liegt darin, dass man die Leute fehlinformiert hat. Hätte man die Produkte gleich richtig als Pferde-Lasagne verkauft, wäre das ja kein Problem gewesen.» In mehreren EU-Ländern sind Fertiggerichte aufgetaucht, in denen Pferdefleisch statt des angegebenen Rindfleischs verarbeitet worden war. Der Lebensmittelbetrug hat auch Deutschland erreicht. Tausende Lasagne-Packungen wurden aus den Supermarkt-Regalen genommen. Und: Noch ist das ganze Ausmaß des Skandals unklar.

Pferd biete hochwertiges, fettarmes und nährstoffreiches Fleisch, sagt Brenig. In Deutschland sei der Markt dafür eine Nische: «Aber eine, die sich gut hält», betont die Fleischereifachverkäuferin und zeigt auf das rote, feste Fleisch, das sie meist gleich kiloweise verkauft. Gut gingen auch ganze Fleischwurstringe und Sauerbraten in Dosen. «Die schicke ich sogar regelmäßig einem Kunden in den Schwarzwald.» In Frankreich, Belgien, der Schweiz und Italien sei Pferdefleisch noch gängiger. «In Italien gibt es sogar Kindernahrung mit Pferdefleisch», sagt Brenig. Briten und Iren aber gilt der Verzehr von Fleisch dieser Tiere als gesellschaftliches Tabu.

Der Pferdefleisch-Skandal habe auch eine gute Seite, meint ein Kunde in der Trierer Pferdemetzgerei. Er bewirke ein Umdenken beim Verbraucher: «Man setzt mehr auf regionale Produkte, bei denen man weiß, was drin ist und woher sie kommen», sagt Kunde Georg Weege. Bei Metzger Brenig eine klare Sache: Die etwa zwölf Pferde, die jeden Monat verarbeitet werden, sind ausschließlich «Freizeitpferde» aus der Region Trier und Luxemburg. Aus verschiedenen Gründen können sie nicht mehr geritten werden. Produziert werde lokal, wenige Meter entfernt vom Laden, sagt Brenig. Die Pferdemetzgerei, die es seit 1873 gibt, sei die älteste Metzgerei in Trier.

Fast schon irre sind dagegen die Wege, die das Pferdefleisch von Rumänien und Großbritannien über Frankreich und Luxemburg in den europäischen Handel genommen hat. Tausende Kilometer legten die gefrorenen Fleischblöcke zurück, bevor sie - heimlich als angebliches Rindfleisch verarbeitet - zu Lasagnen und anderen Fertigprodukten wurden. Frankreichs Verbraucherschutzminister Benoît Hamon ist überzeugt, dass es der französische Lebensmittelhändler Spanghero war, der die Umetikettierung vorgenommen hatte: Er habe wissentlich als Rind gekennzeichnetes Pferdefleisch vertrieben.

«Ich glaube, dass das Pferdefleisch in Rumänien einfach billiger war als Rindfleisch», sagt Metzgerin Brenig. Letztlich drehe sich bei den großen Handelsgeschäften doch alles ums Geld. Kunde Jens Kwass, der aus Recklinghausen in Trier zu Besuch ist, meint: «Es gibt eine Doppelmoral: Einerseits wollen die Kunden, dass die Tiere artgerecht gehalten werden. Andererseits wollen sie aber billiges Fleisch.» Der Handel mit Pferdefleisch soll mehrere Monate gedauert haben - und angeblich 750 Tonnen Fleisch umfassen.

Der Skandal hat auf Brenigs Geschäft bislang keine Auswirkungen gehabt. «Es geht ja auch nicht um Pferdefleisch an sich, sondern um den Etikettenschwindel.» Wer Pferdewürste und -braten möge, der komme eben wieder. Pferdefleisch sei in Deutschland «ein bisschen teurer als Schwein, aber billiger als Rind». Medikamentenrückstände in ihrem Fleisch könne es nicht geben. Jedes Pferd werde vor der Schlachtung genau untersucht - und müsse auch einen Gesundheitspass vorlegen. Wie das Fleisch eigentlich schmeckt? «Sehr zart, fast ein bisschen süßlich», sagt der Kunde Weege.

Zu Brenigs Kunden gehören neuerdings auch immer mehr Hundebesitzer: Viele Hunde litten an Allergien und Krankheiten - und könnten anderes Fleisch nicht fressen. Für sie hat Brenig reichlich Beinfleisch im Angebot.

Dass manche Leute Fleisch vom Pferd ekelig finden, versteht die 44-Jährige nicht. «Ich finde Pferde nicht niedlich.» Für sie sei das Wichtigste, dass die Tiere artgerecht behandelt würden und nicht aus Massentierhaltung stammten. Und Kunde Weege fügt hinzu: «Eine Kuh kann einem genauso lieb in die Augen schauen wie ein Pferd.» Eine Einschränkung hat Brenig aber doch: «Ich könnte nie mein eigenes Tier essen - egal, ob es ein Pferd, eine Kuh oder ein Esel ist.»
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